Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sozialarbeiterin Rola Saleh über Chemnitz: „Deutschland ist auch…
> Rola Saleh betreibt Integrations- und Anti-Rassismus-Arbeit. Sie gibt
> Politik und Medien eine Mitschuld am Aufschwung der Rechten.
Bild: Das #wirsindmehr-Konzert hat für Rola Saleh deutlich genug solidarischen…
taz: Frau Saleh, vor 17 Jahren sind Sie vom Libanon nach Deutschland
geflohen, leben seitdem in Chemnitz und engagieren sich ebenfalls genauso
lange ehrenamtlich für Integration und gegen Rassismus. Wie haben Sie die
letzten [1][neun Tage in Chemnitz] erlebt?
Rola Saleh: Ich war am Sonntag und am Montag [26. und 27. August; Anm. d.
Redaktion] auf der Straße bei den Gegendemonstrationen. Es war schrecklich
und hat mich wirklich mitgenommen. Dass es Rechte, Nazis, fremdenfeindliche
Menschen gibt, wusste ich ja. Aber dass es dieses Ausmaß annehmen kann,
hätte ich nicht gedacht. Teilweise haben wir uns echt schutzlos gefühlt.
Sie selbst wurden auch von einem rechten Demonstranten körperlich
angegangen, als Nazis vermeintlichen [2][Migranten hinterher jagten]. Hat
die Polizei nicht genug Schutz geboten?
Ich wurde von dem Mann geschubst. Ob ich danach gefallen bin oder
geschlagen wurde, weiß ich gar nicht mehr genau, ich war einfach so
aufgebracht. Danach hat mich ein Polizist weggeschickt und nichts gegen den
Mann unternommen. Zunächst hat mich das wütend gemacht, aber nun denke ich,
dass er einfach deeskalierend gehandelt und vielleicht Schlimmeres
verhindert hat. Er sagte mir zudem, dass er, wenn ich weiter filme und
Nazis als Rassisten bezeichne, meine Sicherheit nicht gewährleisten kann.
Es waren generell zumindest Sonntag zu wenige Polizisten unterwegs.
Auf der [3][Bühne des #wirsindmehr-Konzerts] und auch auf der
Pressekonferenz davor haben Sie Reden gehalten. Worum ging es an diesem
Tag?
Es ging darum, sich gegen Rassismus auszusprechen und zu zeigen, dass wir
auch Deutschland sind und dass das Chemnitz der vorherigen Tage uns fremd
ist. Meine Erwartungen wurden übertroffen, ich war sehr gerührt und
überwältigt, als ich auf der Bühne über diese Menge von 65.000 Menschen
schauen konnte.
Welchen Stellenwert hatte das Konzert für Sie?
Auch wenn manche skeptisch sind, weil sie befürchten, dass Leute nur wegen
des Konzerts am Montag nach Chemnitz gekommen sind, sehe ich es einfach
positiv, dass sich so viele Menschen die Mühe gemacht haben, solch weite
Wege auf sich zu nehmen und Fahrgemeinschaften zu bilden und sich
solidarisch gezeigt haben. Es ist einfach wichtig, Deutschland
mitzugestalten und zu zeigen: „Deutschland ist auch mein Land!“
Was muss jetzt außerhalb eines solchen nicht alltäglichen Großevents gegen
Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit getan werden?
Gegen genannte Phänomene müssen wir weiter mobilisieren mit Projekten und
Programmen, die das interkulturelle Zusammenleben fördern – die aber auch
staatlich finanziert werden müssen. Zudem müssen sich die Medien
hinterfragen. Man sieht so oft, zum Beispiel in Talk-Shows, dass viel mehr
über das Thema „Flüchtlinge“ berichtet und diskutiert wird als über
Bildung, Rente oder Arbeitslosigkeit. Und auch die Politik hängt sich zu
sehr an diesem Thema auf. Gleichzeitig wächst der Frust der Menschen, weil
es in besagten drei Bereichen nicht gut läuft. Und dieser Frust wird an
Minderheiten ausgelassen, vorangetrieben durch Parteien, die das für sich
nutzen. Durch immer weitere Verschärfungen im Asylrecht werden außerdem
falsche Signale an die Bevölkerung gesendet – da wundert man sich doch
nicht über fremdenfeindliche Angriffe. Das Asylrecht darf nun nicht mehr
weiter verschärft werden, stattdessen muss die Politik Lösungen finden, die
das Sicherheitsgefühl der Menschen wieder verbessern.
5 Sep 2018
## LINKS
[1] /Rechte-Aufmaersche-in-Chemnitz/!5528188
[2] /Eine-ostdeutsche-Grossstadt-in-Aufruhr/!5532080
[3] /wirsindmehr-Konzert-gegen-Rassismus/!5532967
## AUTOREN
Dariusch Rimkus
## TAGS
Sozialarbeit
Anti-Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Rechtsextremismus
Fremdenfeindlichkeit
Interview
Ehrenamt
Chemnitz
Lesestück Interview
Schwerpunkt Rassismus
Chemnitz
Marteria
Pogrom
## ARTIKEL ZUM THEMA
Integrationspolitiker über Chemnitz & Co.: „Ich finde Deutschland richtig ge…
Das Integrationsparadoxon: Der Soziologe Aladin El-Mafaalani sagt, dass
Konflikte einfach zu einer funktionierenden Einwanderungsgesellschaft
gehören.
Kommentar Helene Fischer und Chemnitz: Sie ist mehr
Helene Fischer spricht sich „gegen Fremdenfeindlichkeit“ und für
#wirsindmehr aus. Gut, dass der Protest gegen rechts die linke Nische
verlässt.
Kommentar Benefizkonzert Chemnitz: Party oder Protest? Party-Protest!
Im Spätsommer 2018 ist die Situation in Chemnitz keine, in der
Protestformen klassifiziert werden sollten. Wichtiger ist, dass etwas
geradegerückt wurde.
Chemnitzer Konzert der Solidarität: Die Rechten ausgetanzt
Wir sind mehr: Die Losung hat sich bewahrheitet. 65.000 Menschen feiern am
Montagabend in Chemnitz gegen Dumpfdeutsche.
Sozialpsychologe über Rechte in Chemnitz: „Durchbruch der Jagdstimmung“
Die Enthemmung in Chemnitz und Seehofers Äußerungen über Geflüchtete – f�…
den Sozialpsychologen Klaus Ottomeyer gehört beides eindeutig zusammen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.