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# taz.de -- England erreicht das WM-Viertelfinale: Jetzt ist alles möglich
> England gewinnt nach Jahren wieder ein Elfmeterschießen bei einer WM. Der
> Abend in Moskau wird als Wendepunkt in die Geschichte eingehen.
Bild: Wenn es ihnen möglich ist, ein Elfmeterschießen zu gewinnen, warum dann…
Moskau taz | So plötzlich kann man Zeitzeuge eines besonderen historischen
Ereignisses werden. Minuten zuvor glaubten man noch, bedauernswerter Zeuge
eines bedauernswerten Fußballspiels gewesen zu sein.
Zwei quälende Stunden ereignete sich im Spartak-Stadion von Moskau
eigentlich nichts, was von sonderlicher Bedeutung gewesen wäre. Die vielen
Aufregungen, Proteste, versteckten Fouls, Aggressionen, Gereiztheiten, all
das stand in keinem Verhältnis zu dieser an Höhepunkten so bettelarmen
Partie, in der beide Teams ihre Energien darauf verwendeten, bloß nicht zu
verlieren.
Doch nach dem Schlusspfiff des WM-Achtelfinale gegen Kolumbien konnten die
Engländer die Bedeutung dieses Spiels nicht hoch genug veranschlagen.
Trainer Southgate blickte auf Jahrzehnte der Enttäuschung zurück, in denen
die treuen englischen Fans dem Team zur Seite gestanden hatten, und blickte
weit nach vorn: „Der heutige Tag wird den kommenden Generationen den
Glauben geben, unserem Beispiel folgen zu können.“
Um dieses merkwürdige Spiel und seine so fundamental weitreichend
veranschlagten Folgen zu begreifen, kommt man um den religiösen
Zentralbegriff der Erlösung nicht herum. [1][Das englische Team hatte doch
tatsächlich ein Elfmeterschießen gewonnen]. Etwas, was viele schon aufgrund
historischer Fakten als ein Ding der Unmöglichkeit betrachtet haben. In der
WM-Geschichte waren die Engländer bei jedem Elfmeterschießen (1990, 1998
und 2006) gescheitert. Und auch bei Europameisterschaften ist die Bilanz
negativ.
So hörten sich die Worte von Southgate schon fast nach einer messianischen
Botschaft an seine Landsleute an: „Im Leben müssen wir daran glauben, was
möglich ist und uns nicht von der Geschichte oder Erwartungen von außen
behindern lassen.“Und er verriet: „Wir waren entspannt und haben unsere
Scherze darüber gemacht.“
Das ist ein cleverer Ansatz: sich einfach dem Rest der Welt anzuschließen
und herzhaft über sich selbst und die schlechten Statistiken in der
Vergangenheit zu lachen. Das können nicht viele. Freilich hat man die
Angelegenheit auch mit einem gewissen Ernst verfolgt. Viele Experten halten
Elfmeterschießen ja für eine Glückssache. Die Erfahrung hat die Engländer
jedoch gelehrt, dass man so wenig Glück eigentlich gar nicht haben kann.
## Ein Wendepunkt in der Fußball-Geschichte Englands
Fleißige Studien haben sie deshalb in den letzten Monaten angestellt und
das mentale Training forciert. Maßnahmen, die als Erfolg gewertet werden
können. Vom Fehlschützen Jordan Henderson abgesehen war die Präzision und
Sicherheit der anderen beeindruckend. Soutgate lobte: „Sie haben gemacht,
was wir besprochen haben. Die Ausführung war exzellent.“
Man ahnt, was dieses Erlebnis von Moskau alles auslösen könnte. Wenn es
sogar möglich ist, ein Elfmeterschießen zu gewinnen, warum sollten die
Engländer dann nicht auch gleich noch die Weltmeisterschaft gewinnen.
Begünstigend kommt schließlich hinzu, dass man frühstens im Finale auf
Teams wie Frankreich oder Brasilien treffen würde. Diese Partie am
Dienstagabend hatte aufgrund der Verlängerung zwar jede Menge Energie
gekostet, aber Southgate wollte der Rechnung, dass das historische
Erfolgserlebnis möglicherweise mehr Kräfte freigemacht als verbraucht hat,
nicht grundsätzlich widersprechen.
Im Erfolgsfalle, das ist jetzt schon klar, wird der Abend von Moskau als
Wendepunkt in die Geschichte eingehen. Southgate erzählte, er habe mit dem
Team schon viel darüber gesprochen, dass man Historisches erreichen könne.
Gewinnt die Mannschaft am Samstag in Samara gegen Schweden, fehlen nur noch
zwei weitere Erfolge.
Auch jenseits des überwundenen Traumas vom Elfmeterpunkt gibt es einige
Gründe, die für England sprechen. Die Stabilität in der Defensive, die
Grundvoraussetzung eines jeden Titelgewinns, ist beeindruckend. Erst gegen
Ende der regulären Spielzeit kamen die Kolumbianer überhaupt zu Torchancen.
Von herben Rückschlägen wie dem späten Ausgleichtstor durch Yerry Mina in
der Nachspielzeit, lässt sich dieses Team nur kurzzeitig irritieren.
Und selbst wenn nach vorn wenig gelingt, kann sich die Mannschaft stets auf
Harry Kane verlassen, der bereits sechs WM-Tore erzielt hat. Dem ist
übrigens so nebenbei auch ein historischer Rekord gelungen. Mit seinem
Elfmetertreffer in der 57. Minute hatte er zum sechsten Mal in Folge für
England ein Tor erzielt. Das war vor 79 Jahren zuletzt Tommy Lawton
gelungen. Aber angesichts des überwundenen Traumas im abschließenden
Elfmeterschießen, war das nur eine Randnotiz.
4 Jul 2018
## LINKS
[1] /Achtelfinale-Kolumbien--England/!5518896
## AUTOREN
Johannes Kopp
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