# taz.de -- Belgien erreicht das WM-Viertelfinale: Sie wollen es unbedingt | |
> Belgien gelingt ein Wunder: Sie drehen den 0:2-Rückstand und machen einen | |
> Konter, der auch Fußballbanausen ins Schwärmen bringt. | |
Bild: Jubel, ja. Aber Freudentränen gab es keine. Warum auch? Es geht weiter i… | |
Reden wir über das Wollen. Wer es mehr will, der gewinnt. So einfach wird | |
im Fußball manchmal Unerklärliches erklärt. Der unbedingte Siegeswille sei | |
es gewesen, [1][der seinem Team das 3:2 in der Nachspielzeit ermöglicht | |
habe], meinte Belgiens Trainer Roberto Martínez nach dem Sieg gegen Japan | |
in einer magischen Nacht von Rostow. Es war ein Konter von gespenstischer | |
Perfektion, der den Belgiern in der 4. Minute der Nachspielzeit den Sieg | |
eingetragen hat, nachdem sie bis zur 65. Minute mit 0:2 zurückgelegen | |
hatten. | |
Wollten die Japaner nicht mehr? Doch, sie wollten es genauso wie die | |
Belgier. Genau deshalb haben sie verloren. Sie, die nun wahrlich nicht die | |
Favoriten waren in diesem Spiel, legten es nicht darauf an, irgendwie in | |
die Verlängerung zu kommen. Sie wollten mit aller Macht gewinnen und | |
schlugen trotz körperlicher Unterlegenheit eine Ecke als Flanke vor das | |
Tor. Es hätte die letzte Flanke des Spiels sein können, die letzte Chance | |
vor dem Abpfiff. | |
Sie wollten es unbedingt. Genau deshalb haben sie verloren. Nur weil die | |
Japaner unbedingt gewinnen wollten, ist es zu diesem belgischen Konter | |
gekommen, der – wenn sie denn die Bilder davon sehen – auch die größten | |
Fußballbanausen einfach ins Schwärmen bringen muss, so schön war er. | |
Torwart Thibaut Courtois, der die Flanke fängt und den Ball zu Kevin De | |
Bruyne rollt, als wisse er genau, was jetzt folgt. Der Spielmacher, der den | |
Ball bis zehn Meter hinter der Mittellinie treibt. Der Stürmer Romelu | |
Lukaku, der sich schon einmal dahin bewegt, wo er sich am wohlsten fühlt, | |
ins Sturmzentrum, um so Platz zu schaffen für den mitgelaufenen Thomas | |
Meunier. | |
Der Außenverteidiger, der auch nach mehr als 90 Minuten noch in der Lage | |
ist in hohem Tempo nach vorne zu sprinten und sich als Anspielstation | |
anzubieten. Der perfekte Pass auf ihn. Das Auge von Lukaku, der sieht, dass | |
hinter ihm Sturmkollege Nacer Chadli viel einfacher zum Abschluss kommen | |
kann als er und der zeigt, wie schön es sein kann, wenn einer mal den Ball | |
nicht spielt. Und am Ende das einfache Tor nach einem millimetergenauen | |
Zuspiel. Wer da nicht in die Knie geht, hat Fußball nie geliebt. Zehn | |
Sekunden für die Ewigkeit. Belgier jubeln, Japaner weinen – das ganz große | |
Fußballkino. | |
## „Wir haben noch drei Spiele“ | |
Solche Tore kann nur eine wahre Mannschaft erzielen. Das ist es, worüber | |
wir reden sollten! Den Belgiern scheint es endlich gelungen zu sein, ihr | |
Zusammenspiel zu optimierern. Das hat nicht ausgesehen wie eine | |
Nationalmannschaft mit ein paar Könnern, die irgendwie zusammenspielen, und | |
weil sie es so gut können, kommt entsteht daraus auch schon mal schöner | |
Fußball. Nein, da weiß jeder, was er zu tun hat, oder eben nicht zu tun | |
hat, wie Lukaku in der allerletzten Minute des Spiels. | |
Man hatte den Eindruck, da spiele eine Klubmannschaft, so eingespielt sah | |
das schon aus, bevor die Japaner in Führung gegangen sind. Und das fast | |
schon verrückte ist: auch als Japan durch einen Fernschuss von Inui mit 2:0 | |
in Führung gegangen ist, hatte man das Gefühl, dass Belgien noch nicht | |
verloren war. Zwar hat Martínez gewiss zu recht den Charakter seiner | |
Mannschaft gelobt, er hat aber auch betont, wie oft es seinen fünf | |
Angriffsspielern gelungen sei Chancen zu kreieren. | |
In der Tat hat es Belgien geschafft, aus dem Ballbesitz heraus immer wieder | |
Tempo zu entwickeln. Geht doch, möchte man denen zurufen, die das Ende des | |
Ballbesitzfußballs herbeireden. Vor 48 Jahren ist es zum letzten Mal | |
passiert, dass eine Mannschaft in einem K.-o.-Spiel einen 0:2-Rückstand | |
gedreht hat. In Mexiko ist das den deutschen gegen England gelungen. Auch | |
beim sogenannten Wunder von Bern anno dominini 1954, dem 3:2 Deutschen | |
gegen Ungarn, war es so. | |
Doch von Wunder sprach an diesem Abend niemand. Es war so, als sei den | |
Belgiern der verdiente Lohn für ihr Spiel zuteil geworden. Entsprechend | |
schnell waren die Spieler nach dem Schlusspfiff wieder zurück auf dem | |
Boden. Keine Freudentränen. Warum auch? Es geht weiter im Turnier. Am | |
Freitag in Kasan steht das Spiel gegen Brasilien an. | |
„Mal sehen, wie es aussieht, wenn wir mal nicht der Favorit sind“, meinte | |
der überragende Kevin De Bruyne mit der Gelassenheit dessen, der weiß, was | |
sein Team kann. Für ihn ist das Viertelfinale eh nur eine Durchgangstation. | |
„Wir haben noch drei Spiele“, meinte er. Aha! Da will es einer unbedingt – | |
womit wir wieder beim Thema Wollen wären. | |
3 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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