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# taz.de -- Freihandelsabkommen mit den USA: Das Chlorhühnchen ist wieder da
> Wegen Trumps Sonderzöllen wollen manche ein abgespecktes „TTIP light“.
> Globalisierungskritiker beraten in Frankfurt, wie sie darauf reagieren
> sollen.
Bild: Chlorhühnchen und Hormonfleisch in der EU? Diese Umweltaktivisten sind d…
Irgendetwas bleibt immer hängen: „Vorsicht auf dem TRUMPelpfad“, steht in
einer Anzeige der industrienahen „Initiative Neue Marktwirtschaft“ aus dem
Jahr 2016. Zu sehen sind der US-Präsident und deutsche PolitikerInnen und
Gewerkschafter mit Schildern, auf denen die Buchstabenkombination TTIP
durchgestrichen ist.
Jetzt, nachdem Donald Trump einen veritablen Handelsstreit angezettelt hat,
wird den GegnerInnen des transatlantischen Wirtschaftspakts in Kommentaren
und Diskussionen erst recht gern eine heimliche Komplizenschaft mit dem
Protektionisten im Weißen Haus unterstellt. Doch wen man aus diesen Reihen
auch fragt – GewerkschafterInnen, UmweltschützerInnen oder
BasisaktivistInnen: Keine und keiner empfindet klammheimliche Freude
angesichts Trumps aufflammenden Protektionismus.
„Wir wollen einen gerechten und fairen Welthandel“, heißt es immer wieder.
„Das ist etwas ganz anderes als das, was Trump will.“ Am Freitag und
Samstag treffen sich in Frankfurt am Main AktivistInnen der
Stopp-TTIP-Szene, um über ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Rund 100
TeilnehmerInnen erwartet der Veranstalter, das „Netzwerk gerechter
Welthandel“, wie sich die Stopp-TTIP-Kampagne jetzt nennt. Mitglieder sind
unter anderem Attac, der BUND, der Deutsche Gewerkschaftsbund und
Greenpeace.
Es ist noch keine drei Jahre her, da brachten die Organisationen mehr als
hunderttausend DemonstrantInnen gegen das geplante transatlantische
Handelsabkommen zwischen EU und USA auf die Straße. Die Protestierenden
fürchteten sich etwa vor gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln aus den
USA oder privaten Schiedsgerichten mit Klageprivilegien für Unternehmen,
die politische Entscheidungen aushebeln.
## Kampf nicht aufgegeben
Der Wirtschaftspakt ist mit der Wahl von Donald Trump im Herbst 2016 zu den
Akten gelegt, denn der sieht darin einen Widerspruch zu seiner
America-first-Politik. Das nimmt den AktivistInnen Schwung, die weiterhin
gegen andere Freihandelsabkommen der EU protestieren. Dazu gehört Ceta, der
Pakt mit Kanada. Er ist zu großen Teilen in Kraft und muss noch von
etlichen EU-Mitgliedern ratifiziert werden. Trotzdem haben die
Ceta-KritikerInnen den Kampf gegen das Abkommen noch nicht aufgegeben.
Viele Menschen sind durch die Diskussion über TTIP wachsam gegenüber der
Handelspolitik geworden, sagt Michael Erhardt von der IG Metall, der im
Frankfurter Bündnis gegen TTIP aktiv ist. Die Gewerkschaften haben bei der
Mobilisierung zu den TTIP-Protesten eine wichtige Rolle gespielt.
Arbeitgeberverbände haben dagegen stets für TTIP geworben und warnen
angesichts des aktuellen Handelsstreits davor, dass Arbeitsplätze auf dem
Spiel stehen. In den Gewerkschaften ist die Stimmung trotz des Konflikts
nicht zugunsten von TTIP gekippt.
Die Kolleginnen und Kollegen beobachteten den Streit zwischen USA und EU
genau, auch aus Sorge um Arbeitsplätze, sagt Erhardt. „Aber unter
Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern sagt keiner, dass es besser gewesen
wäre, TTIP abzuschließen.“
Viele Mitglieder des Netzwerks arbeiten nach wie vor zum Thema Freihandel.
