| # taz.de -- Kroatien erreicht WM-Achtelfinale: „Wir Kroaten sind stark “ | |
| > Wut auf Modric, Jubel über Modric, dann ans nächste Spiel denken, im | |
| > Hintergrund Feuerwerk. So erlebt das kroatischen Slatine das | |
| > Achtelfinale. | |
| Bild: Zweiter Elfmeter: getroffen. Luka Modric jubelt – in Kroatien gibt's Fe… | |
| Slatine/Split taz | Eigentlich gibt es ja keinen Grund an diesem Abend so | |
| sorgenvoll zu schauen. Allein schon der Blick vom Hafen von Slatine – einem | |
| Dorf auf der Insel Ciovo – auf das gegenüber liegende Festland mit dem hell | |
| erleuchteten Hafen von Split müsste doch die Stimmung von Amira, die aus | |
| Bosnien stammt, heben. | |
| Aber die ältere Frau blickt weiterhin skeptisch auf die zahlreichen | |
| Besucher, die sich in den Hafenbars und Restaurants von Slatine drängen, um | |
| [1][das Spiel der Spiele, das Achtelfinale der Weltmeisterschaft], an den | |
| hier aufgestellten Bildschirmen mitzuerleben. Sie habe Angst vor | |
| nationalistischen Ausbrüchen, verrät sie schließlich. | |
| Für die meisten jungen Kroaten ist schon vor dem Spiel klar, wer da als | |
| Sieger vom Platz gehen wird. Der 16-jährige Davor, der im Angesicht des | |
| Strandes und der Silhouette der Stadt Split den Motor seines Mopeds | |
| aufheulen lässt, hat keine Zweifel. „Wir Kroaten sind stark und schlagen | |
| alle Gegner. “ Ein etwas mitleidiges Lächeln huscht über sein Gesicht, als | |
| er an dem Akzent erkennt, dass der Frager ein Deutscher ist. „Wir sind die | |
| besten, wir sind die Nummer 1 in der Welt,“ schreien lachend seine noch | |
| jüngeren Begleiterinnen ins Mikrofon. | |
| In den Restaurants geht es etwas ruhiger zu. Denn die meisten Besucher sind | |
| Touristen. Das junge Paar mit den kleinen Kindern, die bereitwillig einen | |
| Platz an ihrem Tisch für den Reporter freimachen, sind Tschechen, am | |
| Nebentisch unterhalten sich die Gäste auf ungarisch, weiter hinten auf | |
| polnisch. Sie schauen gelangweilt auf den Bildschirm, als das Spiel | |
| angepfiffen wird. | |
| ## Sprache verschlagen, dann herumhüpfen | |
| Nur der ältere Mann, der an der Seite sitzt und dessen tief gefurchtes | |
| Gesicht verrät, dass er wie viele Dorfbewohner als Matrose zur See gefahren | |
| ist, fiebert gleich mit. Er ist jedoch enttäuscht, dass die Dorfbevölkerung | |
| nicht zum Hafen gekommen ist. „Kannst du dich noch erinnern, vor 20 Jahren, | |
| 1998, als wir ins Semifinale kamen, da war das ganze Dorf hier am | |
| Hafen....“ Weiter kommt er nicht. Das erste Tor ist gefallen. Für die | |
| Dänen. „Na so was, das gibt es doch nicht.“ Den Jungs und Mädels draußen | |
| hat es die Sprache verschlagen. Doch gleich springen sie auf und hüpfen um | |
| das Moped herum. Mandzukic hat das 1:1 gemacht. | |
| Die Touristen jedoch blicken entspannt auf den Bildschirm. Alle stammen ja | |
| aus Ländern, die schon ausgeschieden sind oder nicht einmal die | |
| Qualifikation geschafft haben. Kurz vor der Pause ist es an der Zeit, den | |
| Ort zu wechseln und den Berg hinauf zum alten Dorf und dort zur Kaffeebar | |
| Macak zu gehen. Immerhin sind hier keine Touristen zu sehen. Aber es gibt | |
| noch viel Platz vor dem Riesenbildschirm. Nur Mate, der Koch, ist da, zwei | |
| Kellner, drei weitere Nachbarn. Mate hat zur Feier des Tages ein | |
| kroatisches Trikot mit den Rautenmustern angezogen. Sie nehmen wieder ihre | |
| Plätze ein. | |
| Das Spiel geht weiter. Amira wundert sich. „Die gucken alle allein zu Hause | |
| das Spiel an.“ In Bosnien hätten die Leute jetzt ihre Tische nach draußen | |
| gebracht und würden die Nachbarn einladen, und aus dem Fernsehgucken eine | |
| Fete machen. Doch langsam füllt sich der Raum. Auch ein paar Frauen kommen. | |
| Die Verlängerung droht. Das kroatische Team ist nicht in der Lage, ein Tor | |
| zu schießen. Die Dänen sind gefährlicher, murmelt sogar Mate. | |
| ## Modric trifft – in der Ferne Feuerwerk | |
| In der Verlängerung könnte die Entscheidung fallen. Elfmeter für Kroatien. | |
| Als Modric verschiesst, kann es Maria kaum fassen. Die ehemalige | |
| Gastarbeiterin ist richtig sauer. „Modric versaut uns die | |
| Weltmeisterschaft,“ ruft sie empört. Und ist erst dann wieder mit dem | |
| Weltstar aus Madrid versöhnt, nachdem der Gescholtene [2][beim | |
| Elfmeterschießen getroffen hat]. Mate, Ante und die anderen Nachbarn liegen | |
| sich nach dem Sieg in den Armen. In der Ferne, über dem Meer, in Split, | |
| böllert ein Feuerwerk. | |
| Alle sind glücklich. Nur der Wirt nicht. Niemand will jetzt im Alkohol | |
| versinken. Mate bestellt seinen zweiten Espresso, auch die anderen bleiben | |
| nüchtern. Hier auf der Insel, im Dorf Slatine, denkt man schon ans nächste | |
| Spiel. Dann geht es gegen Russland. Niemand ist ausgeflippt, niemand hat | |
| aggressive Sprüche losgelassen. | |
| Amira blickt zwar nicht mehr so besorgt wie anfänglich um sich. Hier im | |
| Dorf ist eigentlich alles ruhig geblieben. Doch sie bleibt skeptisch. | |
| „Begeisterung kann sich schnell in Aggression umwandeln. Viele bosnische | |
| Kroaten sind radikal, mal sehen, was die heute noch in meinem Land | |
| gegenüber Serben und Bosniaken anstellen.“ | |
| 2 Jul 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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