# taz.de -- Prüfung der Asylbescheide in Bremen: Nur ein Gefährder in 18 Jahr… | |
> Auch wenn die hitzige Debatte etwas anderes suggeriert: Die | |
> Sicherheitslage dürfte sich durch die Bremer Bamf- Außenstelle nicht | |
> verschlechtert haben. | |
Bild: Kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus: das Bamf | |
BERLIN taz | Die dubiose Asylanerkennungspraxis in Bremen hat die | |
Sicherheitslage in Deutschland wohl nicht relevant verschärft. Dies ergibt | |
eine Prüfung der 18.000 positiven Asylbescheide, die das Bundesamt für | |
Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Bremen seit dem Jahr 2000 ausgegeben | |
hat. | |
Zwar stellte das Bundesamt für Verfassungsschutz fest, dass mindestens 115 | |
„nachrichtendienstlich relevante“ Personen von der Bremer Bamf-Außenstelle | |
einen Schutzstatus erhalten haben, worüber zunächst das Redaktionsnetzwerk | |
Deutschland (RND) berichtete. Unter diese Definition fallen aber auch | |
gewaltfreie Extremisten. Von den 115 Personen sollen 46 im Bereich | |
Islamismus aktiv sein, die anderen könnten zum Beispiel radikale Kurden | |
sein. | |
Wichtiger als die Zahl 115 ist deshalb die Aussage des | |
Bundesinnenministeriums, dass seit 2000 nur eine Person in Bremen Schutz | |
erhielt, die von der Polizei als Gefährder eingestuft ist. Zum Gefährder | |
kann jemand erklärt werden, wenn Tatsachen darauf hindeuten, dass diese | |
Person erhebliche Straftaten begehen könnte. Stand April hat die Polizei | |
bundesweit rund 760 Personen als Gefährder eingestuft. Dass die | |
Bamf-Außenstelle in achtzehn Jahren nur einem einzigen Gefährder | |
Schutzstatus gewährt hat, wird die Debatte also wohl nicht gerade befeuern. | |
Denkbar ist sogar, dass sich die Person erst lange nach der Bremer | |
Asyl-Anerkennung radikalisiert hat. | |
Aber selbst wenn jemand in Bremen Asyl erhalten hätte, der bereits als | |
Gefährder eingestuft war, wäre das nicht automatisch rechtswidrig, wie ein | |
Blick ins Asylgesetz ergibt. Wer wegen Verfolgung oder wegen eines | |
Bürgerkriegs nach Europa flieht, hat Anspruch auf Schutz in einem der | |
EU-Staaten (die Zuständigkeit regelt die Dublin-III-Verordnung). | |
Keinen Anspruch auf Schutz hat, wer im Ausland Kriegsverbrechen oder andere | |
schwere Straftaten begangen hat. Auch Straftaten in Deutschland können den | |
Schutzanspruch ausschließen, wenn jemand zu einer Freiheitsstrafe von | |
mindestens drei Jahren verurteilt wurde. Bei Gewalt- und Sexualdelikten | |
genügt bereits eine Haftstrafe von einem Jahr, um den Anspruch zu | |
verlieren. | |
## Islamistische Gesinnung plus vage Gewaltbereitschaft | |
Der Status als „Gefährder“ genügt jedoch nicht, um einen sonst bestehenden | |
Schutzanspruch zu verweigern. Denn der Gefährder-Status setzt nicht voraus, | |
dass jemand bereits eine Straftat begangen hat. Vielmehr geht es nur um | |
eine Prognose: Die Polizei will eine Person im Auge behalten, um zu | |
verhindern, dass sie in Zukunft eine Straftat begeht. | |
Allerdings können Gefährder, von denen eine „terroristische Gefahr“ | |
ausgeht, seit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im März 2017 | |
relativ leicht ausgewiesen und abgeschoben werden. Für eine solche | |
Abschiebungsanordnung genügt jetzt ein „beachtliches Risiko“, dass der | |
Ausländer einen terroristischen Anschlag verübt. Letztlich reicht eine | |
islamistische Gesinnung plus eine vage Gewaltbereitschaft. | |
Hiergegen schützt auch ein Asylstatus nicht. Von dieser Möglichkeit hat | |
zunächst Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) Gebrauch | |
gemacht, inzwischen gibt es schon Dutzende Anwendungsfälle. Auch das | |
Bundesverfassungsgericht akzeptiert das Verfahren. | |
Wie stets kommt es jedoch darauf an, dass der Herkunftsstaat den | |
ausgewiesenen Gefährder auch aufnimmt. | |
5 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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Gefährder | |
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) | |
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