Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Serienstar will Gouverneursposten: Politics and the City
> Cynthia Nixon war die Anwältin Miranda in „Sex and the City“. Jetzt will
> die 52-jährige den Bundesstaat zu einer progressiven Hochburg machen.
Bild: „New York für die vielen“, lautet ein Slogan von Cynthia Nixon, auch…
NEW YORK taz | Als Cynthia Nixon noch Miranda Hobbes war und eine der vier
Hauptrollen in „Sex and the City“ spielte, war das Leben glamourös. Es
drehte sich um Männer, um Klamotten und um „fun“. Die Alltagssorgen von
gewöhnlichen Sterblichen kamen in der Serie, die sechs Jahre lang auf dem
US-Sender HBO lief, nicht vor. Arbeit war kein Thema. Geld hatte frau ganz
einfach.
Vierzehn Jahre später schreitet Cynthia Nixon in der St. Paul & St. Andrew
Kirche auf der Upper West Side von New York an ein Rednerpult vor dem
Altarraum. Ihre Stilettoabsätze sind immer noch turmhoch, und ihre Stimme
klingt so verführerisch, wie Millionen Fernsehzuschauer sie erinnern. Aber
diesmal sind ihre Worte kämpferisch. Genau wie die der anderen Aktivisten,
die in der Kirche zusammengekommen sind, um eine Guatemaltekin willkommen
zu heißen, die dort Schutz vor einer drohenden Abschiebung sucht.
Cynthia Nixon spricht über Gerechtigkeit für Einwanderer und darüber, dass
kein Mensch illegal sei. Den meisten Applaus bekommt sie, als sie die
Ausländerpolizei ICE, die seit dem Amtsantritt von Donald Trump ihre
Razzien und Abschiebungen hochgefahren hat, eine „terroristische
Vereinigung“ nennt und deren Auflösung verlangt.
Auch in der neuen Rolle von Cynthia Nixon steht [1][New York] im
Mittelpunkt. Aber es geht nicht mehr allein um die City mit ihren 8,5
Millionen Einwohnern, sondern um den ganzen Bundesstaat, den viertgrößten
des Landes, in dem 20 Millionen Menschen leben. Cynthia Nixon will ihn als
Gouverneurin führen. Sie will die erste Frau an der Spitze von New York
werden. Die 52-Jährige tritt nun für Krankenversicherungen für alle ein und
verlangt Geld für die Modernisierung der maroden New Yorker U-Bahn, die
Reparatur der heruntergekommenen Sozialwohnungsbauten und für die
vernachlässigten öffentlichen Schulen. Marihuana will sie legalisieren und
die Gefängnisse entvölkern.
## Ihr Slogan erinnert an den von Bernie Sanders
„New York für die vielen“, lautet einer ihrer Slogans. Das erinnert an die
„99 Prozent“, mit denen vor zwei Jahren der linke Demokrat Bernie Sanders
die Klassenunterschiede zurück in die politische Diskussion in den USA
gebracht hat. Genau wie Sanders lehnt es auch Cynthia Nixon ab, Geld von
Konzernen für ihren Wahlkampf zu nehmen. Sie sammelt stattdessen kleine
Spenden. Doch bevor sie sich wie er zu dem Etikett „demokratische
Sozialistin“ bekannte, ließ sie Monate verstreichen und wartete ab, bis
andere Linke in New York Vorwahlen gewannen und klar war, dass die Wähler
einen Linksruck wollen.
Als Schauspielerin hat Cynthia Nixon einen Grammy, zwei Emmys und zwei
Tonys gewonnen, und sie hat neben Miranda so unterschiedliche Frauenfiguren
gespielt wie die Präsidentengattin Nancy Reagan und die Schriftstellerin
Emily Dickinson. Als Politikerin hat sie wenig Erfahrung.
Sie ist wie sechs Millionen andere New Yorker ein eingetragenes Mitglied
der Demokratischen Partei in dem überwiegende demokratischen Bundesstaat.
Sie hat an Demonstrationen teilgenommen, sich für öffentliche Schulen
engagiert und 2011 in Albany Lobbyarbeit für das Recht auf die
gleichgeschlechtliche Ehe betrieben. Ein Wahlamt hatte sie allerdings noch
nie inne, und Teil einer politischen Organisation war sie auch noch nie.
Dass Leute aus dem Showbusiness in die Politik wechseln, ist nicht neu. Das
haben auch Arnold Schwarzenegger, Ronald Reagan und zuletzt Trump getan,
den das große Publikum besser aus seiner Reality-TV-Serie „The Apprentice“
als von seinen Immobiliengeschäften kannte. Aber alle vorausgegangenen
Quereinsteiger waren Männer.
## Man nannte sie eine „unqualifizierte Lesbe“
Als Gouverneur Andrew Cuomo, ein Demokrat, der für eine dritte Amtszeit
kandidiert, erfuhr, dass Cynthia Nixon gegen ihn antritt, erklärte er sie
für untauglich, weil sie unerfahren sei. Eine Verbündete von ihm, die New
Yorker Demokratin, LGBTQ-Aktivistin und verhinderte Bürgermeisterkandidatin
Christine Quinn, setzte noch eins drauf und nannte die Kandidatin eine
„unqualifizierte Lesbe“.
Cynthia Nixons Team nahm das als Chance: Es verkaufte schon vorher T-Shirts
mit der Aufschrift: „Ich bin eine Miranda und ich stimme für Cynthia“. Nun
druckte es neue mit der Aufschrift „unqualifizierte Lesbe“. Da ist es egal,
dass Cynthia Nixon sich selbst gar nicht als Lesbe, sondern als bisexuell
beschreibt. Sie hat zwei Kinder aus einer Beziehung mit einem Mann. Und ist
jetzt mit einer Frau verheiratet, mit der sie ein drittes Kind hat.
