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# taz.de -- Vor Nigerias Wahljahr: Leise rieseln die Naira-Scheine
> Nigerias Opposition bringt sich für die Wahlen 2019 in Stellung. Es geht
> um Parlamentssitze, um die Nachfolge des Präsidenten – und um sehr viel
> Geld.
Bild: In der Mitte: Seyi Makinde, Bewerber für die PDP-Kandidatur zur Gouverne…
Abuja taz | Vor der Zentrale der größten nigerianischen Oppositionspartei
PDP (Peoples Democratic Party) harren täglich Hunderte Menschen in der
Sonne aus. Kein Ort in Nigerias Hauptstadt ist derzeit so gut besucht. Die
Leute warten, dass jemand das Gebäude mit einer dünnen Aktenmappe unter dem
Arm verlässt. In dieser versteckt sich höchstwahrscheinlich ein Formular
für die Vorwahlen um Abgeordneten-, Senats- oder Gouverneursposten oder um
die begehrte Präsidentschaftskandidatur – vergeben werden die Plätze
parteiintern am 5. und 6. Oktober, die eigentliche Wahl findet im Februar
2019 statt.
Wer so ein Formular gekauft hat, wird von Dutzenden Frauen bestürmt.
Selfies werden geknipst. Viel wichtiger aber sind die abgegriffenen braunen
1.000-Naira-Scheine, die anschließend durch die Luft wirbeln. 1.000 Naira
sind zwar nur etwa 2,50 Euro, aber es ist Nigerias größter Geldschein.
Aspiranten auf Gouverneursplätze karren ihre Unterstützerinnen in Bussen
an. Die Frauen tragen neue, maßgeschneiderte Kleider aus demselben Stoff.
Manche Kandidaten lassen Vorwahlkampfsongs aus knarzenden Lautsprechern
plärren.
PDP-Lokalpolitikerin Maimuna Washima nickt zufrieden. „So machen wir das
mit unseren politischen Anführern“, erläutert sie. „Wir feiern sie,
wünschen ihnen alles Gute und beten für sie.“ Dass dabei Geld fließt, sei
völlig normal. „Wenn jemand aus meinem Landkreis kandidiert und ich ihn
begleite, muss er mir doch zumindest den Transport bezahlen. Das ist doch
kein Verbrechen.“
Solche Ausgaben sind gut angelegt. Im Ölstaat Nigeria ist fast nichts so
lukrativ wie Politik. Schon Senatoren verdienen einem Bericht zufolge
jährlich 1,7 Millionen US-Dollar.
## Ambitionen auf das höchste Staatsamt
Die größten Summen fließen derzeit drinnen im PDP-Sitz. Allein das Formular
für die Präsidentschaftskandidatur kostet 10 Millionen Naira (umgerechnet
knapp 24.000 Euro), plus weitere zwei Millionen, mit denen Kandidaten
zuerst ihr Interesse bekunden. Wer die Vorwahlen gewinnt, muss dann noch
viel mehr Geld bei der Wahlkommission hinterlegen, um zur Wahl anzutreten.
Organisationen der Zivilgesellschaft fordern, die hohen Summen zu
unterbinden und Kandidaturen nicht vom Geld abhängig zu machen.
Im ersten Stock des Vorwahlkampfbüros von Präsidentschaftsanwärter Ibrahim
Dankwambo organisiert Ayoade Adewopo ein Treffen nach dem nächsten. Die
meisten Räume des vierstöckigen Gebäudes sind leer, Arbeiter haben
angefangen, roten Teppich auszulegen. Dankwambo, Gouverneur des
Bundesstaates Gombe, erklärte Anfang August seine Ambitionen auf das
höchste Staatsamt.
Sein Wahlkampfleiter Adewopo hat nun alle Hände voll zu tun, um die
PDP-Delegierten, die den endgültigen Herausforderer von Amtsinhaber
Muhammadu Buhari (APC, All Progressives Congress) bestimmen werden, zu
gewinnen. Dass sich alles ums Geld dreht, weist er von sich. „Mit dieser
Summe erreicht man in Nigeria doch nichts. Damit kann man später doch nicht
einmal die Flugzeuge betanken. Und es wandert auch nicht in private
Taschen.“
Dass die Vorwahl umkämpft ist, liegt laut Adewopo daran, dass die PDP – sie
regierte Nigeria von 1999 bis zu Buharis Sieg 2015 – „die schöne Braut“
geworden sei. Ihre Chancen stehen gut, den 75-jährigen Buhari, der kraftlos
wirkt und oft zu medizinischer Behandlung in London weilt, abzulösen.
Scharenweise sind Figuren seiner Partei zur PDP gewechselt. Buharis
Wahlversprechen von 2015, Sicherheit zu schaffen, die Korruption zu
bekämpfen und die Wirtschaft zu stärken, gelten vielerorts als nicht
erfüllt.
Als aussichtsreich innerhalb der PDP gilt der 71-jährige Atiku Abubakar,
1999–2007 Vizepräsident, der zu den wohlhabendsten Nigerianern gehört. Wie
er geben sich viele Mitbewerber – wie Senatspräsident Bukola Saraki, dessen
Vorgänger David Mark oder der ehemalige Gouverneur von Kano, Rabiu
Kwankwaso – nicht mit Stellvertreterposten zufrieden. Bei öffentlichen
Auftritten im ganzen Land werben sie für sich.
Maimuna Washima weiß genau, wen sie wählen würde. „Atiku Abubakar
natürlich“, sagt sie. „Das gute an den vielen Bewerbern ist doch, dass sie
Atiku letztendlich alle unterstützen werden.“
24 Sep 2018
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Nigeria
Muhammadu Buhari
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