# taz.de -- Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen: Streit um DDR-Gedenken | |
> Im Umfeld der Gedenkstätte schwelt ein Konflikt um AfD-Unterwanderung. | |
> Der Förderverein reagiert – mit dem Ausschluss eines Kritikers. | |
Bild: Stephan Hilsberg droht der Ausschluss aus dem Förderverein der Gedenkst�… | |
BERLIN taz | „Zunächst einmal geht es doch darum, die Augen nicht mehr vor | |
dem Problem zu verschließen.“ Stephan Hilsberg, früherer DDR-Bürgerrechtler | |
und bis 2009 Mitglied des Bundestages für die SPD, hat keine Zweifel, woran | |
die Aufarbeitung des DDR-Unrechts im Moment krankt und wer da die Augen | |
verschließt. Als Schriftführer im Vorstand des Fördervereins der | |
Gedenkstätte Hohenschönhausen befindet er sich im Zentrum eines Konflikts | |
um die politische Ausrichtung der Gedenkarbeit – ein Konflikt an dessen | |
vorläufigem Ende ein Ausschlussantrag gegen Hilsberg steht, gestellt vom | |
Vorsitzenden des Vereins. | |
Im Juni hatte Hilsberg in einem offenen Brief an den Gedenkstättenleiter | |
Hubertus Knabe dessen Blindheit in Bezug auf eine AfD-Unterwanderung des | |
Fördervereins beklagt. Vorausgegangen war eine über fast zwei Jahre | |
dauernde Eskalation. Die hatte 2017 mit dem Aufnahmeantrag des Berliner | |
AfD-Chefs Georg Pazderski ihren ersten Höhepunkt. Der Vereinsvorsitzende | |
Jörg Kürschner, hatte sich für die Aufnahme stark gemacht. | |
Kürschners regelmäßige Autorenschaft für die Hauspostille der Neuen | |
Rechten, die Junge Freiheit, mag sich daneben fast wie eine Petitesse | |
ausnehmen. Als Jens Gieseke, Historiker und Beirat der | |
Gedenkstättenstiftung, im Mai diesen Jahres [1][gegenüber der Berliner | |
Zeitung] seiner Sorge über einen zunehmenden Einfluss der AfD auf die | |
Gedenkarbeit Ausdruck verlieh, brachen bei Kürschner jedoch alle Dämme. Er | |
brandmarkte die Kritik als „links-versifften Meinungsterror“. | |
Stephan Hilsberg sieht hier das Problem: nicht in der politischen | |
Einstellung einzelner Individuen aus dem Umfeld der Gedenkstätte, sondern | |
in der offenen Parteinahme für die AfD und der Übernahme ihrer Sprache. | |
Hilsberg selber, der für die Demokratie in der damaligen DDR kämpfte und | |
wesentlichen Anteil am Aufbau der Gedenkarbeit hat, musste sich wegen | |
seiner Kritik nun von Kürschner vorwerfen lassen, ihn wie bei einem | |
Stasiverhör zu behandeln. | |
## Stiftung auf Distanz | |
Das Feld freiwillig räumen will Stephan Hilsberg nicht. Zu wichtig ist ihm | |
die Arbeit an der Erinnerungskultur. „Die Aufgabe ist doch, Demokratie und | |
Debattenkultur zu stärken“, betont Hilsberg. Entsprechend wichtig sei es, | |
[2][dass die Aufarbeitungsszene klare Grenzen ziehe] und sich nicht | |
instrumentalisieren lasse. Der Ausschlussantrag schlage auf die Urheber | |
zurück, da sie versuchten, das Problem auf seine persönliche Mitgliedschaft | |
zu reduzieren, statt über den Einfluss der AfD zu reden. | |
Der Gedenkstättenleiter Hubertus Knabe sucht derweil Abstand zum | |
Förderverein. Auf Nachfrage erklärte die Pressestelle zum Ausschlussantrag | |
gegen Hilsberg: „Wir haben von der Angelegenheit auch nur aus den Medien | |
erfahren, da wir mit diesem privaten Verein die [3][Zusammenarbeit seit | |
Juni 2018 ausgesetzt] haben.“ Dieser „private Verein“ hat über die Jahre | |
große Summen zur Unterstützung der Gedenkstätte eingetrieben und einen Teil | |
der öffentlichen Wahrnehmung für dessen Arbeit bestimmt; personelle und | |
inhaltliche Überschneidungen sind lange gewachsen. Hilsberg urteilt | |
deshalb: „Hubertus Knabe versucht so zu tun, als seien das rein persönliche | |
Querelen, mit denen er nichts zu tun hat. Das aber ist ein vorgeschobenes | |
Manöver, um sich vor der politischen Auseinandersetzung zu drücken.“ | |
Über den Ausschlussantrag wird in den kommenden Wochen der Vereinsvorstand | |
befinden, die Gedenkstättenstiftung bleibt vorerst auf Distanz: „Eine | |
Wiederaufnahme der Zusammenarbeit ist gegenwärtig nicht geplant.“ | |
6 Aug 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berliner-zeitung.de/politik/holocaust-aeusserung-stasi-gedenkst… | |
[2] /Debatte-Aufarbeitung-von-SED-Unrecht/!5517911 | |
[3] /AfD-und-Diktaturgedenken/!5511676 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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