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# taz.de -- Gruppe F: Deutschland – Mexiko: Schland schlicht schlapp
> Bräsig startet Deutschland ins Spiel – und fängt sich das 0:1. Das
> DFB-Team quält sich zurück ins Spiel, es reicht nicht. Und nun:
> Vorrundenaus?
Bild: Kurze Ecke ist Torwartecke: Hirving Lozano trifft rechts unten zum 1:0 f�…
Die Voraussetzungen: Die Deutschen unter dem Dirigat Joachim Löws werden im
eigenen Land als unwahrscheinliche, doch sehr mögliche Titelverteidiger
gehandelt. Löw selbst ist kurz vor der Heiligsprechung. Obendrein hat die
DFB-Elf schon einmal bei einer WM gegen Mexiko kurz vor der Niederlage
gestanden, 1998 in Frankreich, als es am Ende noch zu einem 2:1 reichte.
Andererseits hat noch kein europäischer WM-Titelträger seit 1998 beim
folgenden WM-Turnier mehr als die Vorrunde geschafft – Frankreich, Italien
und Spanien waren die Krisenmannschaften 2002, 2010 und 2014. Schließlich
Mexiko: Dieses Team will zeigen, dass es besser ist als beim 1:4 gegen die
Deutschen vor einem Jahr beim Confederations-Cup in Russland. Mexikos
Trikots: tannengrüne Oberteile, weiße Büxen, das der Deutschen klassisch im
weißen Top über schwarzer Hose.
Das Ergebnis: 0:1, Moskau, Luschniki-Stadion
Das Spiel: Die Mannen um und vor Tormann Manuel Neuer hatten schon in den
vergangenen Monaten nie so gut gespielt, wie es ihr Image eigentlich
nahelegt. Was sie aber in der ersten Halbzeit im Moskauer Luschniki-Stadion
zeigten, mag auch mit mexikanischer Spielfreude und -frische zu tun gehabt
haben. Beziehungsweise damit, dass die Mittelamerikaner nichts von dem
zuließen, was das Publikum von einem Titelaspiranten erwarten wollte und
musste. So oder so war die DFB-Elf ein schockierendes Stück verunglückter
Teamgeist.
In der ersten Halbzeit ging so gut wie kein Spirit durch die Mannschaft,
man lief nicht, man trabte und torkelte – und konnte gegen die wachen
Mexikaner in allen Belangen nichts gewinnen. Özil maulte ungefähr alle 45
Sekunden in Richtung Schiedsrichter, weil er für ein Schubserchen eines
Mexikaners gern einen Freistoß gehabt hätte und ihn doch nicht zuerkannt
bekam. Hummels und Boateng (immerhin, der, ein Strafraumkiller) hatten in
der Verteidigung tüchig zu tun, um die steten Konter der Mexikaner
abzuwehren (überwiegend durch Hirving Lozano, sein erstes Ding schon in der
2. Minute, weitere folgten). Was in der 35. Minute nichts mehr nützte:
Lozano semmelt den Ball am chancenlosen Neuer ins Netz der Deutschen.
Zwar hatten die Deutschen (Timo Werner, der vor allem) auch einige
Möglichkeit, ein Tor zu erzielen, aber selbst diese Chancen waren alle
nicht so zwingend, leidenschaftlich und siegesbewusst, wie es erwartet
werden musste. Joshua Kimmich rackerte wie eine Biene im Blütenfeld, aber
auch er hatte irgendwie einen Tempomaten in den Beinen: viel zu langsam für
die energisch und robust agierenden Mexikaner. Marvin Plattenhardt, der
WM-Turnierneuling, der für den grippal kränkelnden Jonas Hector zum Einsatz
kam, hatte keine rechte Bindung an die Etablierten im Team – besser: Sie
unterließen es, ihn zu integrieren.
Deutsche gewinnen kaum Zweikämpfe, sie wirken müde, satt und schockiert –
als übten die Mexikaner Majestätsbeleidigungen, als hätte man noch nicht
richtig begriffen, dass auch andere Fußball zu spielen beabsichtigen, und
zwar siegreich. Mexiko hätte auch 4:1 gewinnen können, es wäre nicht
unverdient gewesen.
Historische DFB-Pleite: Es ist Mexikos erster Sieg bei einem Turnier (WM,
Confederation Cup, Olympia) gegen Deutschland.
Die Spieler des Spiels: Hirving Lozano, 1,77 Meter, gebürtig in
Mexiko-City, Linksaußen beim niederländischen Titelträger PSV Eindhoven, 66
Minuten tapfer und spielentscheidend im Einsatz: Der Mann hatte wahrlich
keine Angst, dem WM-Titanen Deutschland einen einzuschenken.
Die Szene des Spiels: Als Sami Khedira in der 35. Minute im Mittelfeld
ausrutscht, auch aus Nachlässigkeit, kaum Spannkraft im Leib, so konnte man
es sehen und der Ball ihm sozusagen von Chicharito (gebürtiger
Guadelajararenser, 30, West Ham United) abgelucht wird, der ihn wiederum
quergenau auf Lozano passt und der nur noch Manuel Neuer bezwingen muss,
und das auch noch mit schönem, präzisem Schuss.
Und nun? Droht das Vorrundenaus. Schweden und Südkorea, die man ebenfalls
für leicht bespielbar einschätzte, die in der Turniervorbereitung Anlass
gaben, sich gleich ins Achtelfinale zu phantasieren, sind echte Großmächte,
gemessen an der deutschen Marmelei, die man auch hilflos nennen könnte. Die
DFB-Elf, kurz gesagt, operiert nur noch am Abgrund, aber: Noch ist Schland
nicht verloren.
17 Jun 2018
## AUTOREN
Jan Feddersen
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