# taz.de -- Kommentar Neonazi-Aufmärsche: Toleranz hat Grenzen | |
> In Dortmund haben Polizisten Antisemiten gewähren lassen. Das ist falsch. | |
> Sie müssen klar zeigen: Das ist kein normales Verhalten. | |
Bild: Das Zeigen des Hitlergrußes am Straßenrand darf nicht toleriert werden | |
Wenn ein Einbrecher in eine Wohnung steigt und dabei von Polizisten | |
überrascht wird, dann folgt üblicherweise eine Festnahme. Niemand käme auf | |
die Idee, abzuwarten, bis die Videos einer am Hauseingang angebrachten | |
Kamera ausgewertet sind, und erst dann nach dem Täter zu fahnden. | |
Wenn aber Neonazis auf Demonstrationen antisemitische Parolen brüllen und | |
den Hitlergruß zeigen, dann zählt es offenbar zur Taktik zur Polizei, in | |
das Geschehen nicht einzugreifen – so geschehen [1][jüngst in Chemnitz] und | |
nun [2][auch in Dortmund]. Dabei ist Volksverhetzung und das Verwenden von | |
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ebenso strafbewehrt wie ein | |
Einbruchsdiebstahl. | |
Dieses Verhalten des Staates bei rechtsradikalen Aufmärschen wird gerne | |
damit erklärt, dass die Polizei eine Eskalation der Gewalt verhindern | |
möchte, die bei einem Eingreifen ihrerseits drohe. Doch Hakenkreuze sind | |
keine PKK-Flaggen, deren Zeigen ebenfalls verboten ist. | |
Mit Nazi-Symbolen werden die Grundfeste der Demokratie angegriffen und eine | |
Ideologie bejubelt, die für millionenfachen Mord steht. Da darf der Staat | |
nicht erst im Nachhinein eingreifen. Die Polizei muss unverzüglich tätig | |
werden, wenn Neonazis ihre Gesinnung in verbotener Weise kundtun, auch, um | |
diese Propaganda auf der Stelle zu unterbinden. | |
Tut sie das nicht, dann droht ein schleichender Prozess der Gewöhnung. Dann | |
können Rechtsradikale den Eindruck gewinnen, dass ihr Tun toleriert wird, | |
und – schlimmer noch – die Öffentlichkeit könnte annehmen, das Zeigen des | |
Hitlergrußes am Straßenrand oder auf einer Demonstration sei ein fast schon | |
normales Verhalten, etwa so, als kratze man sich kurz im Schritt. | |
Ist es aber nicht. Die Toleranz des Staates muss dort ein Ende haben, wo | |
Verfassungsfeinde ein Mörderregime hochleben lassen. Und wenn zu wenige | |
Polizisten zu vielen Nazis gegenüberstehen, um dies durchsetzen zu können, | |
dann hat nicht nur der einzelne Polizist, sondern die Polizei ein Problem, | |
das schleunigst abgestellt gehört. | |
23 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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