# taz.de -- AfD vor dem Parteitag: National-sozial vs. national-liberal | |
> Auf dem Parteitag treffen fundamental unterschiedliche Ideen von Renten- | |
> und Sozialpolitik aufeinander. Zudem gibt es Streit ums Thema Stiftung. | |
Bild: Vor dem AfD-Parteitag in Augsburg formiert sich schon Protest | |
Berlin taz | AfD-Chef Jörg Meuthen wirft in seinen Reden gern mit | |
populistischen Bildern um sich. Das vom „links-rot-grün versifften | |
68er-Deutschland“ kommt in der radikal rechten Partei besonders gut an. | |
Aber wenn Meuthen am Samstag zu Beginn des Bundesparteitags in der | |
Augsburger Messe spricht, soll es inhaltlich werden. Meuthen plane eine | |
rentenpolitische Grundsatzrede, hört man aus der Partei. | |
Fragt man Meuthen selbst, will er es so hoch nicht hängen. Doch klar ist: | |
Der AfD-Chef will der parteiinternen Rentendiskussion seinen Stempel | |
aufdrücken. Und damit für die AnhängerInnen einer wirtschaftsliberalen | |
Sozialpolitik ein Stückchen der parteiinternen Stammtischhoheit | |
zurückgewinnen. Denn die liegt derzeit beim [1][völkisch-nationalistischen | |
Flügel] um den Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke, mit dem | |
Meuthen sonst auch gern mal gemeinsame Sache macht. | |
Höcke und der Thüringer Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl haben vor knapp | |
drei Wochen das Rentenkonzept der Thüringer AfD-Fraktion vorgestellt. Nicht | |
in Erfurt, sondern in Berlin. Das sorgt für mehr Aufmerksamkeit und | |
verdeutlicht nebenbei den bundespolitischen Anspruch. Bei der Rente machen | |
Höcke und Pohl sozialpolitisch auf links: Sie fordern eine Anhebung des | |
Rentenniveaus, den Ausbau zu einer Bürgerversicherung – dass also auch | |
Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen – und | |
staatliche Zuschläge für kleine Renten. Allerdings, und da sind sie wieder | |
ganz rechts, sollen diese Zuschläge nur Deutsche bekommen. Der Hintergrund: | |
Altersarmut dürfte im kommenden Jahr ein großes Thema in | |
Landtagswahlkämpfen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg werden. | |
## Konflikt mit Höcke | |
Meuthen hält von all dem nichts. Wo Höcke und Pohl mehr Staat und weniger | |
private Vorsorge wollen, will der AfD-Chef das Gegenteil. „Auch bei der | |
Rente sollten die Menschen vor allem in Eigenverantwortung handeln“, sagt | |
er. Der Staat solle sich um die kümmern, die dazu selbst nicht in der Lage | |
seien. Auch will Meuthen nicht „noch mehr Menschen in ein Rentensystem | |
zwingen, das nicht mehr funktioniert“. Das klingt nach Konflikt mit Höcke | |
und Co., aber auch nach einem grundsätzlichen Kurswechsel im Rentensystem. | |
In der AfD steht eine Diskussion über die Themen Rente und Sozialpolitik | |
an. Die Partei hat dazu bislang kein abgestimmtes Programm. Und das aus | |
gutem Grund: Die Ansichten in der Partei, aber auch unter den WählerInnen, | |
liegen fundamental auseinander. Es geht um eine Grundsatzentscheidung: Will | |
die AfD wie der Front National in Frankreich einen national-sozialen Kurs | |
einschlagen? Oder soll doch noch etwas von den national-liberalen Ideen der | |
Anfangszeit gerettet werden? In der Partei kursieren bereits verschiedene | |
Papiere, weitere werden geschrieben, es wird verhandelt, sich in Stellung | |
gebracht. | |
Eine Diskussion soll es in Augsburg nicht geben. Nach Meuthens Rede steht | |
die Wahl von Richtern für das Bundesschiedsgericht auf der Tagesordnung, so | |
sieht es Tagesordnungspunkt 9 vor. Zum Showdown kommt es vermutlich erst im | |
kommenden Jahr. Höcke und seine Anhänger haben einen Sonderparteitag zum | |
Thema beantragt. | |
Das zweite große Thema unter den gut 600 Delegierten wird die Frage sein, | |
ob die AfD eine [2][parteinahe Stiftung] einrichten will – und ob dies die | |
Desiderius-Erasmus-Stiftung sein soll, die von der ehemaligen | |
CDU-Politikerin Erika Steinbach geleitet wird, oder die Konkurrenz mit dem | |
Namen des ehemaligen national-liberalen Reichskanzlers Gustav Stresemann. | |
Der Parteivorstand hat sich nach erbittertem Streit für einen Kompromiss | |
ausgesprochen, der beide Stiftungen zusammen führt. Auch weil unklar ist, | |
ob der Name Stresemann rechtlich überhaupt zu halten ist. Es gibt aber auch | |
viele Stimmen in der Partei, die eine Stiftung grundsätzlich ablehnen. | |
Hatte man denen, die bei der AfD so gern „Altparteien“ genannt werden, | |
nicht vorgeworfen, sich damit Steuergelder unter den Nagel zu reißen? | |
29 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Hoecke-die-AfD-und-ihre-Sozialpolitik/!5478015 | |
[2] /Streit-um-parteinahe-Stitungen-bei-AfD/!5504243 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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