Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Merkel nach Kauders Niederlage: Ihre Macht zerfließt
> Merkel hat immer gehofft, ihren Abschied selbst bestimmen zu können. Doch
> die Niederlage ihres Vertrauten Kauder ist auch ihre. Was heißt das für
> sie?
Bild: Nach dem Aufstand tritt Angela Merkel vor die Presse
Der Überraschungssieg von Ralph Brinkhaus ist ein Misstrauensvotum für
Kanzlerin Angela Merkel. Sie hatte ebenso wie CSU-Chef Horst Seehofer für
ihren Vertrauten Volker Kauder geworben. Dass sich die Abgeordneten
[1][dieser Empfehlung widersetzten] und anders wählten, ist ein
beispielloser Vorgang in der autoritätsverliebten Union. Was heißt das für
Merkel?
Die Kanzlerin machte am Dienstagabend gute Miene zum bösen Spiel. „Das ist
eine Stunde der Demokratie, in der gibt es auch Niederlagen, und da gibt es
nichts zu beschönigen“, sagte sie in einer ersten Reaktion. Merkel räumte
also ein, verloren zu haben. Sie betonte gleichzeitig, Brinkhaus eine gute
Zusammenarbeit angeboten zu haben. Sie wolle, dass die Unionsfraktion
erfolgreich weiterarbeite, sagte sie.
Die nüchterne Reaktion kann nicht darüber hinwegtäuschen, welch ein
Erdbeben stattgefunden hat. Merkels Macht ist in den vergangenen Monaten
zusehends erodiert. Sie musste im Sommer hilflos dabei zusehen, [2][wie
Seehofer die Frage der Grenzabweisungen eskalierte]. Auch [3][der Fall
Maaßen] dokumentierte ihre Hilflosigkeit. Früher hätte sie den
widerspenstigen Innenminister einfach entlassen – und Maaßen gleich mit.
Brinkhaus’ Sieg gegen Kauder ist wohl die größte Niederlage ihrer
Kanzlerschaft. Der bisherige Finanzexperte der Fraktion gilt als kompetent,
aber nicht besonders charismatisch. Durch ambitionierte Pläne ist er vor
der Wahl nicht aufgefallen. Das heißt: Die Mehrheit der Abgeordneten hat
nicht für Brinkhaus gestimmt, sondern gegen Kauder. Gegen Merkels
Vertrauten, der ihr 13 Jahre lang den Rücken frei hielt. Der Konservative
organisierte treu die Mehrheiten, beim Atomausstieg, beim Mindestlohn, in
der Europapolitik. Die Profilierung der Fraktion blieb auf der Strecke.
## Die CSU-Granden werden keine Ruhe geben
Merkel hat lange gehofft, den Zeitpunkt ihres Abschieds frei zu bestimmen.
Diese Chance entgleitet ihr zusehends. Das Ereignis zeigt, wie schnell sich
Machtverlust verselbstständigt. Was kommt als Nächstes? Die CSU wird bei
der Bayern-Wahl ihre absolute Mehrheit verlieren. Danach dürfte Chaos
ausbrechen, zumal die Partei in beide Richtungen verliert. Die liberalen
Bürgerlichen flüchten zu den Grünen, die Flüchtlingsgegner zur AfD. Die
nervösen CSU-Granden werden auch nach der Wahl keine Ruhe geben – auch wenn
Seehofer sich in den Ruhestand verabschieden muss.
Auch die Fraktion ist jetzt instabil. Bekommt Merkel noch eigene Mehrheiten
für schwierige Entscheidungen hin? Das ist nicht mehr sicher. Merkel muss
sich auf dem CDU-Parteitag im Dezember erneut zur Wahl als Parteichefin
stellen. Eigentlich hatte sie fest vor, das zu tun. Nach Dienstagabend ist
plötzlich vieles denkbar.
25 Sep 2018
## LINKS
[1] /Vorsitz-der-Unionsfraktion-im-Bundestag/!5538684
[2] /Asylstreit-spitzt-sich-zu/!5513233
[3] /Kommentar-Maassen-Krise/!5537466
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Schwerpunkt Angela Merkel
Horst Seehofer
Volker Kauder
CDU/CSU
Hans-Georg Maaßen
CDU
CDU
CDU/CSU
Schwerpunkt Angela Merkel
Volker Kauder
Hans-Georg Maaßen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Krise der Kanzlerin: Merkels wunderbare Fehler
Auf den letzten Metern ihrer Kanzlerinschaft wird Angela Merkel trotz ihrer
vielen Krisen sympathisch. Und könnte noch einiges bewegen.
Union nach Kauder-Abwahl: Tun, als sei nichts gewesen
Die Union ist im Krisenmodus. Anmerken lassen wollte sie sich das am Tag
nach der Aufregung um die Abwahl von Fraktionschef Kauder allerdings nicht.
Neuer Fraktionsvorsitzender der Union: Die CDU bebt
Angela Merkel hatte Volker Kauder als ihren Vertrauten angepriesen. Was
bedeutet nun seine Abwahl – und wie geht es weiter? Ein Q&A.
Kauder-Nachfolger Ralph Brinkhaus: Der junge Mann von der Union
Mit Ralph Brinkhaus drängt die nächste Generation nach vorn. Bis zu seiner
Kandidatur war der Sachpolitiker nicht als Flügelspieler bekannt.
Kommentar Union und Volker Kauder: Offener Aufstand gegen Merkel
Die Abwahl von Volker Kauder als Fraktionschef ist kein Ja zu seinem
Gegenkandidaten Brinkhaus, eher ein Nein zum Weiter-so von Merkel und
Seehofer.
Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag: Volker Kauder ist abgewählt
Die Unions-Fraktion im Bundestag wählt den langjährigen Vorsitzenden Volker
Kauder ab. Für die Kanzlerin ist das ein schwerer Rückschlag.
Kommentar Maaßen-Krise: Die neue Unberechenbarkeit
Der Herbst 2015 ist für die Unions-Rechten, was die Agenda 2010 für die SPD
war. Sie kommen nicht darüber hinweg und setzen ständig alles aufs Spiel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.