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# taz.de -- Bernd Riexinger über „Aufstehen“: „Ich bin schon eingesammel…
> Linken-Chef Bernd Riexinger kritisiert die „Aufstehen“-Bewegung um Sahra
> Wagenknecht. Er warnt davor, eine Konkurrenz zur eigenen Partei
> aufzubauen.
Bild: Sahra Wagenknecht und Bernd Riexinger: Gesucht wird eine soziale Offensiv…
taz: Herr Riexinger, für den E-Mail-Verteiler der [1][Sammlungsbewegung
„Aufstehen“] hatten sich nach einer Woche schon 60.000 Menschen angemeldet.
Sie auch?
Bernd Riexinger: Nein, ich brauche keine Sammlungsbewegung, ich bin ja
schon eingesammelt – von der Partei Die Linke. Ich werde meine ganze
Energie und Ressourcen in den nächsten Jahren dafür einsetzen, unsere
Partei stärker zu machen.
Sie würden Parteifreunden also davon abraten, bei „Aufstehen“ mitzumachen?
Das ist ein Projekt von Einzelpersonen, die Forderungen aufstellen, die
irgendwo zwischen SPD und Linken liegen und die wir schon seit Jahren
massiv vertreten. Es ergibt keinen Sinn, dafür auch noch Menschen
einzusammeln, die ohnehin schon in einer ähnlichen Richtung Politik machen.
Wenn die Initiative einen Sinn ergibt, dann, um enttäusche Sozialdemokraten
und Grüne einzusammeln.
Sie klingen gelassen. Dabei hat „Aufstehen“ jetzt schon ähnlich viele
Interessenten wie Ihre Partei Mitglieder. Könnte Ihnen die Initiative nicht
gefährlich werden?
Mitglied einer Partei zu werden heißt, sich für einen politischen Weg zu
entscheiden und für viele auch, vor Ort aktiv zu sein. Das kann man nicht
mit einer Internet-Initiative vergleichen, bei der man sich einfach
einklickt. Ich will das nicht kleinreden, das Interesse ist natürlich am
Anfang groß. Aber es ist nicht gesagt, dass sich diese Leute auch mit
Engagement einbringen. Übrigens klicken jeden Monat Hunderttausende
Menschen unsere Seiten im Internet an. Die Linke wächst langsam, aber
stetig, vor allem Menschen aus sozialen Berufen engagieren sich verstärkt
bei uns. Wir haben tausende KommunalvertreterInnen, sind in drei
Landesregierungen, stellen einen Ministerpräsidenten. Wir brauchen uns
nicht kleinmachen.
Im Bund ist eine linke Mehrheit trotzdem nicht in Sicht. Ist es da nicht
richtig, nach neuen Wegen zu suchen – so wie Sahra Wagenknecht und ihre
Mitstreiter?
Das wird man sehen. Ihr vorgegebenes Ziel ist es ja, Druck auf SPD und
Grüne auszuüben, damit die eine andere Politik machen. Das klappt aber am
besten, in dem man Die Linke stärkt. Oder durch breit angelegte Kampagnen
mit den außerparlamentarischen Bewegungen, die es in der Gesellschaft ja
schon gibt. Wir haben vor zwei Jahren mit Gewerkschaften und Organisationen
eine Kampagne gegen den Pflegenotstand gestartet und haben jetzt
tatsächlich erste Erfolge. Im September machen wir weiter mit einer
Mietenkampagne. Ziel ist, eine gesellschaftlich wahrnehmbare
MieterInnenbewegung auf die Füße zu stellen.
Könnten Sie sich vorstellen, bei Kampagnen mit „Aufstehen“
zusammenzuarbeiten?
Um gesellschaftlichen Druck aufzubauen, reicht es nicht aus, wenn man sich
im Netz betätigt. Dafür muss man auf die Straße gehen und demonstrieren,
aktiv Streiks unterstützen, politische Bildungsarbeit machen, in die
Viertel gehen, in denen keiner mehr was von Parteien wissen will. Wenn die
Sammlungsbewegung das machen will, ist sie willkommen.