In dem emotionalen Video, das Cynthia Nixon im März zum Auftakt ihrer
Kampagne veröffentlicht hat, beschrieb sie ihre Liebe zu New York, ihre
Empörung über die extreme Armut in dem reichen Bundesstaat und ihre eigene
Kindheit in einem „fünften Stock ohne Aufzug als Tochter einer
alleinerziehenden Mutter“. Ein Versuch, näher an die unteren
Einkommensklassen heranzurücken. Sie selbst hat im letzten Jahr 1,5
Millionen Dollar versteuert. „Ich komme als Außenseiterin“ war ein weiterer
ihrer Slogans.
Unter den ersten Geldgeberinnen waren Cynthia Nixons ehemalige Kolleginnen
aus „Sex and the City“. Auch die linke Working Families Party, die
traditionell demokratische Kandidat*innen unterstützt und die sich noch
2010 und 2014 für ihren Konkurrenten Cuomo ausgesprochen hatte, war von
Anfang an auf ihrer Seite. Dann folgten die linken Organisationen der
Stadt. „Progressive können Cuomo nicht unterstützen“, heißt es in so
verschiedenen Organisationen wie dem „Women’s March“ und Gruppen von
Einwanderern.
## In Upstate hat Trump so viele Fans wie im Rustbelt
Seither ist Cynthia Nixon in der City und in Upstate unterwegs, dem Norden
des riesigen Bundesstaates, wo weite Teile der ländlichen Bevölkerung so
für Trump schwärmen wie in dessen Hochburgen im Rustbelt und in den
Kohlestaaten. Bei ihren Auftritten spricht sie die Themen der US-Linken an.
Aber auf der Straße wird sie anders wahrgenommen.
An einem Werktag im August sitzt sie mit einem Stapel Dokumente in der
U-Bahnlinie Nummer 6 in New York, als plötzlich eine Passagierin aufsteht
und in den Waggon ruft: „Wir haben jemanden unter uns, auf den wir stolz
sein können.“ Dann zählt die Frau Cynthia Nixons Qualitäten auf:
„Schauspielerin, eine, die Geld hat und dennoch U-Bahn fährt, und eine, die
ehrlich ist und nicht stiehlt.“ Während fast alle Passagiere klatschen,
packt Cynthia Nixon ihre Unterlagen zusammen und verlässt an der nächsten
Station den Zug.
In der Hauptstadt sind während Cuomos acht Jahren im Amt zahlreiche
Politiker wegen Korruption angeklagt worden. Und der demokratische
Gouverneur hat so eng mit den Republikanern zusammengearbeitet, dass sie
seine versprochenen Gesetze über Fortpflanzungsrechte, über
Schusswaffenkontrolle und über einen besseren Schutz für die Opfer von
sexueller Belästigung verhindern oder zumindest abmildern konnten.
Auch gegenüber der Finanzindustrie an der Wallstreet zeigt Cuomo sich in
Steuerfragen und Auflagen erkenntlich. Umgekehrt ist seine Kasse für den
Wahlkampf mit 36 Millionen US-Dollar prall gefüllt. Zu seinen früheren
Geldgebern gehört auch Trump, der ihm mehr als 60.000 Dollar gab. „Er
kandidiert als Demokrat, aber er macht Politik wie ein Republikaner“, sagt
Cynthia Nixon über den Gouverneur, den sie ablösen will. Der Machtkampf
zwischen der alten Garde und den neuen Linken in der Demokratischen Partei
findet also auch zwischen Andrew Mark Cuomo und Cynthia Nixon statt.
Die Frau, die einst Miranda Hobbes war, sagt: „Es wird nicht einfach, aber
wir können gewinnen.“
28 Aug 2018
## LINKS
[1] /Wettbewerb-um-Fahrdienste-in-den-USA/!5524296
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
US-Demokraten
New York
HBO
Gouverneur
sex-positiv
USA
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
USA
USA
Christian Lindner
Remake
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Sex and the City“-Reboot: Schlecht gealtert
17 Jahre nach dem Serienfinale sind Carrie und ihre Freundinnen zurück. Sie
sind faltiger geworden – und verklemmter.
„Sex and the City“ bekommt Neuauflage: Künftig nur noch als Dreier
SATC kommt zurück mit neuem Namen und Besetzung. Wir blicken nostalgisch
auf die Kultserie zurück und mit gemischten Gefühlen auf das Reboot.
Essay Queerness in der Politik: Lasst uns Banden bilden!
Die Sehnsucht nach dem Ende traditioneller Genderrollen ist groß. Damit
lässt sich Politik machen: Eine starke linke Bewegung braucht mehr
Queerness.
Gouverneurswahlen in USA: Hoffnung auf Andrew Gillum
Im Florida hat sich ein linker Außenseiter als Gouverneurskandidat
durchgesetzt. Sein Erfolg gibt den Linken der Demokraten Aufschwung.
US-Senator McCain gestorben: Er ging nicht vor Trump in die Knie
John McCain hatte Werte und Moralvorstellungen, und er war bereit, sich
deswegen mit anderen anzulegen. Der US-Senator ist am Samstag gestorben.
Kolumne Die eine Frage: Was tun mit Trump?
Je stärker wir den US-Präsidenten als politischen Vollpfosten beschreiben,
desto überzeugter werden seine Anhänger von ihm sein. Und dann?
Remakes beliebter Serien: Aus Alf mach neu
„Magnum“, „Buffy“, „Charmed“ und jetzt auch „Alf“ – viele Ser…
aufgelegt. Die Macher*innen machen es sich damit leicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.