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# taz.de -- Kolumne Macht: Kaninchen, überall Kaninchen
> Angst vor der AfD, Angst vor Donald Trump. Wieso bloß ist die SPD nicht
> stolz auf ihren Widerstand? Und warum sagt niemand Trump offen die
> Meinung?
Bild: Kaninchen, regunglos in Stuttgart. Es hat Angst vor Schlangen.
Am Ende ist herausgekommen, was am Ende immer heraus kommt: Die SPD hat
nachgegeben. „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten.“ Manche Sätze
veralten nie.
Sollte die SPD-Spitze diese Einschätzung ungerecht finden, dann wäre das
verständlich. Denn tatsächlich ist es ihr gelungen, im Koalitionsstreit
über das Asylrecht die Pläne der Unionsparteien so zu verwässern, dass das
Ergebnis für Hilfesuchende jetzt weniger schlimm ist als noch vor wenigen
Tagen zu befürchten war. Das könnte die SPD durchaus als Erfolg verbuchen –
wenn sie denn wollte. Aber sie will eben nicht. Genau da liegt das Problem.
Bloß niemanden verärgern, nur nicht den Eindruck erwecken, man wolle für
das Menschenrecht auf Asyl kämpfen. Sonst wechseln noch mehr Stammwähler
zur AfD. So das kurzsichtige Kalkül.
Dabei bewirkt doch allein schon die Bereitschaft, über die Aushöhlung des
Asylrechts zu verhandeln, genau das, was alle demokratischen Parteien
eigentlich verhindern wollen: Zulauf zu den Rechtsradikalen. Der Streit der
letzten Wochen hat nämlich den Eindruck erweckt, es gebe derzeit eine
dramatische Lage an Deutschlands Grenzen. Davon kann keine Rede sein. Aber
der Eindruck genügt, um jenen Kräften in die Hände zu spielen, für die
jeder einzelne Geflüchtete einer zu viel ist.
Es geht in der Politik eben nie nur um unbestreitbare Zahlen und Fakten,
sondern auch und vor allem um deren Interpretation. Modisch: um die
Deutungshoheit. Und je verwirrender die Weltlage ist, desto wichtiger wird
diese Deutungshoheit.
Niemand weiß das besser als US-Präsident Donald Trump. Mehr als 3.200
Falschaussagen hat ihm die Washington Post seit seinem Amtsantritt
nachgewiesen. Na und? Er hält sich an den alten Ratschlag „Nich´ mal
ignorieren“ und fabuliert weiter.
Die Besorgnis in europäischen Nato-Kreisen wächst, dass Trump den Gipfel
des Militärbündnisses in der nächsten Woche mit einem ähnlichen Eklat zu
Ende gehen lassen wird wie vor wenigen Wochen das Treffen der G7-Staaten.
Warum sagt eigentlich von den erwachsenen Politikerinnen und Politikern,
die es ja durchaus noch gibt, niemand je: Na und? Weil sie Angst haben vor
einer aufgeregten Debatte über die Tragfähigkeit der transatlantischen
Beziehungen. Und das führt wozu? Erraten. Zu genau jener Debatte.
Übrigens trifft es zu, dass die Nato-Verbündeten der USA ihre
Selbstverpflichtungen hinsichtlich der Erhöhung ihrer Wehretats nicht
einhalten. Wenn Trump das sagt, dann lügt er nicht. Aber es gibt Gründe
dafür. Über die könnte ja auch mal geredet werden – offen. Macht man das
nicht so unter Freunden?
## Drohnen aus Ramstein
Es wäre beispielsweise schön, wenn irgend jemand dem Präsidenten der
Vereinigten Staaten erklärte, dass die US-Stützpunkte in Deutschland
derzeit weniger im deutschen als im Interesse der USA liegen. Von Ramstein
aus werden Kampfdrohnen-Einsätze gegen – unter anderem – den Irak,
Afghanistan, Somalia und Jemen geplant und gesteuert. Dient das unserem
Schutz? Nein. Dient es geostrategischen Zielen der Regierung in Washington?
Ja.
Alle wissen es, niemand sagt es. Ein paar hundert Kaninchen –
Regierungschefinnen, Staatspräsidenten, Fraktionsvorsitzende – sitzen vor
einigen wenigen Schlangen. Erstarrt vor Schreck.
Die Kaninchen sollten sich endlich auf ihre gemeinsame Stärke besinnen.
Donald Trump sagen, was sie von seinem aufgeblasenen Gehabe halten. Der AfD
auch inhaltlich und nicht nur formal Paroli bieten. Jedes Mittel nutzen,
das der EU gegen Rechtspopulisten zur Verfügung steht. Was haben die
Kaninchen denn noch zu verlieren? Außer ihrer Schreckstarre? Nichts. Etwas
Besseres als den Tod finden sie überall.
7 Jul 2018
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
Rechter Populismus
Donald Trump
Nato
Krise der Demokratie
Gesundheitspolitik
Donald Trump
Donald Trump
Schwerpunkt Angela Merkel
Schwerpunkt Flucht
Russland
Schwerpunkt Rassismus
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