# taz.de -- Mexiko vor der Wahl im Juli: Drogengangs ermorden Kandidaten | |
> Seit Beginn der Wahlperiode 2017 starben in Mexiko 47 Kandidaten | |
> gewaltsam. Kriminelle wollen zukünftige Bürgermeister kontrollieren. | |
Bild: Bürgerwehr gegen Gangs: In Guerrero setzt sich die Bevölkerung eigenmä… | |
OAXACA taz | Zuletzt traf es Fernando Ángeles Juárez. Der 64-jährige | |
Bürgermeisterkandidat wollte sich gerade auf den Weg zu einer | |
Wahlveranstaltung machen, als mehrere bewaffnete Männer am Donnerstag in | |
sein Haus eindrangen und ihn erschossen. Zwölf Stunden zuvor tötete ein | |
Killerkommando Omar Gomez Lucatero. Auch er wollte Stadtvorsteher werden, | |
und auch er war wie Ángeles offensichtlich den Kriminellen im mexikanischen | |
Bundesstaat Michoacán ein Dorn im Auge. | |
Es ist Wahlkampf in Mexiko. Kein Tag vergeht, an dem nicht Amtsanwärter und | |
deren Unterstützer bedroht, angegriffen oder ermordet werden. Mit Juárez | |
und Lucatero steigt die Liste der Menschen, die seit der Eröffnung der | |
Wahlperiode im September 2017 gewaltsam gestorben sind, auf 121 Opfer an. | |
47 waren für ein Amt angetreten. | |
Eine Woche, bevor am 1. Juli in Mexiko ein neuer Präsident, acht | |
Gouverneure sowie zahlreiche Abgeordnete und Bürgermeister gewählt werden, | |
hat die Eskalation damit einen historischen Rekord erreicht. Die Zahl der | |
Toten hat sich vervierfacht, seit die Mexikaner 2015 das letzte Mal zu den | |
Urnen gegangen sind. | |
„Der aktuelle Wahlprozess ist in erster Linie von Gewalt geprägt“, | |
kritisierte die Vorsitzende des mexikanischen Wahlgerichts, Janine Madeline | |
Otálora. In Teilen des Landes würden die Kriminellen entscheiden, wer auf | |
dem Wahlzettel stehe und wer nicht. Die Angriffe finden vor allem in | |
kleineren Städten armer Bundesstaaten statt, in denen Banden des | |
organisierten Verbrechens das Sagen haben: Oaxaca, Guerrero, Michoacán. | |
Betroffen sind meist Bürgermeister und andere örtliche Amtsträger. | |
Die Kriminellen müssen diese Behörden und damit die Polizei kontrollieren, | |
um ungestört Drogen zu transportieren, Schutzgeld zu kassieren oder illegal | |
Edelmetall abzubauen. Wer ihnen in die Quere kommen könnte, wird | |
kaltgestellt. So wohl auch Ángeles Juárez, der in seinem Wahlkampf | |
Michoacán angekündigt hatte, mit den „korrupten Behörden“ Schluss zu | |
machen. Ebenso kann es Politiker treffen, die für konkurrierende Banden | |
arbeiten. | |
## Eher sterben als die Wahl gewinnen | |
80 Prozent der Opfer gehören Parteien an, die in den jeweiligen Regionen | |
zur Opposition zählten. Parteipolitisch lassen sich die Angriffe jedoch | |
nicht zuordnen. Während Ángeles Juárez für eine bürgerlich-konservative | |
Allianz kandidierte, starben in Guerrero Aktivisten der ehemaligen | |
Staatspartei PRI. In Oaxaca stürmten vor wenigen Tagen bewaffnete Männer | |
mit Macheten und Pistolen das Haus der Abgeordneten Nancy Benítez, die für | |
das linke Bündnis Morena ins Rennen geht. Sie hätten ihr gedroht, sie werde | |
eher sterben als die Wahl gewinnen, berichtet Benítez. | |
Auch Mitarbeiter der Nationalen Wahlbehörde (INE) stehen unter dem Druck | |
krimineller Organisationen. „Sie haben uns klargemacht, dass sie nicht | |
wollen, dass wir in bestimmten Orten Schulungen durchführen“, sagt | |
Dagoberto Santos, der für die INE in Guerrero arbeitet. Zudem hätten die | |
Banden vorgeschrieben, zu welchen Zeiten sie in ihren Büros arbeiten | |
dürfen. | |
Nach INE-Angaben haben bereits 1.029 Amtsanwärter wegen der gewalttätigen | |
Verhältnisse ihre Kandidatur zurückgezogen. Eine indigene Gemeinde, die den | |
Bürgermeisterkandidaten Ángeles Juárez unterstützte, zieht andere | |
Konsequenzen: Sie forderte die Behörden auf, die Täter zur Verantwortung zu | |
ziehen. Sollte das nicht geschehen, werde man die Mörder selbst aufgreifen | |
und töten. | |
24 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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