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# taz.de -- Nach Äußerungen zu Chemnitz-Video: Maaßen erklärt sich
> Verfassungsschutz-Chef Maaßen muss sich nach seinen Äußerungen im
> Bundestag erklären. Er will in Sorge um eine Desinformationskampagne
> gehandelt haben.
Bild: SPD, Grüne und Linke forderten den Rücktritt von Maaßen
Berlin dpa | Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hat [1][seine
Äußerungen im Zusammenhang mit fremdenfeindlichen Vorgängen in Chemnitz mit
der Sorge] vor einer Desinformationskampagne begründet. In seinem
vierseitigen [2][Bericht an Innenminister Horst Seehofer (CSU) erhebt
Maaßen] schwere Vorwürfe gegen den Twitter-Nutzer „Antifa Zeckenbiss“. Es
sei davon auszugehen, dass dieser das Video, das eine „Hetzjagd“ belegen
sollte, vorsätzlich mit der falschen Überschrift „Menschenjagd in Chemnitz�…
versehen habe, „um eine bestimmte Wirkung zu erzielen“.
In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen
worden. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber. Zwei von ihnen sitzen in
Untersuchungshaft. Nach dem dritten wird gefahndet. Im Anschluss an die Tat
gab es fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen es auch zu Gewalt von
Rechtsextremisten kam.
Maaßen nimmt in seinem Schreiben zu sechs Fragen des Innenministeriums
Stellung – es geht um ihm vorliegende Belege oder Indizien, die aus seiner
Sicht für eine „Nichtauthentizität“ des 19-sekündigen Bildmaterials
sprechen. In seinen Ausführungen äußert sich Maaßen ausführlich zu den
Beweg- und Hintergründen seines Interviews in der Bild vom 7. September.
Deutlich wird aber auch, dass er keinen Anlass sieht, sich grundsätzlich
von seinen Äußerungen zu distanzieren. Nicht er, sondern der Urheber des
Videos habe zu belegen, dass damit „Hetzjagden“ in Chemnitz am 26. August
2018 dokumentiert werden.
Auf die Frage, was ihn vor dem Hintergrund laufender Ermittlungen in
Sachsen veranlasst habe, in der Öffentlichkeit eine Einschätzung abzugeben,
macht Maaßen deutlich, dass er Sachsens Ministerpräsidenten Michael
Kretschmer (CDU) unterstützen wollte. Anlass sei die Regierungserklärung
Kretschmers gewesen, „in der er feststellte, dass es keine Hetzjagd in
Chemnitz gab“. Diese Feststellung entspreche auch den Erkenntnissen aller
zuständigen Sicherheitsbehörden, nämlich der sächsischen Polizei, der
Staatsanwaltschaft, des Landesamtes für Verfassungsschutz und der
Bundespolizei sowie des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) selbst.
## „Antifa Zeckenbiss“ wird nicht beobachtet
Angesichts dessen habe er es für richtig gehalten, „die bisherige
Berichterstattung über angebliche „Hetzjagden“ zu bewerten“. Die
Zuständigkeit des BfV umfasse „auch die Aufklärung von Desinformation“ und
sei „unabhängig von den Zuständigkeiten und Aufgaben der
Strafverfolgungsbehörden“.
Maaßen betont, er habe „in keiner Weise in Zweifel gezogen, dass es von
Rechtsextremisten organisierte und durchgeführte Demonstrationen und
Straftaten in Chemnitz gab“. Zugleich erklärt der BfV-Präsident, anders als
von Medien berichtet, habe er „zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass das
Video gefälscht, verfälscht oder manipuliert worden ist“. Hätte er dies zum
Ausdruck bringen wollen, hätte er auch die entsprechenden Worte gewählt,
schreibt Maaßen. Er habe dagegen in Frage gestellt, dass das
[3][betreffende Video „authentisch“ eine „Menschenjagd in Chemnitz“ am …
August belege].
Wer sich hinter „Antifa Zeckenbiss“ verberge, sei dem BfV nicht bekannt,
schreibt Maaßen. Der Nutzer sei seit Oktober 2017 in diversen sozialen
Netzwerken aktiv und äußere regelmäßig linke und linksextreme Ansichten.
„Antifa Zeckenbiss“ sei bislang kein Beobachtungsobjekt des BfV. Es könne
zudem „nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um eine Person, Gruppe
oder Organisation handelt, die nichts mit der linken oder
linksextremistischen Szene zu tun hat“. Falls die Veröffentlichung des
Videos nicht einen linken Hintergrund haben sollte, komme als Motiv „auch
ein Anheizen der Stimmung in der Öffentlichkeit in Frage“.
## Lässt Seehofer Maaßen im Amt?
Maaßen wiederholt seine umstrittene These, falls „Antifa Zeckenbiss“ der
linksextremistischen Szene angehöre, „könnte es auf Grund der bestehenden
politischen Interessenlage der Szene möglich sein, dass die
Falschetikettierung des Videos dem Ziel diente, die öffentliche
Aufmerksamkeit von dem Tötungsdelikt abzulenken und auf angebliche
rechtsextremistische „Hetzjagden“ hinzulenken“.
Seine Ausführungen verbindet Maaßen mit Erkenntnissen des BfV zum Einsatz
von Falschinformationen durch extremistische Gruppen. So würden soziale
Netzwerke von diesen „regelmäßig dazu genutzt, bestimmte Stimmungen zu
erzielen oder anzuheizen“. Dazu bediene man sich auch einer übertriebenen
oder verzerrten Darstellung von Tatsachen „bis hin zu Entstellungen der
Faktenlage“. Dabei würden häufig Texte, Fotos und Videos in falschem
Zusammenhang verwendet.
Seehofer hatte von dem ihm unterstellten Verfassungsschützer Aufklärung
verlangt, auf welche Indizien dieser seine öffentlich geäußerte Skepsis zu
Berichten über „Hetzjagden“ in Chemnitz und den Vorwurf von möglicherweise
gezielten Falschinformationen stütze. Am Nachmittag muss sich Maaßen im
Bundestag in zwei Ausschüssen erklären. Mit Spannung wird erwartet, ob
Seehofer ihn trotz Rücktrittsforderungen von SPD, Grünen und Linken sowie
scharfer Kritik auch aus den Reihen der CDU im Amt belässt.
12 Sep 2018
## LINKS
[1] /Relativierung-von-Chemnitz-Uebergriffen/!5531451
[2] /Hetzjagd-Diskussion-um-Chemnitz/!5535034
[3] /Faktenlage-nach-Maassens-Behauptung/!5531208
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