# taz.de -- Wirtschaftsforscherin zu US-Gas-Importen: „Energiewirtschaftlich … | |
> Flüssiggas aus Fracking macht die Europäische Union bei der | |
> Energieversorgung unabhängiger von Russland, sagt DIW-Forscherin Claudia | |
> Kemfert. | |
Bild: Kündigten jüngst mehr Flüssiggas-Importe an: US-Präsident Trump und E… | |
taz: Frau Kemfert, US-Präsident Trump und EU-Kommissionspräsident Juncker | |
wollen, dass amerikanische Firmen mehr Flüssiggas in die EU liefern. Warum | |
ausgerechnet Flüssiggas? | |
Claudia Kemfert: Präsident Trump ist sehr bemüht, die US-amerikanische | |
fossile Industrie zu stärken. Mit Fracking, mit dem Flüssiggas gewonnen | |
wird, werden Öl und Gas seit einiger Zeit deutlich stärker gefördert. Der | |
EU-Markt ist für die amerikanischen Exporteure attraktiv, weil die | |
Nachfrage hoch ist. Aber es gibt auch viele Konkurrenten. | |
Verfolgt der US-Präsident nur wirtschaftliche Ziele? | |
Trump vermischt permanent politische und ökonomische Interessen. Er will | |
zeigen, dass er der fossilen Energieindustrie in den USA alle Wege ebnet. | |
Bislang wird amerikanisches Flüssiggas vor allem in den asiatischen Markt | |
geliefert. Dort sind Bedarf und Preise gleichermaßen hoch. Der EU-Markt ist | |
aufgrund der hohen Nachfrage attraktiv. Allerdings gibt es auch viele | |
konkurrierende Importeure, etwa aus dem arabischen Raum, und auf den | |
internationalen Märkten ein Überangebot an Gas. Ob europäische | |
Gasunternehmen US-amerikanisches Gas kaufen, hängt also davon ab, wie | |
attraktiv die Angebote sind. Wie es in der freien Marktwirtschaft üblich | |
ist. Deswegen argumentiert Trump bei den Energieverhandlungen auch | |
politisch. Er fordert Bündnistreue gegenüber Russland und sabotiert die – | |
bei der fossilen Industrie verhassten – internationalen Klimaabkommen. | |
Gibt es in Europa Interessenten an Flüssiggas aus den USA? | |
Ja, durchaus. Der Gasmarkt wird immer dynamischer und flexibler. Zudem gibt | |
es immer mehr Energieunternehmen, die die Gasbezüge diversifizieren und von | |
russischen Gaslieferungen unabhängiger werden wollen. Es gibt jedoch viele | |
Anbieter. Und die USA sind noch nicht lange auf dem Markt: Bis vor Kurzem | |
waren sie noch Gas-Nettoimporteure. Erst vor wenigen Jahren wurde ein | |
Export-Terminal für Flüssiggas eröffnet, und erst kürzlich wurde ein | |
weiterer Terminal fertiggestellt. Der braucht Abnehmer. | |
Genug Aufnahmekapazitäten Marktbeobachter sagen, Flüssiggas aus den USA sei | |
zu teuer. | |
Bisher war dem so, allerdings sinken derzeit die Preise aufgrund des | |
Überangebots und des künftig obendrein sinkenden Bedarfs. Zudem | |
funktionieren Energiemärkte langfristig, Lieferverträge wurden oftmals über | |
lange Zeiträume geschlossen. Auch Gaslieferungen über Pipelines sind nicht | |
unbedingt dauerhaft preiswert. Das Projekt Nord Stream II zum Beispiel | |
lohnt sich nur bei hohen Preisen über einen Zeitraum von mehreren | |
Jahrzehnten. | |
Flüssiggas aus den USA kommt per Schiff. Gibt es hierzulande die | |
Infrastruktur für die Annahme? | |
Es gibt keinen Mangel an Infrastruktur, im Gegenteil: Im Moment gibt es in | |
Europa ein Überangebot an Terminals, an denen auch amerikanisches | |
Flüssiggas anlanden könnte. Viele sind derzeit nicht ausgelastet. Immer | |
mehr EU-Länder bauen gezielt Terminals. In Deutschland hat man sich nicht | |
zum Bau eines Terminals in Wilhelmshaven entschlossen. Trotz über | |
40-jähriger immer wiederkehrender Diskussionen setzt man noch immer auf den | |
Bau direkter Pipelines nach Russland. Und dies, obwohl es den Zielen der | |
EU-Energieunion widerspricht. In Brunsbüttel soll wohl dennoch nun ein | |
Terminal gebaut werden. Doch Deutschland könnte jederzeit über andere | |
Terminals Flüssiggas aus den USA beziehen, zum Beispiel aus Rotterdam. | |
Ist es gut oder schlecht, amerikanisches Flüssiggas zu importieren? | |
Mehr Flüssiggas zu importieren ist grundsätzlich gesehen kein Nachteil. | |
Energieimporte in Europa zu diversifizieren bedeutet, unabhängiger von | |
Russlands Gaslieferungen zu werden. Aber: Das amerikanische Flüssiggas wird | |
mittels Fracking gefördert. Fracking hat negative Auswirkungen auf die | |
Umwelt, weswegen viele EU-Länder darauf verzichten. Energiewirtschaftlich | |
ist Flüssiggas sinnvoll, aber mit Flüssiggas aus den USA importieren wir | |
indirekt auch amerikanische Umweltschäden. | |
Wäre es aus ökologischen Gründen also besser, ganz auf Flüssiggas aus den | |
USA zu verzichten? | |
Alle reden von drohenden Handelskriegen. Die Energiekriege sind aber schon | |
längst im Gange. Die beste Antwort darauf ist die konsequente Umsetzung der | |
Energiewende. Wenn wir die Klimaziele von Paris ernst nehmen, müssen wir | |
bis 2040 weitgehend auf fossile Energien verzichten. Das gelingt nur, wenn | |
wir die Wirtschaft vollständig dekarbonisieren. So wird auch der Gasbedarf | |
immer weiter zurückgehen. Das macht uns stärker bei Import-Verhandlungen | |
und politisch wie ökonomisch unabhängiger. Es geht also nicht um Verzicht, | |
sondern um langfristig kluge Energiepolitik. | |
1 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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