Haben Sie schon mal mit Sahra Wagenknecht darüber gesprochen?
Sie hat sich leider bisher nicht zu einer Debatte im Parteivorstand
durchringen können. Ich bedauere das.
Haben Sie sie dazu eingeladen?
Wir haben sie mehrmals dazu eingeladen.
Was hätten Sie gerne mit ihr besprochen?
Ich halte es für selbstverständlich, dass man Projekte mit der Partei, für
die man Fraktionsvorsitzende ist, umfassend diskutiert. Angefangen hat es
ja mit der Rede von einer neuen Partei, jetzt soll es eine Bewegung sein.
Wir wissen nicht, was die nächsten Schritte sind.
Wird „Aufstehen“ ein Erfolg, wird Wagenknecht im innerparteilichen
Machtkampf gestärkt. In der Märkischen Oderzeitung kündigte ihre
Mitstreiterin Sevim Dağdelen an, die Partei „umkrempeln“ zu wollen. Macht
Ihnen das Sorgen?
Das wäre ein bedenklicher Ansatz und als Ziel inakzeptabel. Ich verstehe
schon, dass man überparteiliche Initiativen macht und damit auch Parteien
verändern möchte. Einen Umweg wählen und von außen rumzukritisieren finde
ich schräg – wieso nicht einfach als Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete
das tun, was naheliegt? Für die eigene Position in der Partei werben, bei
der Basis, auf Parteitagen?
Gibt es rote Linien, ab denen Wagenknecht und anderen Konsequenzen drohen?
Ich nehme die Beteuerungen ernst, dass es nicht darum gehe, eine neue
Partei zu gründen oder Parteinebenstrukturen aufzubauen. Das wäre ganz klar
eine Grenzüberschreitung.
Hinter der Diskussion steckt auch ein inhaltlicher Streit: Manche in Ihrer
Partei setzen auf nationale Lösungen und wollen zum Beispiel die Migration
begrenzen, andere setzen auf Internationalismus und offene Grenzen. Geht
das auf Dauer zusammen?
Wir haben auf dem Parteitag eine Entscheidung getroffen. Wir haben die
Haltung der Partei in der Flüchtlingsfrage bestärkt und darüber bin ich
sehr froh: Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen. Und wir brauchen eine
soziale Offensive für alle. Grenzzäune, Stacheldraht und der Abschiebewahn
von Seehofer & Co sind weder internationalistisch noch mit dem
Menschenrecht vereinbar.
Ein anderer Streitpunkt ist die Arbeitsmigration. Wagenknecht hat in der
FAZ kritisiert, dass die Regierung „Fachkräfte aus armen Ländern“ holen
wolle, statt hier ausreichend Studienplätze anzubieten.
Das Abwerben von Fachkräften aus anderen Ländern, der „brain drain“, ist …
den Herkunftsländern ein Problem, ja. Arbeitsmigranten überweisen aber mehr
Geld in ihre Länder als die offizielle Entwicklungshilfe. Die Linke hat die
Frage der Arbeitsmigration nie so diskutiert, als ob das Konkurrenten oder
Belastungen wären. Die Antwort war immer: Gesetzlicher Mindestlohn für
alle, Sozialsysteme und Tarifbindung ausbauen und gemeinsam mit den
migrantischen KollegInnen für bessere Bedingungen kämpfen. Wir haben beim
Parteitag vereinbart, über dieses Thema demnächst auf einer Klausurtagung
mit Fraktion und Parteivorstand zu reden.
Wann soll das sein?
Im November.
Ist Sahra Wagenknecht dann noch dabei?
Davon gehe ich aus.
17 Aug 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-Aufstehen-und-Aussenpolitik/!5526558
## AUTOREN
Tobias Schulze
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