# taz.de -- Rechte Demos nach Mord an Susanna: Trauerzug gegen Merkel und Asyl | |
> Nach dem mutmaßlichen Mord an einer 14-Jährigen protestieren rechte | |
> Gruppen in Mainz. Zur Demo der AfD kommen knapp 100 Menschen. | |
Bild: Die Kundgebung der Initiative „Beweg was!“ verursacht bei Gegendemons… | |
MAINZ taz | Noch ist es ruhig auf dem Deutschhausplatz in Mainz. Etwa | |
zwanzig Menschen warten auf die AfD, ein einsames Schild steht an einer | |
Wand: „Schützt unsere Töchter“ ist darauf zu lesen. Eine Frau hat drei | |
weiße Rosen mitgebracht. Sie weiß nicht, wohin damit. | |
Es ist Samstagnachmittag, zehn Minuten vor drei. Die AfD hat eine Mahnwache | |
angekündigt und will der 14-jährigen Susanna gedenken, die [1][im | |
benachbarten Wiesbaden getötet wurde]. Der mutmaßliche Täter, ein | |
20-jähriger Iraker, wird wenige Stunden später aus seiner Heimat zurück | |
nach Deutschland überführt. „Kurzen Prozess soll man mit ihm machen“, sagt | |
ein junger Mann auf dem Deutschhausplatz. | |
Die Mahnwache der AfD ist der Auftakt zu einem Demonstrationsmarathon, den | |
Mainz am Wochenende erlebt. Am Sonntag folgt unter dem Titel „Merkel muss | |
weg“ eine Kundgebung der Initiative „Beweg was!“. Am Montag will die Grup… | |
„Kandel ist überall“ eine Mahnwache am Dom abhalten. | |
Um kurz nach drei am Samstag marschiert die AfD schließlich auf den Platz | |
vor der Staatskanzlei. Ein Trauerzug, die Männer fast alle schwarz | |
gekleidet. Sie haben große Schilder dabei, darauf das Motto der Mahnwache: | |
„Es reicht – Endlich Konsequenzen ziehen!“ Es sind keine hundert, die sich | |
jetzt auf dem Platz versammeln, gut ein Viertel davon Journalisten. | |
Uwe Junge, AfD-Chef in Rheinland-Pfalz, ergreift gleich das Wort. Um die | |
ermordete Susanna geht es in seiner Rede kaum, die Schweigeminute dauert | |
keine fünfzehn Sekunden. Junge redet über die Asylgesetze, über | |
Deutschlands Grenzen, über die Verantwortung der Kanzlerin für diesen Mord. | |
Von Trauer ist hier nichts zu spüren, es wird laut diskutiert. „Frau Merkel | |
hat Blut an den Händen“, sagt ein Mann. Die Bundeskanzlerin sei | |
verantwortlich für die toten Mädchen, meint auch ein anderer. „Für Mia aus | |
Kandel, für Maria aus Freiburg und jetzt auch für Susanna aus Mainz.“ | |
## Hoch aggressive Stimmung | |
Einige Meter vor den Absperrungen beobachten einige Menschen still die | |
AfD-Veranstaltung, darunter Frauen, die sich in Mainz seit Jahren für | |
Frauenrechte engagieren. Auch die Frauenbeauftragte der Stadt ist da – | |
nicht in ihrer Funktion, sie will sich das nur ansehen. „Eine | |
Männerveranstaltung“, sagt sie. Sie wüsste nicht, dass diese Menschen sich | |
jemals für den Schutz von Frauen starkgemacht hätten, für ein Frauenhaus | |
zum Beispiel, für den Schutz der deutschen Frau vor dem deutschen Mann. | |
Auch dass weibliche Flüchtlinge in den Unterkünften vor gewalttätigen | |
Männern Angst haben müssten, sei den Rechten egal. | |
Mehr kann sie nicht mehr sagen, sie muss gehen, die Polizei droht mit | |
Platzverweisen. „Nationalismus raus aus den Köpfen“, skandiert die | |
Linksjugend auf der anderen Straßenseite. Ein paar hundert Meter weiter | |
haben sich fünfzig Jugendliche versammelt. Es helfe nicht, Hass mit Hass zu | |
begegnen, sagt eine junge Frau. | |
Einen Tag später: Die rechte Initiative „Beweg was!“ hat etwas mehr als | |
hundert Leute nach Mainz mobilisiert. Die Stimmung hier ist hoch aggressiv. | |
„Wir wollen wieder frei leben! Wir wollen unser Land zurück!“, schreit eine | |
Frau ins Mikro einer Journalistin. Ein Bild von Susanna wird hochgehalten. | |
„Merkel, deine Politik hat mich ermordet!“, steht dabei. Es wehen | |
Deutschlandfahnen, an Wäscheleinen hängen Zeitungsartikel über Morde, | |
angeblich von Flüchtlingen begangen. | |
Begleitet wird die Kundgebung von Pfiffen der Gegendemonstranten. Bei denen | |
gibt es die Befürchtung, dass die Rechten jetzt öfter kommen, dass Mainz | |
das neue Kandel wird. In der südpfälzischen Kleinstadt gab es seit dem Mord | |
an der 15-jährigen Mia regelmäßig rechte Kundgebungen, im März haben noch | |
5.000 Menschen dort demonstriert. | |
10 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Marion Mück-Raab | |
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