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# taz.de -- Brand im Grenfell Tower vor einem Jahr: 72 weiße Tauben – und ei…
> Tagelang gedenkt London der Opfer des Hochhausbrandes vom Grenfell Tower.
> 12.000 Menschen kommen zum Schweigemarsch.
Bild: Weiße Tauben für die Toten vom Grenfell Tower
London taz | Die Farbe Grün ist seit dem [1][Grenfell-Tower-Inferno in
London am 14. Juni 2017] das Symbol der trauernden Community. Grün
dominierte die Gedenkfeiern am Donnerstag und Samstag, als deren Höhepunkt
am Donnerstag 73 weiße Tauben losgelassen wurden: 72 für die Toten und eine
weitere, sollte im Tower noch jemand umgekommen sein.
Schon am 13. Juni gab es eine 24-Stunden-Mahnwache vor der grün
illuminierten Ruine des Hochhauses. Um 11 Uhr am Donnerstag, dem Jahrestag,
begann ein Gottesdienst für Überlebende und Hinterbliebene. Der Ton war
hierbei auf Vereinigung ausgerichtet. So saßen in der Kirche auch die
konservative Bürgermeisterin der Gemeinde Kensington & Chelsea, Elizabeth
Campbell, sowie Kim Taylor Smith, verantwortlich für die Vermittlung vom
Wohnungen. Erst vor sechs Monaten waren sie und andere Tories aus dem
Gedenkgottesdienst in der Londoner St. Paul Kathedrale ausgeschlossen
worden.
Mittags wurde 72 Sekunden lang landesweit ein Schweigen eingehalten – sogar
durch die Queen, die sich solidarisch grün gekleidet zeigte. Es folgte das
Loslassen der Tauben und weitere Veranstaltungen rund um den Tower,
darunter eine Mosaikenthüllung, Blumenniederlegungen – auch
Premierministerin May schickte einen Strauß – während sich
Oppositionsführer Jeremy Corbyn persönlich zum Tower bemühte.
Am Abend versammelten sich sich Londoner zum seit dem Inferno Tradition
gewordenen Schweigemarsch. Den Versammelten wurden Tausende grüne Tücher
ausgehändigt und laut Veranstaltern zogen damit 12.000 Menschen, die größte
Anzahl bisher, durch die Straßen des Viertels. Als sich bei Ladbroke Grove
eine Reihe von Feuerwehrleute im Ehrenspalier aufstellten, wurden sie von
vielen Passant*Innen umarmt.
Neu war, dass der Marsch in einem Park endete, wo ein Gospelchor „Bridge
Over Troubled Water“ und „Somewhere over the Rainbow“ sang – Lieder, di…
Tag immer wieder und auch im Gottesdienst am morgen ertönt waren. Teenager
schilderten in Gedichten ihren Verlust, darunter eine, die selbst im
dichten Rauch aus dem brennenden Hochhaus geflüchtet war
Nach einem öffentlichen Iftar-Gebet sprach Blogger Ed Daffern, der wenige
Monate vor dem Inferno die Tragödie prophezeit hatte. Er forderte
Veränderung statt Opferdarstellungen. „Wenn man uns mit Respekt behandelt
hätte, wäre es nie zu diesem Inferno gekommen.“
Die Gruppe „Justice for Grenfell“ versammelte sich am Samstag zu einem
Marsch vor Theresa Mays Amtssitz in der Downing Street. Anders als beim
Schweigemarsch kamen diese Demonstranten aus der organisierten Linken, sie
durften laut sein und sie kannten nur eine Gruppe, die sie für das Inferno
verantwortlich hielten: Theresa May und die Tories. „Justice for Grenfell“
forderte jedoch konkreter, nebst Idenfizierung und Bestrafung der
Schuldigen, dass brennbare Baumateralien überall verschwinden müssten, und
dass die lokalen Gemeinschaften Entscheidungsrechte erhalten.
Im Park, wo man am Donnerstag der Opfer gedacht hatte, sammelten sich am
Samstag Eltern und Kinder aus der Gegend zu einem Spieltag im Namen
Grenfells. Shah, der Besitzer der St. Helen Bäckerei ganz in der Nähe des
Parks, machte das ungefragt nachdenklich. „Ich kannte einige der Kinder,
die im Tower umkamen“, erzählt er. „Oft habe ich Backwaren in den Grenfell
Tower geliefert, und manchmal ging der Lift nicht und ich musste die
Lieferung unten abholen lassen“ erinnere er sich. Seit Grenfell frage er
sich ständig, wie so ein Unglück möglich war.
Weiter östlich in Nord-Kensington, am Trellick Tower, einem anderen
inzwischen denkmalgeschützten Betonklotz, versammeln sich am Wochenende
wiederum Künstler*Innen aus ganz London zu einer „Graffiti Jam für
Grenfell“. Am Eingang des brachliegenden Geländes steht, dass
Journalisten*Innen hier unerwünscht seien, eine Warnung, die übrigens
vielerorts in Nord-Kensington wiederholt wurde. Die taz, durch ihre
Berichterstattung über Grenfell bekannt, darf bleiben. Sean, Bewohner des
Towers und Mitveranstalter, erklärt, dass die Gemeinschaft Ruhe brauche und
Raum für sich selbst.
Unter den frisch gesprühten Werken, entstanden zu Breakdance-Begleitung,
sieht man unter anderem eine Frau, die den Tower umarmt, ein Auge in dessen
Mitte der Tower zu entdecken ist, und eine Wand mit den 72 Vornamen der
Toten. Nach einem schweren Jahr findet Nord-Kensington seine Stimme.
17 Jun 2018
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[1] /Grossbrand-in-London/!5420761
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
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