„Allerdings mit weniger Ressourcen als zu Hoch-Zeiten der
Stopp-TTIP-Kampagne“, sagt Christoph von Lieven, Campaigner bei Greenpeace.
Denn die brisanten Themen haben sich verschoben. Die AktivistInnen wollen
künftig ökologische Aspekte und Handelsfragen verknüpfen. Das bietet sich
beim Thema Fracking an. Die USA wollen mehr durch Gesteinsbohrungen
gewonnenes Öl und Gas nach Europa exportieren.
## Fracking als Verhandlungsmasse
UmweltschützerInnen lehnen Fracking ab. Trump könnte Fracking-Öl und -Gas
als Verhandlungsmasse im Handelsstreit einsetzen. Das gilt auch für das
gefürchtete Hormonfleisch und weitere umstrittene Importe aus den USA. Denn
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) setzt auf ein TTIP-light, um
den Streit mit den USA beizulegen. Trump will den europäischen Markt für
US-Agrarprodukte öffnen, also auch für Chlorhühnchen und Hormonfleisch.
„Das darf nicht passieren, Trump darf mit seiner Strategie keinen Erfolg
haben“, sagt von Lieven. Die Gefahr ist groß, dass die Bundesregierung zu
großen Zugeständnisse bereit ist, um die deutschen Autoexporte nicht zu
gefährden.
Angesichts der angespannten Beziehungen zu den USA könnte es für die EU
leichter werden, andere umstrittene Freihandelsabkommen durchzusetzen. Auf
dem Programm stehen Vereinbarungen mit Japan, Mexiko, den
lateinamerikanischen Mercosur-Staaten und mehr als einem Dutzend weiteren
Staaten. Hier können die AktivistInnen einen großen Erfolg verbuchen.
Schiedsgerichte, vor denen Unternehmen unter Ausschluss der Öffentlichkeit
verhandelten, sind in neuen Verträgen passé.
Dafür hat der Protest gegen diese Streitschlichtungsverfahren gesorgt, sagt
selbst EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, eine entschiedene
Anhängerin von TTIP und Co. Statt der intransparenten Schiedsgerichte soll
es in Zukunft eine Art internationalen Handelsgerichtshof geben.
## Instrumentalisierung durch Rechte
In bestehenden Verträgen sind aber noch alte Schiedsgerichte vorgesehen.
„Wir wollen, dass sie aus den Verträgen herausgenommen werden“, sagt
Greenpeace-Campaigner von Lieven. Ob es im Herbst dazu einen bundesweiten
Aktionstag geben wird, entschieden die AktivistInnen am Wochenende.
Bei der Frankfurter Konferenz geht es auch um ein Thema, das in der
Öffentlichkeit große Wellen geschlagen hat: Die AfD und andere extrem
Rechte versuchen, mit dem Thema Freihandel zu punkten. „Sie setzen sich auf
Themen, die in der gesellschaftlichen Mitte umstritten sind, und stellen
sie in ihren Kontext“, sagt David Geier von den Naturfreunden, der den
Workshop zu diesem Thema leitet.
Rechte rücken Freihandel in einen antieuropäischen und antiamerikanischen
Zusammenhang – einen Kontext, den die AktivistInnen entschieden ablehnen,
betont Geier. Erst durch die Berichterstattung über die Großdemonstrationen
gegen TTIP mit Bildern der wenigen teilnehmenden Rechtsextremen sei das
Thema aufgeploppt. In Wirklichkeit hätten solche Gruppen nie Mitglied des
Netzwerks werden können, sagt Geier.
14 Jun 2018
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Schwerpunkt TTIP
Donald Trump
Freihandel
CETA
Schiedsgericht
EU-Politik
Schwerpunkt TTIP
Strafzölle
Schwerpunkt TTIP
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