# taz.de -- Kita-Demonstration: Familien kriegen die Krise | |
> 3.000 Eltern und Erzieher*innen protestieren gegen zu wenige Plätze und | |
> schlechte Bezahlung in den Kitas. Bündnis fordert Krisengipfel. | |
Bild: Kinderwagen in Kolonne: Kita-Demo in Mitte | |
Lena Brose sagt, sie habe letztlich Glück gehabt mit dem Kitaplatz. Sie ist | |
selbst Erzieherin, und weil ihr Arbeitgeber ihren zweijährigen Sohn außer | |
der Reihe aufgenommen hat, geht er nun in die Kita, in der sie arbeitet. | |
„Davor mussten wir zwei Monate Hartz IV beziehen“, sagt sie. Eine absurde | |
Situation: Brose hatte eine Stelle als Erzieherin mit fertigem | |
Arbeitsvertrag, wie sie erzählt. Sie konnte aber nicht arbeiten, weil es | |
keinen Kitaplatz gab. „Arbeitslosengeld habe ich auch nicht bekommen, weil | |
ich dem Arbeitsmarkt wegen der Kinderbetreuung nicht zur Verfügung stehen | |
konnte.“ | |
Zusammen mit rund 3.000 anderen Eltern, Erzieher*innen und ausdauernd | |
trillernden und trötenden Kindern zieht Lena Brose am Samstagvormittag von | |
der Friedrichstraße zum Brandenburger Tor. Gemeinsam demonstrieren sie | |
gegen die „Kitakrise“, wie sie sie nennen. Der Lautsprecher wird im | |
Kinderwagen geschoben. Auf Pappschildern und Plakaten beklagen die | |
Demonstrant*innen den Platzmangel, die schlechte Bezahlung der | |
Erzieher*innen und Probleme, geeignete Räume für Kitas zu finden. | |
„Von den 30 Kitas, bei denen wir auf der Warteliste standen, hat sich keine | |
einzige bei uns zurückgemeldet“, sagt Brose. Die Kita, in der sie arbeitet, | |
wäre eigentlich für 180 Plätze geeignet. „Wir können aber nur 120 Kinder | |
aufnehmen, weil sich nicht genügend Erzieher*innen finden“, erzählt sie. | |
Sie steht deshalb voll hinter einer der zentralen Forderungen der | |
Demonstration: Erzieher*innen sollten besser verdienen, der Job muss | |
attraktiver werden. | |
Frederic Döhl, mit seinem 17-monatigen Sohn auf dem Fahrradsitz, läuft aus | |
Solidarität mit, „weil wir jeden Tag sehen, wie toll das mit einem | |
Kitaplatz ist“. Auch Döhl hatte bei der Suche vor allem Glück: „Beim | |
Besichtigungstermin in der Kita standen 100 Eltern vor der Tür. Als ich das | |
gesehen habe, wollte ich erst gar nicht reingehen“, sagt er. „Aus heutiger | |
Sicht kann ich allen nur empfehlen: trotzdem hingehen, trotzdem anmelden.“ | |
Weil ein anderes Kind von der Warteliste erst später in die Kita kam, fiel | |
der Platz an sie. „Anders hätten wir das mit dem Arbeiten gar nicht | |
hinbekommen“, sagt er. | |
Auf der Bühne am Brandenburger Tor spricht auch Christine Kroke, die die | |
Petition „Wir brauchen Kitaplätze! Jetzt!“ gestartet und die Demo mit | |
initiiert hat. Ein Jahr lang habe sie nach einem Kitaplatz gesucht und fast | |
100 Kitas angeschrieben, sagt sie. Im vierten Schwangerschaftsmonat habe | |
sie angefangen, habe Excel-Listen angelegt und herumtelefoniert, und das | |
auch noch, als das Kind längst da war. „Es war ein Halbtagsjob im | |
Wochenbett“, sagt Kroke. „Damit hat auch unsere Zukunftsplanung ein Jahr | |
lang auf Eis gelegen.“ | |
Dass es in Berlin zu wenige Kitaplätze gibt, ist in Krokes Augen das | |
Ergebnis einer verfehlten Politik. „Eltern müssen ihre Jobs aufgeben, in | |
Teilzeit gehen oder sich arbeitslos melden, Mütter werden in die | |
Hausfrauenrolle gedrängt. Und alles nur, weil der politische Wille fehlt“, | |
sagt sie. Die Kitas seien andererseits völlig überlastet und könnten die | |
Kinder nicht so fördern wie gesetzlich vorgesehen. | |
Mit dieser Einschätzung steht Kroke nicht allein: Ein Bündnis aus | |
Gewerkschaften, Trägerverbänden und Elternvertretungen fordert | |
Bildungssenatorin Sandra Scheeres, Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen und | |
den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (alle SPD) auf, noch vor der | |
Sommerpause einen „Erzieher*innen-Krisengipfel“ einzuberufen. Auch die im | |
Senat vertretenen Grünen unterstützen das Bündnis. Auf der Demonstration | |
selbst waren Partei-Symbole allerdings weitgehend unsichtbar. | |
27 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
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