# taz.de -- Ausstellung am Klinikum Bremen-Ost: Kunst statt Diagnosen | |
> Die Kulturambulanz am Klinikum Ost zeigt Outsider-Art aus der Sammlung | |
> von Hartmut Kraft. Dieser stellt diese Woche sein Buch über die Kunst von | |
> Psychiatrisierten vor. | |
Bild: Früher hat der Künstler sie selbst getragen, nun ruht die Mütze auf Bl… | |
BREMEN taz | Der verrückte Künstler und das wahnsinnige Genie: vertraute | |
Figuren aus Film und Literatur, die zwar meist nicht unsympathisch sind, | |
aber doch bis heute beitragen zu Stigmatisierung und Ausgrenzung von | |
Menschen in psychischen Krisen. Dass es sie wirklich gibt, diese | |
Kunstproduzent*innen mit Diagnose, macht es nicht besser. Im Gegenteil | |
bedient das wachsende Interesse an der Outsider-Art zunächst einmal | |
voyeuristische Gelüste: dem Wahnsinnigen in den Kopf zu gucken. | |
Aber muss das so sein? Natürlich nicht. Und in Bremen weiß man das auch | |
sehr genau. Behutsam und mit künstlerischem Interesse statt mit | |
Sensationslust stellt die Kulturambulanz in der Galerie im Park am Klinikum | |
Ost seit vielen Jahren auch Kunst von als krank geltenden Menschen aus. | |
So auch aktuell in der Ausstellung „Outsider, Insider, Grenzgänger“. Und | |
schon im Namen steckt, was daran wirklich wichtig ist: die Außenseiter | |
nämlich als Teil der Kunstwelt zu begreifen neben „Insidern“ und solchen, | |
deren Werke sich gar nicht erst so richtig zuordnen lassen. | |
Wolfgang Ewald Hallmann etwa, in der Szene bekannt als „Blalla“, ist mit | |
mehreren Arbeiten in der Ausstellung vertreten. Der 1997 verstorbene | |
Künstler hat bereits vor seiner schizophrenen Phase gearbeitet, weiter als | |
es akut wurde – und aber auch danach, als er die Krankheit überwunden | |
hatte. Damit ist Blalla ein Grenzgänger und seine oft wüst pornografischen | |
und in religiösen Orgien schwelgenden Bilder sind … was? Kunst, tja, von | |
jemandem, dem es früher mal ausgesprochen schlecht ging. | |
## Kunst statt Kuriosität | |
Die Bilder und Skulpturen der Ausstellung gehören zur Sammlung des | |
Psychoanalytikers Hartmut Kraft und es ist kein Zufall, dass hier auch | |
Arbeiten aus Blallas „gesunden“ Werkphasen und von „normalen“ Künstlern | |
hängen. Es ist Krafts erklärtes Ziel, die Outsider-Art in die Kunstwelt zu | |
integrieren, anstatt sie als Kuriosität am Rande mitlaufen zu sehen. Die | |
Ausstellung macht dann auch keinen Unterschied zwischen Menschen, die | |
fernab des Kunstbetriebs in Kliniken oder zu Hause arbeiten – und Profis | |
wie Gerhard Richter, Sigmar Polke oder Robert Rauschenberg. | |
Gehängt entlang einiger Oberthemen wie Sexualität, Religion oder | |
Architektur finden sich Künstler*innen in unterschiedlichsten | |
Lebensumständen. Und tatsächlich sind die Gemeinsamkeiten fast so | |
interessant wie die Arbeiten selbst. In der Abteilung „Bildern nach | |
Bildern“ fliegt es einem etwa geradezu um die Ohren, dass der seinerzeit | |
als Autist und Geisteskranker abqualifizierte Josef Wittlich bereits Anfang | |
der 1950er-Jahre im Grunde Pop-Art produziert hat und mit seiner naiven | |
Selfmade-Kunst tatsächlich noch der Avantgarde vorauseilte. | |
Der Sammler Hartmut Kraft ist ein ausgewiesener Kenner der Outsider-Art. | |
Sein inzwischen in der dritten Auflage im Deutschen Ärzte-Verlag | |
erscheinendes Buch „Grenzgänger zwischen Kunst und Psychiatrie“ gilt läng… | |
als Standardwerk. Lesenswert ist es auch, weil Kraft darin nicht nur die | |
theoretischen Zusammenhänge von Kunst, Krankheit und Therapie erarbeitet, | |
sondern auch viele der Künstler*innen vorstellt, die nun in der Ausstellung | |
zu sehen sind. | |
Kraft wirkt hier übrigens nicht zum ersten Mal. Er ist im Gegenteil ein | |
langjähriger Wegbegleiter der Bremer Kulturambulanz, hat für verschiedene | |
Ausstellungen Arbeiten verliehen – auch selbst Ausstellungen kuratiert. Am | |
kommenden Freitag wird er selbst in der Galerie vor Ort sein, um das Buch | |
und einige der Künstler*innen vorzustellen. | |
13 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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