# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Mexiko: Der einzig saubere Kandidat | |
> In seinem dritten Anlauf will der Linke Andrés Manuel López endlich | |
> Präsident werden. Umfragen bescheinigen ihm jetzt die größten Chancen. | |
Bild: Präsidentschaftskandidat Andrés Manuel López Obrador, genannt AMLO | |
MEXIKO-STADT taz | Erst das Ende der kolonialen Abhängigkeit, dann die | |
Revolution und jetzt Andrés Manuel López Obrador. So erklärt es Mexikos | |
linker Präsidentschaftskandidat auf seinen Veranstaltungen. Der 64-Jährige | |
lässt keinen Zweifel daran, dass Mexiko einen historischen Wandel erleben | |
wird, wenn er am Sonntag zum Staatschef gewählt wird. Tatsächich deutet | |
alles darauf, dass er die Wahl gewinnen wird. | |
Umfragen versprechen dem Kandidaten der Morena-Partei mindestens 50 Prozent | |
der Stimmen, fast doppelt soviel wie seinem konservativer Rivalen Ricardo | |
Anaya. Abgeschlagen auf Platz drei liegt José Antonio Meade, der für die | |
derzeit regierende Ex-Staatspartei PRI antritt. | |
Der Morena-Kandidat führe so klar aus drei Gründen, sagt der Soziologe | |
Alvaro Arreola von der Nationaluniversität UNAM in Mexiko-Stadt: „Das | |
Scheitern des PRI-Präsidenten Enrique Peña Nieto, die Bündnispolitik López | |
Obradors sowie die Tatsache, dass er nie in Korruptionsskandale verwickelt | |
war.“ | |
Die Bilanz des scheidenden Staatschefs Peña Nieto ist verheerend: Die Armut | |
ist in seiner Amtszeit gestiegen, das Bruttosozialprodukt kaum gewachsen. | |
Die Gewalt nahm weiter zu. Hinrichtungen zwischen Kriminellen, politische | |
Morde und das Verschwinden von Menschen sind alltäglich. Kriminelle | |
Kartelle kontrollieren viele Regionen. | |
## „Viele schätzen seine Ehrlichkeit“ | |
Häufig sind PRI-Politiker in korrupte Strukturen eingebunden. Zwölf | |
Gouverneure der PRI sollen Geld hinterzogen, mit dem organisierten | |
Verbrechen kooperiert oder Schmiergeld kassiert haben. Sieben von ihnen | |
sitzen im Gefängnis, andere sind flüchtig. | |
Nur 19 Prozent wollen laut Umfragen Meade wählen. Auch gegen den | |
PAN-Politiker Anaya, der für das Mitte-rechts-Bündnis „Mexiko nach vorn“ | |
antritt, wird wegen Geldwäsche ermittelt. López Obrador, so der | |
Sozialwissenschaftler Arreola, sei der einzig saubere Kandidat. „Viele | |
schätzen seine Ehrlichkeit und Ehrenhaftigkeit.“ | |
Geld interessiere ihn nicht, behauptet der Morena-Kandidat, den alle nach | |
seinen Insignien nur AMLO nennen: „Ich kann ohne moralische Autorität nicht | |
gegen Korruption vorgehen.“ | |
López Obrador verspricht viel: Jeder Rentner werde 140 Euro monatlich | |
erhalten, jeder jugendliche Arbeitslose 100 Euro, alle würden einen Platz | |
an der Universität bekommen können. Der Benzinpreis werde nicht weiter | |
steigen und Bauern erhielten Preisgarantien für ihre Produkte. | |
## Großzügige Versprechen | |
Das alles will er ohne Steuererhöhungen erreichen. Dafür sollen die | |
Gehälter politischer Funktionäre gesenkt und die hohen Zahlungen an frühere | |
hohe Amtsträger wie etwa einstiger Präsidenten gestrichen werden. | |
Der Kampf gegen die „Mafia an der Macht“ soll das nötige Geld für die | |
Sozialpolitik einbringen. „Wenn wir die Korruption beenden, nutzen wir das | |
gewonnene Geld, um Arbeitsplätze zu schaffen“, verkündet er. Wer genug zu | |
essen habe, müsse sich nicht auf die Drogenmafia einlassen: „Die | |
menschlichste und effektivste Art, das Problem der Unsicherheit und der | |
Gewalt anzugehen, ist die Bekämpfung der Armut.“ | |
Viele Linke bezweifeln jedoch, dass AMLO seine Ziele erreichen kann. Morena | |
tritt mit dem Bündnis „Gemeinsam schreiben wir Geschichte“ an, dem auch die | |
konservativ-evangelikale PES angehört. Die Partei ist gegen | |
gleichgeschlechtliche Partnerschaften und gegen Abtreibungen. | |
In der Kritik stehen auch seine Kooperationen mit alten PRI-Politikern. | |
López Obrador blickt selbst auf eine Karriere in der PRI zurück, hat diese | |
aber 1988 verlassen. Nun kooperiert er etwa mit Elba Esther Gordillo. Die | |
frühere Chefin der Lehrergewerkschaft SNTE saß fünf Jahre im Gefängnis, | |
weil sie Millionengelder hinterzogen hat. | |
## Skepsis ist angebracht | |
Der Unternehmer Alfonso Romo soll das politische Projekt von López Obrador | |
koordinieren. „Wie soll es so eine grundsätzliche Transformation geben“, | |
fragt sich Luis Hernandez von der linken Zeitung La Jornada. Das | |
neoliberale Modell werde AMLO sicher nicht infrage stellen. | |
Dennoch mobilisieren Unternehmer gegen ihn. Firmen, die von den PRI- und | |
PAN-Regierungen große Aufträge erhalten, rufen ihre Mitarbeiter auf, den | |
Politiker nicht zu wählen. | |
Doch steigen die Umfragewerte für AMLO weiter an. Dabei kämpft er schon zum | |
dritten Mal um das Präsidentenamt. 2006, ist AMLO überzeugt, sei er nur | |
durch Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden. | |
Auch jetzt dürften wieder Stimmen gekauft und Urnen ausgetauscht werden. | |
Zudem wird die PRI die Mitglieder ihr nahestehender Basisorganisationen und | |
Gewerkschaften nötigen, sie zu wählen. | |
Trotzdem ist der Linkskandidat optimistisch. 2006 lag er mit seinem | |
Konkurrenten fast gleichauf. Jetzt führt er so deutlich, dass der Betrug | |
sehr massiv sein müsste, um das Ergebnis zu beeinflussen. | |
29 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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