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# taz.de -- Konflikt in Zentralnigeria: Neuer Krieg testet alten Präsidenten
> Eskalierende Gewalt in Nigeria stürzt Staatschef Buhari kurz vor einer
> möglichen zweiten Amtszeit in ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Bild: Der 75-jährige Präsident Nigerias, Muhammadu Buhari, lässt Kritik an s…
Nach der Ermordung von mehr als 200 Menschen durch Milizen am vergangenen
Wochenende nimmt in Nigeria der Druck auf Präsident Muhammadu Buhari zu.
Der Vorwurf: Er tue zu wenig für die Sicherheit. Seit Jahresbeginn sind
durch bewaffnete Übergriffe in Nigeria mehr als 1.000 Menschen ums Leben
gekommen, die Mehrzahl im neuen Konflikt zwischen Milizen des
Fulani-Hirtenvolkes und Bauernvölkern im zentralnigerianischen Middle Belt.
Der 75-jährige Präsident lässt Kritik an sich abprallen. Nachdem er am
Dienstag in den Bundesstaat Plateau reiste, Schauplatz der jüngsten
Gewaltakte, sagte Buhari, er sei in der Lage, die
Sicherheitsherausforderungen zu bewältigen. Schließlich habe er die
Schwierigkeiten bereits vor seiner Wahl zum Präsidenten gekannt. Und er
lobte sich selbst: „Niemand kann sagen, wir hätten es in puncto Sicherheit
nicht gut gemacht. Wir haben das beste getan und können jetzt nur beten.“
Das ist eine Rhetorik, die sich auf Regierungsebene seit Tagen fortsetzt.
Am Mittwochabend betonte auch Parlamentssprecher Yakubu Dogara, Buhari habe
genügend Maßnahmen eingeleitet. Nach einem Treffen der beiden mit
Senatspräsident Bukola Saraki heißt es nun jedoch, dass der
Sicherheitsapparat reformiert werde. Details des neuen „Sicherheitsplans“
sind bisher nicht bekannt. Parallel dazu soll es zu ersten Verhaftungen
gekommen sein, die mit dem Massaker vom Samstagabend in Verbindung stehen
könnten.
Das ist überfällig. [1][Im Februar 2019 tritt Buhari zur Wiederwahl an.]
Zeit, etwas gegen die [2][Gewalt im Middle Belt] zu tun, hatte er
reichlich. Schon zum Jahreswechsel 2016/2017 klagten Bewohner im Süden des
Bundesstaates Kaduna über eine Welle der Gewalt. Im Januar 2018
demonstrierten im Bundesstaat Benue erstmals zahlreiche Bewohner gegen
Gewalt und sorgten für landesweite Aufmerksamkeit.
## Verlorene Sympathien
Als dort vor gut fünf Wochen eine Trauerfeier für zwei Priester stattfand,
die im April während eines Gottesdienstes erschossen worden waren, befand
sich unter den 10.000 Gästen auch Vizepräsident Yemi Osinbajo, der
einigermaßen hilflos wirkte und nicht mehr als Floskeln mitgebracht hatte.
In Benin City, Provinzhauptstadt des Bundesstaates Edo im Südwesten des
Landes, ist Präsident Buharis Bild nur noch auf einem einzigen großen
Plakat zu sehen. Das hängt am Gebäude seiner Unterstützergruppe. Doch vor
Ort lässt niemand ein gutes Wort an ihm. Dabei war Buhari, ein muslimischer
Fulani aus Nigerias Norden, 2015 nur an die Macht gekommen, weil es seiner
Partei APC (All Progressives Congress) gelungen war, auch im christlichen
Süden zahlreiche Stimmen zu gewinnen. In Benue erhielt Buhari sogar die
Mehrheit.
Diese Sympathien hat er jetzt verloren. Anders als die [3][Anschläge der
Terrorgruppe Boko Haram] wird die aktuelle Krise als eine angesehen, die
ganz Nigeria betrifft. Als Boko Haram im Nordosten wütete, galt das in
anderen Landesteilen als ein fernes lokales Problem. Nun verlaufen die
Ausschreitungen jedoch entlang der porösen Linie zwischen Nord- und
Südnigeria, zwischen dem muslimischen und dem christlichen Landesteil.
Im christlichen Süden werden sie mitunter als religiöser Kampf um die
Vorherrschaft im Land interpretiert. Dazu kommt die wirtschaftliche
Stagnation im ganzen Land. Der Middle Belt ist Nigerias Kornkammer.
28 Jun 2018
## LINKS
[1] /NotTooYoungToRun-Aktion-in-Nigeria/!5494682
[2] /Muslime-gegen-Christen-in-Nigeria/!5509023
[3] /Terroranschlaege-in-Nigeria/!5502482
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Nigeria
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