# taz.de -- Segelregatta in Hamburg: Frauenpower an Bord | |
> Der Helga Cup ist der weltweit größte Wettbewerb nur für Frauen. In einem | |
> männerdominierten Sport soll er ein Schritt zu mehr | |
> Selbstverständlichkeit sein. | |
Bild: Reine Frauensache: Setzen des Gennakers beim Runden der Luvboje | |
Sie heißen „Not only boy toy“, „Blond“, „Goldelsen“, „Kielbomben… | |
„Südseeperlen“, „Piraten Bräute“, „Sahneschnitten“ oder „Schlei… | |
Frauenteams – aus ganz Deutschland und je zwei aus Österreich und den USA – | |
haben am Wochenende auf der Hamburger Außenalster mit der wohl weltgrößten | |
Segelregatta für Frauen Geschichte geschrieben. Die Bo(o)tschaft: Wer | |
segeln bisher vor allem als Sport mehr oder weniger kerniger Männer | |
wahrgenommen hat, ist nicht auf der Höhe der Zeit. | |
Je vier bis fünf Frauen pro Team sind auf modernen Kielbooten vom Typ J70 | |
und Seascape 24 auf drei Bahnen gleichzeitig um den ersten Helga Cup | |
gesegelt. Wie bei der vor wenigen Jahren etablierten Segelbundesliga traten | |
immer sieben (Seascape) oder acht (J 70) Teams auf gestellten identischen | |
Booten gegeneinander an. Danach wurde reihum getauscht. | |
Als es am Freitag los ging, machte zunächst der kaum vorhandene Wind | |
Probleme. Ohnehin ist die Außenalster mit ihren stark böigen und drehenden | |
Winden ein extrem tückisches Revier. Am Samstag und Sonntag wehte der Wind | |
aber stetiger. Die einzelnen Rennen sind nur 10 bis 15 Minuten lang. Gute | |
Starts sind damit besonders wichtig. Danach eine solide Taktik und | |
möglichst fehlerfreie Manöver. Dabei ist das reibungslose Zusammenspiel der | |
vier- bis fünfköpfigen Besatzung die größte Herausforderung. | |
Nach insgesamt 72 Wettfahrten oder acht pro Team kam es Sonntagnachmittag | |
zum großen Finale der sieben besten Teams. Bis dahin hatte das Team der 2. | |
Bundesliga vom Hamburger Segel Club (HSC), das allein sechs seiner acht | |
Wettfahrten gewonnen hatte, geführt. Doch über den Gesamtsieg entscheidet | |
allein die Platzierung im Finalrennen. | |
## Mit 32 blauen Flecken | |
Und hier gewann der Kader II des Deutschen Segler-Verbandes, also | |
etablierte Leistungsseglerinnen aus anderen Bootsklassen, die bis dahin an | |
sechster Stelle gelegen hatten. Ein sehr guter Start, eine sauberer erster | |
Kreuzkurs und danach eine taktisch solide Verteidigung der Führung bei | |
guter Bootsgeschwindigkeit bis zum Ziel. So war der Sieg Svenja Weger, | |
Susann Beucke, Ann Kristin Goliaß und Nadine Böhm nicht mehr zu nehmen. | |
Natürlich sind Frauen schon immer gesegelt. Nur: „Der Helga Cup macht sie | |
sichtbarer“, sagt Mona Küppers. Die 64-jährige Verwaltungsangestellte der | |
Universität Duisburg-Essen ist seit November 2017 die erste Präsidentin in | |
der hundertjährigen Geschichte des Deutschen Segler-Verbandes. Für Küppers, | |
die auch Vorsitzende des Deutschen Frauenrates ist, macht der Helga Cup | |
deutlich, „wie viele Frauen da sind“. In den männerdominierten | |
Segelvereinen würden Frauen jetzt durch den Helga Cup mit neuer | |
Selbstverständlichkeit betrachtet, so Küppers. | |
Benannt nach einem Boot, das den Vornamen einer Sponsorin trägt, hatte die | |
erst vor wenigen Monaten – von einem Mann – entwickelte Idee des Helga Cups | |
eine Dynamik entfacht, die alle überrascht hat. Erstaunlich viele Frauen im | |
Alter von 17 bis 70 schlossen sich zu Teams zusammen, um Pinne und Schot | |
ohne Männer in die Hand zu nehmen. Von der Ostsee bis zur Adria hatten sie | |
die letzten Wochen für das immer größer werdende Event trainiert. | |
Anfängerinnen, Fahrtenseglerinnen, reaktivierte frühere Seglerinnen, | |
Hochseecrews, aber auch Frauen aus der Segelbundesliga oder dem deutschen | |
Olympiakader waren mit Begeisterung, Humor und Selbstironie dabei. „Hurra, | |
wir kommen – mit 32 blauen Flecken, und auf jeden sind wir stolz!“, lautet | |
etwa das Motto der Berliner „Gesinen“. Der FC St. Pauli gründete als erster | |
deutscher Fußballklub eine Segelabteilung und meldete gleich zwei Teams | |
(Sailing Paulas & Sailing Paulinas) zum Helga Cup. Motto: „Unser Herz | |
schlägt backbord“. | |
## Große Solidarität | |
Beeindruckend ist die Hilfsbereitschaft unter den Teams. So veröffentlichte | |
das erfahrende HSC-Frauenteam Videotutorials, in denen die Manöverabläufe | |
an Bord erklärt werden. Wie können sich die Frauen beim Halsen, Setzen oder | |
Bergen des Gennakers koordinieren und mit kleinen Tricks ihre Performance | |
verbessern? | |
Der veranstaltende Norddeutsche Regatta Verein hatte eigens schon im | |
Februar zu einem Seminar geladen, bei dem die Wettfahrtregeln, die | |
Psychologie von Segelwettkämpfen wie auch die Unterschiede zwischen den | |
beiden Bootstypen erklärt wurde. | |
Am Sonntag nach der Preisverleihung wurde dann das siegreiche Team, wie | |
auch bei männerdominierten Regatten üblich, ganz traditionell ins Wasser | |
geworfen. | |
4 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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