# taz.de -- Nach Unions-Krise um Flüchtlinge: Erste Zurückweisung wegen Asyl-… | |
> Folge des Unions-Kompromisses: Deutschland weist einen Schutzsuchenden | |
> direkt an der bayrisch-österreichischen Grenze nach Griechenland zurück. | |
Bild: Bundespolizisten auf Bahnhof | |
BERLIN taz | Deutschland hat zum ersten Mal einen Schutzsuchenden, der in | |
einem anderen EU-Staat registriert ist, direkt an der Grenze zu Österreich | |
zurückgewiesen. Am Sonntag hatte die Bundespolizei einen 22-jährigen | |
Pakistaner in einem Regionalzug von Kufstein nach Rosenheim festgenommen. | |
Der Mann konnte sich nicht ausweisen. Anhand der Fingerabdrücke fanden die | |
Bundespolizisten heraus, dass er schon 2017 in Griechenland Asyl beantragt | |
hatte. Der Pakistaner wurde wegen versuchter unerlaubter Einreise angezeigt | |
und anschließend zum Münchner Flughafen gebracht. Von dort aus musste er | |
die Rückreise nach Griechenland antreten. | |
Im Juni hatte der Streit um die Zurückweisungspraxis zu einem schweren | |
Zerwürfnis zwischen den Unionsparteien geführt. Grundsätzlich darf die | |
Bundespolizei Ausländer an der Grenze zurückweisen – es sei denn, sie | |
wollen einen Asylantrag stellen. In dem Fall müssen sie gemäß EU-Recht | |
zunächst einreisen dürfen und können erst nach einer Prüfung der | |
Schutzbedürftigkeit ausgewiesen oder abgeschoben werden. | |
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wollte jedoch unbedingt | |
durchsetzen, Asylsuchende, die schon in einem anderen EU-Staat behördlich | |
erfasst sind, gar nicht erst aus Österreich einreisen zu lassen. | |
Bundeskanzlerin Merkel lehnte dies ab. Seehofer drohte zwischenzeitlich | |
deshalb mit Rücktritt. | |
Merkel entschärfte den Streit vorerst, indem sie versprach, bilaterale | |
Abkommen mit anderen EU-Staaten zu schließen. Diese sollten regeln, wie mit | |
den Zurückgewiesenen zu verfahren sei. Am 8. August schloss Deutschland | |
zunächst eine solche Vereinbarung mit Spanien, am 17. August dann mit | |
Griechenland. Dieses Abkommen wendete die Bundespolizei am Sonntag erstmals | |
an. Nun „kommt es nicht mehr darauf an, ob die Person in Deutschland Asyl | |
beantragen will oder nicht“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei der taz. | |
Vielmehr gilt: Wer in Griechenland einen Asylantrag gestellt hat, wird nun | |
innerhalb von 48 Stunden zurückgeschickt. Zuletzt wurden an der | |
deutsch-österreichischen Grenze im Schnitt etwa 900 Menschen im Monat | |
aufgegriffen, die keine Einreisepapiere haben. | |
Pro Asyl weist darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht erst am 31. | |
Juli eine Abschiebung nach Griechenland untersagt hatte. Es sei nicht | |
geklärt, ob dort unmenschliche Behandlung drohe, so die Richter. Die | |
Dublin-Verordnung der EU verlangt, dass vor einer Abschiebung in einen | |
anderen EU-Staat geprüft wird, ob Asylsuchende tatsächlich Zugang zu Schutz | |
erhalten können. „Die Bundesregierung will mit diesen bilateralen Abkommen | |
jetzt die Dublin-Verordnung umgehen und eine rechtliche Grauzone schaffen“, | |
sagte Günter Burkhard von Pro Asyl. | |
„Bei solchen direkten Zurückweisungen besteht keine Möglichkeit mehr, | |
Rechtsmittel einzulegen“, sagt der Jurist Maximilian Pichl von der | |
Universität Kassel. „Genau diese Möglichkeit muss aber jeder haben.“ | |
29 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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