# taz.de -- Neues Berliner Literaturfestival: Abseits des Etablierten | |
> Das Festival „Urban Dictionary – Berlin New York“ bespielt vom 8. bis 1… | |
> Juli erstmals die Kunstorte der Stadt mit Literatur und mehr aus beiden | |
> Metropolen. | |
Bild: Gibt was zum besten beim „Urban Dictionary – Berlin New York“: Lyri… | |
Am schönsten ist es in Berlin ja, wenn die anderen in den Sommerferien | |
sind. Es gibt mehr Platz auf der Wiese im Freibad, weniger Autos auf den | |
Straßen und sogar in der U8 mal freie Sitzplätze. Und während die großen | |
Veranstaltungsorte der Hochkultur ihre Pause nehmen, schlägt die große | |
Stunde der kleineren Festivals. Eines, das sich die Stadt als solche schon | |
auf die Fahne geschrieben hat, findet von diesem bis zum nächsten | |
Wochenende erstmals statt: das [1][Urban Dictionary – Berlin New York | |
Literature Festival] tritt selbstbewusst in künstlerische Beziehung mit der | |
ungleich größeren Metropole am Hudson River. | |
Die [2][Berliner Literarische Aktion] mit ihrem umtriebigen Vorsitzenden, | |
dem Autor Martin Jankowski, hat das Festival ins Leben gerufen. Als | |
Kuratorin sitzt die Autorin Julia Kissina prominent mit im Boot – das will | |
etwas heißen, zeigt es doch an, dass Urban Dictionary weit mehr sein will | |
als ein reines Literaturfestival. | |
Denn die in Kiew geborene, in Moskau sozialisierte und in München studierte | |
Kissina ist als bildende Künstlerin/Schriftstellerin/Fotografin gleichsam | |
die künstlerische Multidisziplinarität in Personalunion. Und so kommen auch | |
die am Festival beteiligten KünstlerInnen nicht nur aus vielen | |
verschiedenen Himmelsrichtungen (mit derzeitigen Schwerpunkten eben in | |
Berlin oder New York), sondern ebenso aus verschiedenen künstlerischen | |
Bereichen. Dementsprechend divers fällt die Bandbreite der Veranstaltungen | |
aus. | |
Julia Kissina und Martin Jankowski werden gemeinsam durch den | |
Eröffnungsabend am Sonntag im Haus der Kulturen der Welt moderieren. Die | |
amerikanischen Autorinnen Idra Novey und Chavisa Woods sind dort ab 18 Uhr | |
zur Lesung geladen, ebenso wie der Lyriker Bert Papenfuß (siehe Foto), | |
Urgestein der Berliner urbanen (ehemals: Underground-)Literaturszene. Fürs | |
Interdisziplinäre sorgt der in Berlin lebende Amerikaner, Sänger und | |
Pianist Sean Haefeli mit seinem Trio. | |
## Eher etwas unübliche Locations | |
Wer sich während der kommenden Woche nichts Schöneres denken kann, als | |
allabendlich und -nachmittäglich einem international besetzten [3][Lesungs- | |
und Performanceprogramm] beizuwohnen, hat die Möglichkeit, einen | |
Festivalpass zu erwerben (was sich angesichts des humanen Preisniveaus der | |
Einzeltickets aber nur lohnt, wenn man wirklich überall hingeht), der zum | |
Besuch aller 17 Veranstaltungen berechtigt. Wer also die Gelegenheit | |
wahrnähme, dort überall präsent zu sein, bekäme nicht nur viele neue | |
Einblicke in künstlerisches Schaffen dies- und jenseits des Atlantiks, | |
sondern auch in Veranstaltungsräume etwas abseits des etablierten | |
Literaturbetriebs. | |
Das Besondere an Urban Dictionary ist u. a., dass das Festival an eher | |
etwas unübliche Locations geht. Bereits über die Wahl der Orte markiert man | |
damit selbstbewusst die Schnittstellen zwischen den künstlerischen | |
Disziplinen. Zahlreiche Kreuzberger Institutionen sind beteiligt (siehe | |
Kasten). Zum Festivalende hin verlagert sich das Geschehen in den Wedding: | |
Die Werkhalle Wiesenburg ist hier als Veranstaltungsort zu entdecken, in | |
welcher am kommenden Samstag eine Performance, ein Gespräch und eine Lesung | |
stattfinden. | |
Mit dem Abschlussabend, der am Sonntag in Konkurrenz – oder als | |
Gegenprogramm – zum Endspiel der [4][Fußball-WM] stattfindet, bespielt man | |
das silent green in der Gerichtstraße. Für alle, die gern eine gesellige | |
Alternative zum Public Viewing hätten: Da liest zuerst Helmut Krausser aus | |
„Geschehnisse während der Weltmeisterschaft“ (hat rein gar nichts mit | |
Fußball zu tun), dann zeigt die Künstlerin Sophia Petrides ihren Soundfilm | |
„breathing with the room“, und zum Grande Finale des Festivals gibt es | |
zweisprachige Lesungen mit William Cody Maher, Jeremy M. Davies und Monika | |
Rinck – „Künstlerische Energien werden neu verlinkt, Stadt-, Sprach- und | |
Genregrenzen werden in Zeiten gesellschaftlicher Driften aufgehoben“, | |
versprechen die FestivalmacherInnen uns auf ihrer Website. | |
Das ist eine schöne Verheißung. Mal gucken, ob’s hier schon mal stimmt. | |
8 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://nyb-festival.de/ | |
[2] https://berliner-literarische-aktion.de/ | |
[3] https://nyb-festival.de/ | |
[4] /WM-Favorit-Belgien/!5519087/ | |
## AUTOREN | |
Katharina Granzin | |
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