# taz.de -- Waffenkontrollen durch Bundespolizei: „Junge Männer“ im Visier | |
> Die Bundespolizei ermächtigt sich selbst, schärfer an bestimmten | |
> S-Bahnhöfen zu kontrollieren – auch ohne Verdachtsmomente. | |
Bild: Tatort S-Bahn: Bahnsteig am S-Bahnhof Alexanderplatz | |
Wer am Wochenende mit der S-Bahn zwischen den Bahnhöfen Alexanderplatz und | |
Lichtenberg unterwegs war und dabei zufällig einen Schraubenzieher in der | |
Tasche hatte, musste sich im Zweifel gut erklären können. In den Nächten zu | |
Samstag und Sonntag galt auf dieser Strecke jeweils von 20 Uhr bis 6 Uhr | |
morgens ein komplettes Verbot von Waffen und gefährlichen Gegenständen – | |
vom Taschenmesser bis zum Schraubendreher. Es handelt sich um eine zunächst | |
einmalige Maßnahme. | |
Die Bundespolizei, die für die S-Bahnhöfe zuständig ist, ermöglichte sich | |
diese Aktion selbst mit einer sogenannten Ordnungsverfügung: JedeR konnte | |
so kontrolliert werden, auch ohne konkreten Verdachtsmoment. | |
Eine Behördensprecherin begründete die verschärften Kontrollen mit einem | |
generell größer werdenden Gewaltproblem insbesondere in den Bahnhöfen. | |
Dabei nehme nicht unbedingt die Anzahl der Vorfälle zu, wohl aber deren | |
Intensität: Waffen und Werkzeuge spielten zunehmend eine Rolle, | |
entsprechend nehme auch die Schwere der Verletzungen bei den Opfern zu. Das | |
gelte insbesondere für den Abschnitt zwischen Lichtenberg und | |
Alexanderplatz. Bisher hatte es vergleichbare Aktionen nur „anlassbezogen“ | |
bei größeren Veranstaltungen in der Stadt gegeben. | |
Insgesamt 870 Menschen wurden in den zwei Nächten kontrolliert, die | |
Zielgruppe seien vor allem „junge Männer“ gewesen. Entschieden habe man | |
aber immer „im Einzelfall“, so die Behördensprecherin. Der Handwerker habe | |
seinen Schraubendreher im Zweifel ebenso behalten dürfen wie die Studentin | |
auf dem Heimweg vom Club ihr Pfefferspray. | |
Insgesamt 91 Straftaten hätten die 180 BeamtInnen registriert – der | |
Großteil seien Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gewesen. Gegen das | |
polizeilich erweiterte Waffenverbot sei dagegen lediglich 24 mal verstoßen | |
worden. Die Bundespolizei wertete das am Sonntag als Erfolg: Offenbar sei | |
man mit der Aktion, die man unter anderem in den sozialen Medien publik | |
gemacht hatte, „gut durchgedrungen.“ | |
## Keine Vergleichszahlen | |
Wie aussagekräftig dieser behauptete „Abschreckungseffekt“ tatsächlich is… | |
bleibt aber unklar: Vergleichszahlen, wie viele Körperverletzungsdelikte | |
mit „gefährlichen Gegenständen“ sonst an einem gewöhnlichen Wochenende a… | |
der Strecke registriert werden, gab es zunächst nicht. | |
Der innenpolitische Sprecher der Berliner Linksfraktion, Hakan Taș, | |
kritisierte die zunächst einmalige Aktion scharf. „Die Linke ist gegen | |
verschärfte Kontrollen, die die Bewegungsfreiheit der Menschen weiter | |
einschränken und nichts bringen“, sagte Taș am Sonntag der taz. | |
Misstrauisch mache ihn vor allem die Fokussierung der Polizei auf junge | |
Männer: „Da fehlt noch der Zusatz, auch wenn die Bundespolizei das nicht | |
zugibt: Junge Männer, die nicht deutsch aussehen.“ | |
Taș kündigte an, sich am Montag bei Reach Out und anderen | |
Opferberatungsstellen umhören zu wollen, „ob Betroffene, die sich | |
rassistisch diskriminiert gefühlt haben, dort Meldung gemacht haben.“ | |
## Grüne signalisieren Zustimmung | |
Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux sagte hingegen, er halte temporäre, | |
verschärfte Kontrollen an gefährlichen Orten für grundsätzlich sinnvoll. Ob | |
sie tatsächlich einen Abschreckungseffekt hätten, müsse man sehen. „Dafür | |
war die Aktion zu begrenzt.“ | |
24 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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