# taz.de -- AfD schließt Medien aus: Die Presse möge bitte jetzt gehen | |
> Die AfD hat entschieden, dass sie auch in Zukunft Journalist*innen von | |
> Parteitagen ausschließen kann. Dürfen die das überhaupt? | |
Bild: Bald nicht mehr? Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland im Interview | |
Das Verhältnis der AfD zur Presse ist paradox. Einerseits liegt der Partei | |
als politischer Außenseiterin viel daran, möglichst oft in den Nachrichten | |
vorzukommen. Andererseits pflegt sie einen offenen Antagonismus zu „den | |
Medien“. Auf ihrem Bundesparteitag in Augsburg am Sonntag hat die AfD nun | |
entschieden, dass die Presse von Parteitagen ausgeschlossen werden kann, | |
wenn die Mehrheit der Delegierten das wünscht. | |
Laut Geschäftsordnung sind die Parteitage zwar öffentlich, auf Antrag | |
können aber Journalist*innen künftig vor Teildebatten, etwa zu | |
Personalfragen, rausgeschickt werden. Nun stellt sich die Frage, ob | |
Pressevertreter*innen einen Anspruch auf Berichterstattung haben. | |
Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Frank Überall, | |
kritisiert dem Beschluss und sagte dem Handelsblatt: „Ich schließe nicht | |
aus, dass das ein Fall für die Gerichte wird.“ Diese Forderung, rechtlich | |
gegen Presseausschlüsse der AfD vorzugehen, ist nicht neu. Schon seit | |
Langem sorgt die rechte Partei immer wieder mit Presseausschlüssen für | |
Aufsehen – bisher fand dies vereinzelt in Landesverbänden statt. | |
Im Juni 2016 schloss der Nordrhein-Westfälische Landesverband die Presse | |
von seinem Parteitag in Werl aus. Im Januar 2017 beschloss der | |
Landesparteitag der sächsischen AfD vor Ort mit großer Mehrheit, einen | |
Redakteur der Sächsischen Zeitung des Saals zu verweisen. Der Reporter habe | |
„Hetzartikel“ verfasst, so die Begründung. Laut einem dpa-Bericht wurde der | |
Journalist unter Beifall nach draußen eskortiert. | |
## Parteienfinanzierung streichen | |
Zuletzt ging die Hamburger AfD vor einigen Wochen so weit, einen Parteitag | |
ganz und gar ohne Ankündigung abzuhalten. Der Landesvorsitzende, Dirk | |
Nockemann, sagte dem Hamburger Abendblatt, man werde in Zukunft von Fall zu | |
Fall entscheiden, ob man die Presse einlädt. | |
Entrüstet äußerte sich daraufhin der Bezirksvorsitzende des DGB Nord, Uwe | |
Polkaehn, gegenüber der dpa und forderte, einer Partei, die „die | |
Pressefreiheit mit Füßen tritt“, die Parteienfinanzierung zu streichen. | |
Aber gibt es überhaupt eine rechtliche Grundlage dafür, die Partei für ihr | |
Vorgehen zu sanktionieren? Ist sie verpflichtet, Journalist*innen | |
reinzulassen? | |
Einige Verfassungsrechtler*innen [1][verweisen bei dieser Frage] gerne auf | |
Artikel 21 des Grundgesetzes, wonach Parteien verpflichtet sind, an der | |
politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Für die Staats- und | |
Medienrechtlerin Sophie Schönberger, Professorin an der Uni Konstanz ist | |
die Sache hingegen nicht ganz so klar. | |
„Das Problem ist, dass Parteien keine staatlichen Akteure sind“, sagte | |
Schönberger der taz. „Parteien sind private Vereinigungen und haben deshalb | |
erst einmal relativ frei über den internen Bereich zu entscheiden, solange | |
es keinen anderen Vorschriften gibt.“ Allein der Ausschluss einzelner | |
Journalist*innen aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder vergleichbaren | |
Merkmalen, sei etwa wegen des Antidiskriminierungsgesetz untersagt. | |
## Öffentlichkeit ohne Journalist*innen | |
„Der Gesetzgeber könnte eine solche Verpflichtung schaffen“, sagt | |
Schönberger. „Bisher gab es aber nie eine Notwendigkeit für eine | |
entsprechende gesetzliche Regelung, weil jede Partei froh war, wenn die | |
Presse über sie berichtet hat.“ Das Problem tritt also nicht alleine | |
Aufgrund der AfD auf, sondern stellt sich auch, weil sich die Art und Weise | |
verändert, wie Öffentlichkeit hergestellt wird. | |
Politische Akteur*innen sind nicht mehr darauf angewiesen, mit der Presse | |
zu sprechen. Sie können über eigene Kanäle senden – soziale Medien, | |
Livestreams, Internetfernsehen. Dass die Presse ihren Anspruch formulieren | |
muss, überhaupt in den Willensbildungsprozess einbezogen zu werden, ist in | |
dieser Form neu. | |
Der DJV fordert daher eine Änderung des Parteiengesetzes. | |
Pressevertreter*innen sollen einen Rechtsanspruch darauf haben, zu | |
Parteitagen zugelassen zu werden. Der Verband hat den Bundestag | |
aufgefordert, eine solche Reform auf den Weg zu bringen. | |
Eine gegenteilige Idee gibt es auch. Die Presse könnte AfD-Parteitage in | |
Zukunft einfach geschlossen boykottieren, schlug Funke-Chefredakteur Jörg | |
Quoos noch Anfang 2017 vor. Getraut hat sich das bisher aber noch keiner. | |
3 Jul 2018 | |
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[1] https://verfassungsblog.de/author/joachim-wieland/ | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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