# taz.de -- Kommentar CDU und Linkspartei: Voodoo im Adenauer-Haus | |
> Es kann nicht sein, was nicht sein darf: Für die CDU ist das immer noch | |
> eine Koalition mit der Linken. In Zeiten der AfD sollte sie sich da | |
> locker machen. | |
Bild: Er kann es sich vorstellen: Daniel Günther (CDU) mit Bodo Ramelow (Die L… | |
Die CDU-Führung hat extra nochmal einen offiziellen Beschluss an die Tür | |
des Konrad-Adenauer-Hauses genagelt: Wir. Koalieren. Nicht. Mit. Der. | |
Linkspartei. Es ist die Fortsetzung der alten Kommunistenfresser-Logik, die | |
die Christdemokraten seit Jahren verteten. Der Graben zwischen der CDU und | |
der Linken sei groß, sagt CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer | |
– „mit Blick auf die Vergangenheit und die ideologische Basis“. | |
Was Spitzenleute der CDU vorführen, seitdem Schleswig-Holsteins | |
Ministerpräsident Daniel Günther vorsichtig [1][anregte], das Tabu | |
angesichts der Situation in Ostdeutschland zu hinterfragen, wirkt ein | |
bisschen wie Politik-Voodoo. Es kann nicht sein, was nicht sein darf – auch | |
wenn die Realität eigentlich keinen anderen Schluss zulässt. Also, darf die | |
CDU im Osten mit den Linken koalieren? Ja, natürlich. Sie darf. Vielleicht | |
muss sie sogar. | |
Ein Blick auf die Zahlen: In Sachsen wird im September 2019 ein neuer | |
Landtag gewählt. Die letzte Umfrage für das Bundesland stammt aus dem Juni. | |
Eine Große Koalition käme nicht auf eine Mehrheit, auch für ein | |
Jamaika-Bündnis (CDU, FDP, Grüne) oder die Kenia-Koalition (CDU, SPD, | |
Grüne) reichte es nicht. Rot-Rot-Grün ist wohl chancenlos. Zusammen mit der | |
Linkspartei aber könnte die CDU regieren – oder mit der starken AfD, die | |
bei satten 24 Prozent liegt. | |
Es könnte sich also eine Situation ergeben, in der die CDU mit den Linken | |
oder mit der AfD reden muss. Auch wenn das aus christdemokratischer Sicht | |
die Wahl zwischen Pest und Cholera bedeutet, gibt es für dieses Szenario | |
nur eine Antwort: Ein Bündnis mit linken Demokraten ist zu verantworten, | |
eine Zusammenarbeit mit einer Partei, in der es rechtsextreme Strömungen | |
gibt, nicht. Angesichts solcher Aussichten sind die Schwüre, die die | |
CDU-Spitze im Moment ablegt, voreilig und realitätsfremd. | |
## Pragmatische Linke können biegsam sein | |
Die Rote-Socken-Diffamierung, die bis heute von CDUlern regelmäßig kommt, | |
wirkt sowieso längst aus der Zeit gefallen. Die Linkspartei-Verbände im | |
Osten ticken wie gemäßigte Sozialdemokraten. Mit Linken-Fraktionschef | |
Dietmar Bartsch lässt sich vielleicht der Länderfinanzausgleich planen, | |
aber nicht die Weltrevolution, schreibt der Spiegel zu Recht. | |
Den BürgerInnen in Ostdeutschland leuchtet der ideologiegetriebene | |
Abwehrreflex der CDU sowieso nicht ein. Die wollen, dass sich Parteien um | |
ihre Alltagsprobleme kümmern. | |
Gerne vergessen wird auch, wie biegsam pragmatische Linke im Zweifel sein | |
können. Erinnern wir uns: Es war ein rot-roter Senat, der der verschuldeten | |
Hauptstadt nach der Jahrtausendwende einen beispiellosen Sparkurs | |
verordnete. | |
Rot-Rot in Berlin trat aus den Arbeitgeberverbänden aus, ließ Beamte länger | |
arbeiten und verkaufte einen großen Teil des städtischen Wohnungsbestandes. | |
Der SPD-Finanzsenator hieß damals Thilo Sarrazin, aber die Linkspartei war | |
mit dabei. Sage also niemand, die Linken beherrschten brutales Sparen | |
nicht. | |
## Präzedenzfall Schwarz-Dunkelrot | |
Die inhaltlichen Gräben zwischen CDU und Linken im Bund sind tief. Die | |
russlandfreundliche Haltung der Linken, ihre Skepsis gegenüber der Nato, | |
die Absage an Hartz IV und die Pläne, den Reichtum in Deutschland anders | |
und fairer zu verteilen, all das wäre mit der Bundes-CDU nicht zu machen. | |
Aber weder Außen- noch Steuerpolitik spielt in den Bundesländern eine | |
Rolle. Hier geht es um Schulen, um Infrastruktur oder eine gut | |
ausgestattete Polizei. Wer behauptet, in Sachsen oder Thüringen seien keine | |
Kompromisse zwischen CDU und Linken denkbar, sollte nüchternen Blickes die | |
Programme lesen. | |
Selbst in den WählerInnenmilieus gibt es Überschneidungen. Ältere | |
Linkspartei-WählerInnen in Ostdeutschland ticken ähnlich | |
strukturkonservativ wie westdeutsche RentnerInnen, die traditionell oft CDU | |
wählen – auch wenn die Biographien ganz andere sind. Ja, die CDU-Spitze | |
fürchtet, dass der Präzedenzfall Schwarz-Dunkelrot noch mehr WählerInnen | |
zur AfD treibt. Das kann passieren, muss aber nicht. Gegen die Rechten | |
hilft am besten, wenn demokratische Parteien vernünftige, lebensnahe | |
Lösungen finden. | |
Die CDU sollte sich deshalb locker machen. Aus Angst vor der AfD das | |
Politikmachen zu lassen, hilft niemandem. | |
Lesen Sie auch: Stefan Reinecke [2][spricht sich in der taz] gegen | |
Koaltionen zwischen der Union und der Linken aus. | |
21 Aug 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Vorschlag-von-CDU-Mann-Daniel-Guenther/!5527252 | |
[2] /Kommentar-CDU-und-Linkspartei/!5530160 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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