# taz.de -- Kommentar Befragung der Kanzlerin: So wird das nix, Opposition | |
> Erstmals musste sich Kanzlerin Angela Merkel den Fragen der Abgeordneten | |
> stellen. Die Fragen der Opposition waren allerdings zu unpräzise. | |
Bild: Im Rampenlicht: Bundeskanzlerin Angela Merkel musste sich erstmals direkt… | |
Die parlamentarische Demokratie hat seit Jahren keinen leichten Stand mehr. | |
Fast drei Viertel der Deutschen glauben, dass demokratische Parteien | |
Probleme zerreden, statt sie zu lösen. Die Rechtspopulisten punkten mit | |
Diffamierungen der angeblichen Altparteien. Und auch die Behäbigkeit der | |
zweiten Großen Koalition in Folge ist nicht geeignet, Begeisterung zu | |
wecken. Es droht, in Vergessenheit zu geraten, welch ein großes Glück es | |
ist, in einer gefestigten und liberalen Demokratie zu leben. | |
Allein deshalb war die Premiere wichtig, die am Mittwoch im Bundestag | |
stattfand. [1][Erstmals musste sich] Kanzlerin Angela Merkel [2][den Fragen | |
der Abgeordneten stellen]. Die SPD hat diese Fragestunde nach dem Vorbild | |
der Prime Minister’s Questions im britischen Unterhaus in den | |
Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, die Grünen fordern sie seit Jahren. | |
Merkel, die nicht dazu neigt, ihre Politik gut zu erklären, muss den | |
gewählten VolksvertreterInnen dreimal im Jahr Rede und Antwort stehen. | |
Diese Auskunftspflicht, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein | |
sollte, stärkt nicht nur die Rechte des Parlaments. Ein Schlagabtausch mit | |
der Regierungschefin kann für die Demokratie belebend wirken, indem er | |
Menschen für den Parlamentarismus einnimmt. Solche Ideen können wie | |
Sprudelbläschen in schal gewordenem Champagner wirken. Die Betonung liegt | |
auf „können“. Sie müssen aber nicht. | |
Denn die Reform ist nur ein kleiner Schritt, weitere müssten folgen. Merkel | |
hat ihren Auftritt wie erwartet professionell und cool durchgezogen. Sie | |
bewies wieder einmal, dass sie Details aus Dutzenden Themen referieren | |
kann. Sie wich routiniert aus, wenn sie nicht antworten wollte. Und sie | |
nutzte geschickt die Gelegenheit zu Gegenattacken – etwa als sie einem | |
Linken-Abgeordneten vorwarf, Deutschland gegen freien Handel abschotten zu | |
wollen. | |
## Merkel hat gewonnen | |
Die Opposition dagegen klang erstaunlich brav. Die Fragen waren unpräzise | |
und zu wenig abgestimmt, um die Kanzlerin in die Enge treiben zu können. | |
Merkel hat das Duell, dem sie sich jahrelang verweigerte, gewonnen. Das lag | |
auch daran, dass die Regeln zu ihren Gunsten wirken. So ist es zum Beispiel | |
lächerlich, dass den Abgeordneten keine Nachfragen erlaubt sind. Nur wer | |
direkt nachhaken darf, kann sein Gegenüber in einem wichtigen Punkt | |
festnageln. Auch der Zeitrahmen von einer Stunde ist zu knapp bemessen. | |
Dabei ist die Merkel-Befragung nur ein Beispiel von mehreren dafür, dass | |
der nötige Mut fehlt. Regierungsbefragungen, in der Staatssekretäre vom | |
Blatt lesen, oder Reden nach Schema F, die sich kaum aufeinander beziehen, | |
haben im Wettbewerb um Aufmerksamkeit keine Chance. Etwas mehr Kreativität | |
wäre ein echter Gewinn fürs Parlament. | |
6 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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