# taz.de -- Kommentar Maaßen-Krise: Die neue Unberechenbarkeit | |
> Der Herbst 2015 ist für die Unions-Rechten, was die Agenda 2010 für die | |
> SPD war. Sie kommen nicht darüber hinweg und setzen ständig alles aufs | |
> Spiel. | |
Bild: Die dramatische Figur der Causa Maaßen steht im Hintergrund: Angela Merk… | |
SPD-Chefin Andrea Nahles hat einen Fehler gemacht, als sie [1][die Einigung | |
im Fall Maaßen] abnickte. Fehler passieren. Und Nahles hat immerhin in | |
letzter Minute, [2][den Kurs korrigiert]. Aber selbst wenn diese Krise für | |
die SPD gütlich endet, bleibt etwas hängen. Denn Nahles hat zwar mehr als | |
ihr halbes Leben in der SPD verbracht, aber sie versteht ihre Partei nicht | |
mehr. Diese Instinktlosigkeit ist besorgniserregend. Sie war ja extra nicht | |
Ministerin geworden, um der Partei mehr Gewicht zu verleihen. | |
Dass die SPD-Minister die Frage nicht so recht in Wallung bringt, ob ein | |
nach rechts driftender Verfassungschef 3.000 Euro mehr verdient, mag nicht | |
überraschen. Doch Nahles' Job ist es, die Partei auch mal gegen die | |
Regierungslogik zu vertreten. Dass ihr in diesem Fall alle Sensoren | |
fehlten, ist mehr als ein Imageschaden. Von außen betrachtet ist die diese | |
Krise ein Rätsel. Wie kann eine Große Koalition, eigentlich Inbegriff von | |
Stabilität und etwas langweiligem geräuschlosem Regieren, wegen einer | |
solchen Nebensächlichkeit an den Rand des Scheiterns geraten? | |
Dafür gibt es zwei Gründe. Die Zukunft der Volksparteien ist offen, | |
gefährdet, bedroht. Was selbstverständlich war, ist es nicht mehr. Und das | |
macht vor allem die CSU, der die AfD besonders zusetzt, gereizt und | |
schlecht gelaunt. Deshalb reicht ein Detail, um alles aufs Spiel zu setzen. | |
Zweitens ist es kein Zufall, dass sich der erneute Konflikt an Maaßen | |
entzündet. Der ist ein scharfer Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik, | |
ein Verbündeter von Innenminister Horst Seehofer, der noch immer im Bann | |
des Herbstes 2015 steht. Der Herbst 2015 ist für die Union so etwas wie die | |
Agenda 2010 für die SPD. Berechenbar und rational werden die CSU und die | |
rechte CDU erst wieder sein, wenn sie die Fixierung auf Herbst 2015 | |
bewältigt haben. | |
Bislang stehen Seehofer, der wütende Rechthaber, der alle mit den Abgrund | |
zu reißen will, und Nahles im Rampenlicht. Doch das ist eigentlich der | |
falsche Fokus. Die dramatische Figur steht im Hintergrund: Angela Merkel. | |
Dass diese Affäre so aus dem Ruder laufen konnte, zeigt jene typische | |
Schwäche einer Mächtigen, deren Einfluss schwindet, weil ihre Zeit endet. | |
Doch es ist noch etwas mehr: Merkels Unfähigkeit, diese Krise zu lösen, | |
zeigt, dass ihr Zaubermittel nicht mehr wirkt. Nämlich abwarten, | |
moderieren, so lange wie möglich in der Deckung bleiben. In diesem Metier | |
ist Merkel meisterhaft. Aber das reicht nicht mehr. Die Zeiten haben sich | |
geändert. Die Konflikte sind schärfer geworden, unversöhnlicher und | |
ideologischer. Dafür hat diese Kanzlerin, die nur Pragmatismus kann, kein | |
Rezept. Auch wenn CDU, CSU und SPD am Ende eine Lösung finden, die | |
irgendwie funktioniert, auch wenn die Koalition erst einmal bleibt – diese | |
Affäre zeigt, dass die Ära Merkel vorbei ist. | |
23 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /SPD-und-der-Fall-Maassen/!5535237 | |
[2] /Groko-Streit-um-Maassen/!5537469 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
## TAGS | |
Hans-Georg Maaßen | |
Horst Seehofer | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
CDU/CSU | |
CDU | |
CSU | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Hans-Georg Maaßen | |
Hans-Georg Maaßen | |
Andrea Nahles | |
Hans-Georg Maaßen | |
Andrea Nahles | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Merkel nach Kauders Niederlage: Ihre Macht zerfließt | |
Merkel hat immer gehofft, ihren Abschied selbst bestimmen zu können. Doch | |
die Niederlage ihres Vertrauten Kauder ist auch ihre. Was heißt das für | |
sie? | |
Einigung im Koalitionsstreit um Maaßen: Regelmäßige Treffen angekündigt | |
Die SPD ist zufrieden mit der Einigung zu Maaßens Posten. Die Kanzlerin | |
räumt Fehler ein – die Korrektur sei richtig. Die Opposition kritisiert den | |
Kompromiss. | |
Groko-Streit um Maaßen: Wohin mit dem Problemspitzel? | |
Innenminister Seehofer will Maaßen nicht entlassen. Die Koalition werde an | |
der Causa Maaßen nicht scheitern, sagt die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles. | |
Koalitionsspitzentreffen zum Fall Maaßen: Nachvollziehbare Maßnahme gesucht | |
Die Causa Maaßen wird nochmals aufgerollt. Die Kanzlerin will eine Lösung | |
noch am Wochenende – wohl auch, damit die Bundesregierung zusammenbleibt. | |
Brief wegen Maaßen-Beförderung: Nahles will neu verhandeln | |
SPD-Chefin Andrea Nahles reagiert auf die Kritik an der Beförderung | |
Hans-Georg Maaßens. In einem Brief an Merkel und Seehofer fordert sie eine | |
Neuverhandlung. | |
Treffen von Nahles und Kohnen: Einig über ihre Uneinigkeit | |
Der parteiinterne Streit um die Causa Maaßen wird im Bayern-Wahlkampf zu | |
einer weiteren Belastung für die SPD. Eine Lösung ist nicht in Sicht. |