# taz.de -- „Säkulares Forum Bremen“ gründet sich: Ungläubig, aber wahr | |
> Mit der Gründung des Säkularen Forums Bremen versuchen dezidiert | |
> religionskritische Organisationen den Einfluss und die Privilegien der | |
> Kirchen zurückzudrängen. | |
Bild: Gegen zunehmenden religiösen Einfluss: Die religionskritische „Giordan… | |
Bremen taz | Zu einem „Säkularen Forum“ haben sich die Landesverbände des | |
Internationalen Bundes der Konfessionslosen (IBKA), der Humanistischen | |
Union (HU) und der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) zusammengeschlossen. Die | |
drei religionskritischen Organisationen wollen damit ihren Forderungen nach | |
einem laizistischeren Staat und einer Beschneidung der kirchlichen | |
Privilegien Nachdruck verleihen durch einen „konstruktiven Dialog mit den | |
Parteien“. | |
Auch die öffentliche Wahrnehmbarkeit soll gestärkt werden: Tatsächlich | |
verzichten fast zwei Drittel der Bevölkerung auf Bekenntnisse und | |
Glaubensrituale, „in der Politik und der öffentlichen Wahrnehmung spiegelt | |
sich diese Veränderung allerdings nicht wider“, so Herbert Thomsen als ein | |
Sprecher des Forums. | |
Tatsächlich sind nicht nur viele politische Parteien sondern auch | |
zahlreiche Medien eng mit Kirchen und kirchlichen Einrichtungen verbunden. | |
Das kann auf rechtliche Privilegien zurückgehen: So müssen | |
öffentlich-rechtliche Sender laut Rundfunkstaatsvertrag „angemessene | |
Sendezeiten“ zur Verfügung stellen, die evangelische und katholische Kirche | |
sowie jüdische Gemeinden auf Kosten der jeweiligen Anstalt bespielen | |
dürfen. | |
Die Verbindung kann aber auch auf ehrenamtlichem Engagement bestehen – so | |
ist die Chefredakteurin des Weser Kuriers [1][Kuratoriumsmitglied] einer | |
Stiftung der Inneren Mission – oder in Geschäftsbeziehungen, etwa den | |
Druckaufträgen der Bremer Evangelischen Kirche bei der Bretag. | |
Zur Gründung des Forums ist es infolge von politischen Initiativen | |
gekommen, die sich gegen den durch staatliches Handeln artikulierten | |
Machtanspruch der Christenkirchen gewendet hatten: „Die Debatte ums | |
Tanzverbot war ein erster Anlass, sich einen Kopf zu machen über unsere | |
gemeinsamen Anliegen“, so Thomsen. | |
Ein weiterer war die Durchsetzung des Reformationstags als staatlichem | |
Feiertag: Am Tag, als die Bürgerschaft den beschlossen hat, hatte die GBS | |
eine überlebensgroße nackte Papp-Plastik Martin Luthers auf dem Marktplatz | |
errichtet, um an die üblen Hassreden zu erinnern, die der Reformator gegen | |
Muslime und Juden geschleudert hatte. „Das war der Anlass sich zusammen zu | |
setzen und erst einmal zu schauen: Wer macht was in Bremen?“, so Thomsen. | |
Bis dahin hätten nämlich alle drei Gruppierungen Klein-Klein vor sich | |
hingearbeitet. | |
Mit der Gründung bringt man sich rechtzeitig in Stellung, um beim Erstellen | |
der Programme für die Bürgerschaftswahl 2019 ansprechbar zu sein – nicht | |
jedoch für alle: Laizisten finden sich auch in rechten Kreisen. „Das | |
stimmt“, sagt Thomsen. Intern habe man darüber beraten. „Wir wollen mit | |
denen nichts zu tun haben“, stellt er klar. | |
Politisches Hauptziel des Forums ist es, die vom „Grundgesetz geforderte | |
Trennung von Kirche und Staat endlich umzusetzen“, sagt Thomas von Zabern, | |
der sich sonst in der HU engagiert. Die konkreten Angriffspunkte sind | |
zahlreich, manche dabei allerdings mehr bundespolitischer Natur, wie die | |
Forderung nach der Beseitigung der kirchlichen Privilegien im | |
Rundfunkstaatsvertrag oder die Forderung aus dem arbeitsrechtlichen Modell | |
des dritten Wegs auszusteigen. | |
Das kauft den Arbeitnehmer*innen von konfessionellen Einrichtungen Streik- | |
und Mitspracherechte ab und verpflichtet sie zudem, sich auch wenn sie gar | |
nicht mit deren Vermittlung betraut sind, den Glaubenslehren des | |
Arbeitgebers gemäß zu verhalten – Ausdruck eines außerordentlich weit | |
gefassten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, das [2][nach Auffassung des | |
Europäischen Gerichtshofs zu Menschenrechtsverstößen] führt. | |
Sehr viel liegt allerdings in Bremens Händen: Dass aus Rücksicht auf | |
Kirchgänger an christlichen Feiertagen Filme wie „Das Leben des Brian“ und | |
Gruselschocker wie „Mary Poppins“ oder „Heidi“ nicht öffentlich aufgef… | |
werden dürfen, ist eine Verbotspraxis, die das Land mit einer säkularen | |
Mehrheit sofort verändern könnte. Und ob Bremen tolerieren muss, dass in | |
den konfessionellen Ersatzschulen und Kindergärten durch Gebete und | |
Belehrungen missioniert wird, will das Forum diskutiert wissen: Schließlich | |
finanziert Bremen die Einrichtungen zu 90 Prozent, auch wenn als Träger die | |
Kirche gilt. | |
10 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.mission-menschlich.de/statement/ | |
[2] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=205521&a… | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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