| # taz.de -- Portrait Mexikos Wahlsieger: AMLO, der Hoffnungsträger | |
| > Beim dritten Anlauf wird Andrés Manuel López Obrador zum Präsidenten | |
| > Mexikos gewählt. Er ist der Kandidat der Deklassierten, die auf Wandel | |
| > bauen. | |
| Bild: Kritiker, die mit AMLO gearbeitet haben, bescheinigen ihm einem autoritä… | |
| Mexiko-Stadt taz | Der konservativ-liberale Kommentator Enrique Krauze, | |
| Feindbild aller mexikanischen Linken, [1][nannte ihn einmal] den | |
| „tropischen Messias“, er selbst vergleicht sich gerne mit den historischen | |
| Helden seines Landes. Etwa mit Benito Juárez, jenem Reformer aus dem 19. | |
| Jahrhundert, der sich für einen laizistischen Staat einsetzte und den von | |
| Napoleon zum Kaiser Mexikos ernannten Habsburger Maximilian I hinrichten | |
| ließ. | |
| Kleine Brötchen wollte Andrés Manuel López Obrador, kurz AMLO, nie backen. | |
| 1988 verließ er die ehemalige Staatspartei PRI und gründete mit anderen | |
| Abtrünnigen die linke PRD. Drei Jahre lang saß er der Partei vor, um sich | |
| ab 2000 als Bürgermeister von Mexiko-Stadt einen guten Namen zu machen: | |
| Er führte Lebensmittelgutscheine für bedürftige Alte ein, gründete eine | |
| neue Universität und lockte Investoren an. Unter seiner Regierung wurde das | |
| Zentrum der Hauptstadt mit Unterstützung von Mexikos reichstem Mann, Carlos | |
| Slim, gentrifiziert. | |
| Schon damals bestand also kein Grund, eine sozialistische Revolution zu | |
| befürchten. Dennoch gab es offensichtlich starke Kräfte, die den Linken | |
| nicht im höchsten Staatsamt sehen wollten. Vieles spricht dafür, dass er | |
| als Präsidentschaftskandidat 2006 durch Wahlbetrug um seinen Sieg gebracht | |
| wurde. Hunderttausende seiner Anhänger gingen damals auf die Straße und | |
| forderten, die Urnen erneut auszuzählen – allerdings ohne Erfolg. Auch 2012 | |
| konnte der Linke nicht punkten. Damals setzte sich der PRI-Politiker | |
| Enrique Peña Nieto durch. | |
| ## Seltsame Koalitionen, autoritärer Führungsstil | |
| Beim dritten Anlauf sollte es nun endlich klappen. Doch AMLO ist nicht mehr | |
| der risikofreudige Politiker, der seine Gegner herausfordert, als wären | |
| Wahlen persönliche Wettbewerbe. Längst hat auch er, ganz die alte | |
| PRI-Schule, vor allem das Ziel, an die Macht zu kommen. Dafür koaliert er | |
| mit Fundamentalisten der evangelikalen Partei PES und alten PRI-Kadern, die | |
| der Partei einst wegen des neoliberalen Kurses den Rücken kehrten. | |
| Kritiker, die mit ihm gearbeitet haben, bescheinigen ihm einem autoritären | |
| Führungsstil. Sein Vorteil: Im Gegensatz zu seinen Gegnern der PRI und der | |
| konservativen PAN hat er eine reine Weste. Er gilt als ehrlich. „Geld | |
| interessiert mich nicht, ich kämpfe für Prinzipien und Ideale“, sagt er. | |
| Viele nehmen ihm das ab. | |
| Freilich sind zahlreiche seiner Parolen leere Wahlversprechen, darin | |
| unterscheidet er sich nicht von seinen Konkurrenten. Er selbst dürfte kaum | |
| ernst nehmen, dass er innerhalb von drei Jahren mit der Korruption Schluss | |
| macht – in einem Land, in dem korrupte Strukturen tief in die Gesellschaft | |
| eingeschrieben sind. | |
| Und auch er weiß genau, dass seine sozialen Versprechungen allein durch die | |
| Korruptionsbekämpfung und ohne Steuererhöhungen nicht zu finanzieren sind. | |
| ## Fast alle Gemeinden Mexikos besucht | |
| Ihn jedoch deshalb, wie Krauzes „tropischer Messias“ unterstellt, als | |
| autoritären Populisten im Stil des ehemaligen venezolanischen Präsidenten | |
| Hugo Chavez abzutun, wird AMLO und vor allem seinen Wählern nicht gerecht. | |
| López Obrador war der Kandidat der Deklassierten. | |
| Im Laufe der letzten Jahre hat er fast alle der 2.464 Gemeinden Mexikos | |
| besucht und damit eine enge Bindung an die Ärmsten der Armen geschaffen. | |
| Seine Polemiken gegen die „Mafia an der Macht“ lassen die ewigen Verlierer | |
| hoffen, dass mit ihm der alltägliche Betrug, die ständigen Demütigungen und | |
| die unendliche Gewalt zumindest eingedämmt werden. | |
| Auch außerparlamentarische Linke, Menschenrechtsaktivisten und | |
| Feministinnen haben López Obrador gewählt, wohl wissend um die | |
| Widersprüchlichkeit seiner Politik. Natürlich gefallen ihr die Bündnisse | |
| mit den Evangelikalen und den PRI-Kader nicht, erklärt etwa Lucia Lagunes | |
| von der feministischen Presseagentur CIMAC. Doch Lopez Obrador verspreche | |
| soziale Verbesserungen, zudem erhielten einige Frauen aus feministischen | |
| Kreisen politische Führungsposten. | |
| „Letztlich liegt es aber weiterhin an der Zivilgesellschaft, demokratische | |
| Strukturen durchzusetzen“, sagt sie. Das sei auch jetzt das Gebot der | |
| Stunde. Wie eine große Mehrheit der Mexikaner verschiedenster | |
| gesellschaftlichen Schichten ist auch für sie unstrittig: So wie es ist, | |
| kann es nicht mehr weitergehen. Und López Obrador verspricht zumindest die | |
| Hoffnung auf einen Wandel. | |
| 2 Jul 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.letraslibres.com/espana-mexico/revista/el-mesias-tropical | |
| ## AUTOREN | |
| Wolf-Dieter Vogel | |
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| Paco Ignacio Taibo II | |
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