| # taz.de -- Kommentar Wohngipfel im Kanzleramt: Kampf um Lebensqualität | |
| > Der Wohngipfel brachte wenig Neues. Es wird Zeit, dass die Schwachen in | |
| > den Wohnungsneubau stärker einbezogen werden. | |
| Bild: 100.000 Sozialwohnungen sind in der Planung der Bundesregierung vorgesehe… | |
| Im Juni 1996 kamen Hunderttausende nach Bonn. 70 Sonderzüge, 5000 Busse, | |
| eine Großdemo hatten die Gewerkschaften organisiert gegen den Sozialabbau | |
| in Deutschland. Der Kündigungsschutz war bedroht, die Lohnfortzahlung im | |
| Krankheitsfall sollte schrumpfen. Ein Generalangriff auf den Sozialstaat | |
| war das, in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit. Eine der größten | |
| Protestdemonstrationen in Deutschland folgte. Die geplanten | |
| Verschlechterungen kamen nicht. | |
| Die Frage stellt sich, ob ähnliche Proteste auch möglich sind bei der | |
| großen sozialen Frage der Gegenwart: Den Kampf um bezahlbaren Wohnraum. | |
| Denn die Wohnungsfrage zielt auch mitten ins Herz, mitten in die Angst. | |
| Deswegen ist die wachsende Aufmerksamkeit für die Wohnungsfrage gut, auch | |
| wenn der [1][Wohngipfel] am Freitag im Bundeskanzleramt vor allem Bekanntes | |
| präsentierte und zu wenig Neues brachte: Steuerförderungen für Neubau, | |
| Subventionen für Eigenheimbauer, etwas mehr sozialen Wohnungsbau, mehr | |
| Wohngeld. | |
| Man muss sich mal vergegenwärtigen, um welche Gefühle es geht in der | |
| Wohnungsfrage. Wer als Mieter befürchten muss, seinen Lebens- und | |
| Schutzraum wegen einer Umwandlung in Eigentum oder einer Modernisierung | |
| nach vielen Jahren zu verlieren und dann auch den Kiez, die Nachbarn, die | |
| nahen Wege einzubüßen, der kriegt Existenzangst. | |
| ## Die Debatte neu aufladen | |
| Dann geht es um Lebenszeit: Viele wollen zu Recht nicht rausziehen in die | |
| billigen Randgebiete und dann jeden Tag zwei bis drei Stunden Lebenszeit | |
| durch Anfahrten verschwenden. Keiner will zudem für die Miete mehr als die | |
| Hälfte des Einkommens drangeben und sich dann beim alltäglichen Konsum wie | |
| verarmt fühlen. | |
| 100 000 Sozialwohnungen sind in der Wohnraumoffensive der Bundesregierung | |
| vorgesehen- das ist zu wenig angesichts der angepeilten 1,5 Millionen | |
| Neubauwohnungen in dieser Legislaturperiode. Dieser minimale Anteil | |
| entspricht niemals der Einkommensstruktur der Bevölkerung in den | |
| Metropolen. In Berlin beispielsweise sind die Einkommen so niedrig, dass | |
| die Hälfte der BürgerInnen für eine Förderwohnung qualifiziert ist. | |
| Es stimmt, die Wohnungsknappheit in den Ballungszentren entsteht aus der | |
| großen Nachfrage nach Wohnungen in der Stadt einerseits und aus dem genau | |
| dort begrenzten oder nicht mehr vorhandenen Bauland andererseits. Dieses | |
| Paradoxon kann kein Wohngipfel auflösen. Aber die Verteilungsdebatte um | |
| Neubau und Mieterschutz kann moralisch aufgeladen werden, um die Schwachen | |
| einzubeziehen. | |
| Wir brauchen mehr Soziales im Wohnungsbau. Wenn sich für dieses Ziel | |
| vielleicht im nächsten Jahr Tausende mobilisieren ließen, wäre das doch | |
| gut. | |
| 21 Sep 2018 | |
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| [1] /Wohngipfel-der-Bundesregierung/!5535193 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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