# taz.de -- Medienstrategie von Facebook: Viel Sorry, wenig Dialog | |
> Facebook-Chef Zuckerberg übt sich in Entschuldigungen. Derweil baut der | |
> Konzern sein Mediennetzwerk aus und arbeitet an seiner Außendarstellung. | |
Bild: Wichtiger als die Fehlerbehebung bleibt immer noch die Außendarstellung | |
Eines kann Mark Zuckerberg, der Chef von Facebook, mittlerweile gut: sich | |
entschuldigen. „Wir haben unsere Verantwortung nicht umfassend gesehen“, | |
[1][sagt er am Dienstagabend vor dem EU-Parlament]. „Das war ein Fehler. Es | |
tut mir leid.“ Damit meinte er vor allem die Affäre um Cambridge Analytica, | |
jene britische Firma, die mithilfe der Daten von Millionen Facebook-Nutzern | |
offenbar die Brexit-Entscheidung und den US-Präsidentschaftswahlkampf | |
beeinflusst hat. | |
Die Befragung von Zuckerberg sollte ein Scoop für die EU-Parlamentarier | |
werden. Es wollten so viele von ihnen zu Wort kommen, dass Zuckerberg am | |
Ende nur eine viertel Stunde Zeit blieb, um zu antworten. Gut für ihn: So | |
konnte er sich aussuchen, auf welche Fragen er antwortete. Das Wort „sorry“ | |
fiel oft. Und er ist nicht der einzige Facebook-Angestellte, der die | |
öffentliche Entschuldigung mittlerweile beherrscht. Auch Tina Kulow wirbt | |
um Verständnis. „Wir in Deutschland und unsere Kollegen in Europa waren | |
dafür, dass wir die Türen aufmachen sollten“, beteuert die | |
Kommunikations-Managerin des Unternehmens, die unter anderem für die | |
deutschsprachigen Länder zuständig ist. Doch andere im Konzern seien | |
vorsichtiger gewesen. „Da mussten wir Überzeugungsarbeit leisten.“ | |
Kulow sprach im März mit dem [2][PR Report ] – ein paar Tage, bevor die | |
Affäre um Cambridge Analytica das US-Unternehmen erschütterte. „Die Stimmen | |
des Monsters“ titelt das Branchenmagazin. In dem Interview gibt sich die | |
Sprecherin reumütig, gesteht Fehler ein. Ihre Botschaft: Unser Unternehmen | |
ist jung. Wir lernen noch. Es wird besser. Ihr werdet schon sehen. | |
Facebook hat den Schalter umgelegt und fährt eine PR-Offensive. Dazu | |
gehören nicht nur die öffentlichen Auftritte von Zuckerberg, wie neulich | |
schon vor dem US-Kongress. In der vergangenen Woche hat Facebook auch eine | |
weltweite Diskussionsreihe gestartet, die zeigen soll, dass sich auch | |
andere Verantwortliche der Debatte stellen. | |
## Wir werden immer Fehler machen | |
Passenderweise ging es in Deutschland los. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz | |
(NetzDG) ärgert Facebook schließlich besonders, da es das Unternehmen | |
zwingt, mehr zu tun, als es die Hausordnung von Facebook vorsieht. Zum | |
Start des [3][„Forums: Gemeinschaftsstandards“] am 17. Mai in Berlin flog | |
Monika Bickert ein. Die Juristin hat für die US-Regierung gearbeitet. Bei | |
Facebook ist sie „Head of Global Policy Management“. | |
Auch Bickert warb um Verständnis: Die Löschtrupps wachsen, damit aber auch | |
die Regeln. „Wir haben Leute mit verschiedenen Hintergründen in | |
verschiedenen Regionen und ihre Entscheidungen müssen dieselben sein, ganz | |
egal, ob ein Inhalt hier oder in den USA begutachtet wird“, sagte sie. | |
Bickert diskutiert auch konkrete Fälle: Wann ist die nackte Brust einer | |
Frau erlaubt und vor allem: wann nicht? Bickerts Credo: Die Löschtrupps von | |
Facebook haben keinen einfachen Job. Sie werden immer Fehler machen. | |
Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Deutschland, Christian Mihr, | |
der mit Bickert diskutierte, war angetan. „Ich habe den Eindruck, Facebook | |
verändert sich“, sagte er. „Dieselben Facebook-Vertreter, die ich vor drei, | |
vier Jahren hinter verschlossenen Türen gesehen habe, reden jetzt | |
öffentlich. Und sie reden auch anders.“ | |
## Wie Google, nur zehn Jahre später | |
Facebook vernetzt sich zudem mit der Medienszene. | |
Spiegel-Online-Geschäftsführer Jesper Doub [4][wechselt gerade als | |
„Director of News Partnerships“] zu Facebook. Schon vor Jahren hatte das | |
Unternehmen einen Social-Media-Manager der ARD angestellt. Und: Der Konzern | |
finanziert der Hamburg Media School [5][künftig einen Studiengang], der | |
Journalisten fit fürs Digitale machen soll – ein Wohlfühlpaket, bei dem | |
sogar Reisekosten inklusive sind. | |
Letztlich reagiert Facebook wie Google, nur zehn Jahre später. Google, das | |
ein paar Jahre älter ist als Facebook, hatten die Debatten um die | |
„Datenkrake Google“ und das Abfilmen von Häuserfassaden dazu getrieben, | |
sich ein wenig zu öffnen und seine Teams für die Öffentlichkeitsarbeit | |
aufzustocken. | |
Facebook hat die anhaltende Debatte um Hass-Inhalte samt Schlagzeilen wie | |
„Das asoziale Netzwerk“ getrieben. Die Affäre um Cambridge Analytica kommt | |
obendrauf. | |
Kommunikations-Managerin Tina Kulow jedenfalls hat ihr Team ausgebaut und | |
verspricht noch mehr Transparenz. Die öffentlichen Auftritte bleiben aber | |
streng kontrolliert: Als Monika Bickert Mitte Mai in Berlin sprach, waren | |
Mitschnitte, etwa für Fernsehaufnahmen, nicht erlaubt. Auch nach der | |
Diskussion waren Fragen an die eingeflogene Managerin vor dem Mikrofon | |
unerwünscht: Sie habe in der Runde nun viel erzählt, was bald auch im Netz | |
stehe – bei Facebook. | |
23 May 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Zuckerbergs-Anhoerung-im-EU-Parlament/!5507542 | |
[2] http://www.prreport.de/singlenews/uid-877547/ | |
[3] https://www.facebook.com/FacebookPolitik/videos/1678766945510685/ | |
[4] https://www.facebook.com/photo.php?fbid=1027574377423783&set=a.13854324… | |
[5] http://meedia.de/2018/05/17/dogmatische-printjournalisten-sind-in-diesem-pr… | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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