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# taz.de -- Berliner Energietisch: Dämmen darf nicht teuer werden
> Bausenatorin Katrin Lompscher hat vom Berliner Energietisch einen
> Forderungskatalog erhalten: Sie soll energetische Sanierung
> sozialverträglich gestalten.
Bild: Ist nicht ihre eigene Demo, auch wenn's so aussieht: Stadtentwicklungssen…
Sehr geehrte Frau Senatorin, danke, dass sie uns hier an ihrem Dienstsitz
empfangen haben!“ Ein bisschen komisch klingt der Satz irgendwie, mit dem
Katrin Lompscher (Linke) von AktivistInnen des Berliner Energietischs vor
den Türen der Stadtentwicklungsverwaltung am Fehrbelliner Platz begrüßt
wird. „Empfangen“ würde doch eigentlich bedeuten, dass Lompscher die kleine
Gruppe in ihr Büro bittet, um sich dort in aller Form das
„Diskussionsangebot“ überreichen zu lassen, in dem der Energietisch
Forderungen nach einem „Klimaschutz ohne Verdrängung“ stellt.
Aber Aktivismus ist Aktivismus, und auch wenn es in der stillen
Württembergischen Straße kaum PassantInnen gibt, soll das Überreichen doch
öffentlichen Charakter haben – mit Transpi, Lautsprecher und einem
Aktivisten im zerknautschten Bärenkostüm. Wobei richtige Proteststimmung
nicht aufkommt, denn Uwe Hiksch und Judith Dellheim, die für den
Energietisch das Wort ergreifen, sind wie Lompscher seit langem in der
Linken aktiv, man kennt, schätzt und duzt sich selbstverständlich – nur für
die Fernsehkamera ausnahmsweise mal nicht.
Auch in der Sache ist die Kluft zwischen Politik und Aktivismus
überschaubar: Dass neben der Mietspirale auch die hohen Energiekosten viele
ärmere BerlinerInnen massiv belasten, dieses Wissen teilen beide Seiten
ebenso wie die Einschätzung, dass die für den Klimaschutz so wichtige
energetische Sanierung von Gebäuden oft mehr der Steigerung der
Mieteinnahmen als der Senkung von CO2-Emissionen dient: Hauseigentümer
können derzeit bis zu 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die
Jahresmiete umlegen – unbefristet.
Vor allem Dämmmaßnahmen seien „teuer und sollen Mietsteigerungen begründen,
aber vielfach sind sie bautechnisch, ökonomisch und ökologisch sinnlos“,
weil sie den konkreten Bedingungen nicht angepasst würden, heißt es im
Papier des Energietischs. Es handele sich eher um ein „Instrument zur
Profitsteigerung und insbesondere zur Verdrängung der bisherigen
Mieter*innen“.
Die Forderungen an Lompscher lehnen sich in großen Teilen an das im Januar
von Rot-Rot-Grün beschlossene Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm
(BEK) an, das auch auf „Sozialverträglichkeit“ großen Wert legt. Es geht
unter anderem um die detaillierte Offenlegung der tatsächlichen
Energieeinsparung durch den Eigentümer, um die öffentliche Förderung
energetisch sinnvoller Dämmstoffe oder einen „Klimabonus“, der
BezieherInnen von Sozialleistungen höhere Wohnkosten zugesteht, wenn sie in
energetisch sanierten Wohnungen leben.
## „Gelddruckmaschine für Eigentümer“
Am Kern des Problems, der im BGB festgelegten Modernisierungsumlage – eine
„Gelddruckmaschine für Eigentümer“ (Hiksch) – können Lompscher und die
Landespolitik allerdings nicht viel ändern. Deshalb fordert der
Energietisch sie lediglich auf, sich im Bundesrat für die Abschaffung der
Umlage stark zu machen.
Bei der Senatorin rennt die Initiative augenscheinlich offen Türen ein.
„Wir nehmen das Gesprächsangebot an“, sagt sie, „denn wir machen schon
vieles, aber sicher noch nicht alles.“ Sie verweist auf eine 2017 mit den
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften abgeschlossene
Kooperationsvereinbarung, die die Umlage der Modernisierungskosten auf 6
Prozent deckelt, und auf eine frische Berliner Bundesratsinitiative, die
diesen Wert deutschlandweit fordert– bei Befristung auf den
Amortisationszeitraum.
Mehr sei zurzeit nicht realistisch, so Lompscher – wobei: „Wenn uns jetzt
natürlich die Geschichte überholt und die Modernisierungsumlage abgeschafft
wird, werden wir uns nicht dagegen stellen.“
Zuletzt hatte SPD-Fraktionschef Raed Saleh mit markigen Aussagen zum Thema
Mieten auf sich aufmerksam gemacht: Eine „wohnungspolitische Revolution“
forderte er im Interview mit der Berliner Morgenpost. Neben dem in den
Bundesrat eingebrachten 6-Prozent-Ziel bei der Modernisierungsumlage sprach
er sich unter anderem dafür aus, Mieterhöhungen zu verhindern, wenn ein
Wohngebäude längst abbezahlt sei und hohe Renditen abwerfe.
20 Aug 2018
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Katrin Lompscher
Energie
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Mieten
Deutsche Wohnen
SPD
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