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# taz.de -- Gesellschaftliche Fragen: Kunst um Leben und Tod
> In der Kultur-Ambulanz startet das Jahresprojekt „Leben“ mit einer
> Kunstausstellung: eine ästhetische Auseinandersetzung mit den Themen
> Leben und Tod
Bild: Aus der Ausstellung: "Kinderarzt" von Maina-Miriam Munsky (Ausschnitt)
Von Geburt und Tod als Grenzen des Lebens handelt die Ausstellung „Das A
und das O“, die am Sonntag in der Kultur-Ambulanz eröffnet wurde. Bis zum
4. Mai sind auf dem Gelände des Klinikums Ost Exponate zu sehen. Sie sollen
laut Kurator Achim Tischer einen „ästhetischen Zugang zu Grenzbereichen des
Lebens erschließen, die von Medizin und Wissenschaft rasend schnell
erweitert werden“.
Die Ausstellung ist Auftakt und Begleitung des Jahresprojekts „Leben“, zu
dem auch Vorträge und ein begleitendes Kulturprogramm gehören. In den
Veranstaltungen gehe es darum, mit Menschen, die beruflich in diesen
Grenzbereichen arbeiten, ins persönliche Gespräch zu kommen, so Karen
Matiszick, Leiterin der Unternehmenskommunikation des Klinikverbundes
Gesundheit Nord. „Richtige Tabuthemen sind das heute nicht mehr“, sagt sie,
aber viele Fragen des gesellschaftlichem Umgangs seien immer noch offen und
„im Alltag kaum zu klären“: Sterbezimmer in Klinken, die Fortschritte in
der Pränataldiagnostik oder auch Debatten um Sterbehilfe drängten in den
letzten Jahren verstärkt an die Oberfläche.
Im Zentrum der Ausstellung steht jedoch zunächst die künstlerische
Bearbeitung eines deutlichen älteren Werks: Der berühmte „Lübecker
Totentanz“ von 1463. Das Fries verbrannte 1942 während des Bombenangriffs
auf Lübeck. Es zeigt tanzende Skelette im Wechsel mit Geistlichen und
Adligen und steht mahnend für die Allgegenwart des Todes. Einen Bildband,
der eine Rekonstruktion des Wandbildes enthält, hat der Kunstsammler
Hartmut Kraft an 25 internationale Künstler geschickt und sie zur
Bearbeitung aufgefordert.
Die Ergebnisse sind nun in der Kultur-Ambulanz zu sehen und dokumentieren
die Verschiedenartigkeit der Zugänge und Aneignungen: Performancekünstler
haben das Buch zerstört, es verbrannt oder in verschiedenen Materialien
versiegelt – verweisen so auch auf die Bombardierung Lübecks. Der Bildhauer
Enrique Asensi hat es in einem Sarkophag bestattet, andere haben es Seite
für Seite übermalt.
Unter den Objekten ist auch ein Werk des 2006 verstorbenen Satirikers und
Zeichners Robert Gernhardt, dessen skizzenhafte Kohlezeichnung des
Totentanzes zu seiner letzte Arbeit wurde. Es war bereits schwer krank, als
er das morbide Bild ironisch nacharbeitete.
Die mittelalterliche Kunst wird hier aktuell. Die Interpretationen auf den
eigenen Lebensalltag zu übertragen, ist trotzdem nicht ganz einfach. Bilder
von Menschen an Schläuchen oder andere Darstellungen des modernen,
medizinisch begleiteten Todes gibt es nicht zu sehen.
Der Ausstellungsteil über die Geburt ist konkreter. Medizinische
Gerätschaften sind zu sehen: Ausrüstung von GeburtshelferInnen und ein vor
Jahrzehnten ausgemusterter Frauenarztstuhl bezeugen den Zugriff der Medizin
auf die Natur.
Auch die ausgestellten Kunstwerke sind greifbarer. So sind zum Beispiel
Zeichnungen von Maina-Miriam Munsky zu sehen, die Anfang der 1970er-Jahre
Geburtsszenen aus dem OP-Saal abbildete, wo die medizinische Maschinerie
und menschliche Körper aufeinandertreffen. Wie das Leben unter den
Bedingungen technischer Entwicklung zu bestimmen ist und welche ethischen
und medizinischen Probleme daran anschließen, soll auf den folgenden
Veranstaltungen thematisiert werden. Beginnen wird die Vortragsreihe am 12.
März. Dann sprechen der Biologe und Philosoph Frank Andreas Weber, Hebamme
Joanna Simm und Pränatalmediziner Armin Neumann über die Entstehung des
Lebens im Spiegel von Kulturphilosophie und medizinischer Praxis.
## Info:
2 Mar 2014
## AUTOREN
Jan-Paul Koopmann
## TAGS
zeitgenössische Fotografie
Psychiatrie
Hebammen
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