| # taz.de -- Zuckerbergs Anhörung im EU-Parlament: Digitale Monster, Macht und … | |
| > Facebook-Gründer Zuckerberg entschuldigt sich vor dem EU-Parlament für | |
| > die Datenaffäre. Er gelobt Besserung. Aber wie? Keine Ahnung. | |
| Bild: Es war kein herzlicher Empfang für Mark Zuckerberg im EU-Parlament | |
| Was dieses Wörtchen angeht, hat Mark Zuckerberg Routine. Sorry. Sich zu | |
| entschuldigen, dass fällt dem Facebook-Gründer nicht schwer. Gelegenheit zu | |
| üben hatte er in diesem Jahr bereits mehrfach. Vor Journalist*innen, im | |
| Fernsehen, [1][stundenlang vor dem US-Kongress]. Nun also auch in Brüssel. | |
| Am Dienstagabend luden die Fraktionsspitzen des EU-Parlaments Zuckerberg | |
| vor, um ihn zur Datenaffäre um Cambridge Analytica zu befragen, zu seinen | |
| Vorstellungen zum Schutz privater Informationen im Internet. Live im Netz | |
| wurde die Anhörung übertragen. Die Welt schaute zu, als Zuckerberg sich | |
| erneut entschuldigte. | |
| Parlamentspräsident Antonio Tajani kommt dem 34-jährigen Konzernchef gleich | |
| zur Eröffnung mit dem Thema Moral. Europas grundlegende Werte werden über | |
| die sozialen Medien gefährdet, sagt er. Antisemitismus, Rassismus, | |
| Homophobie, Diskriminierung würden ungehindert verbreitet. Die Angst vor | |
| der Manipulation der Europawahlen im kommenden Jahr sei groß. Bestimmte | |
| politische Kräfte könnten Daten missbräuchlich nutzen. Zuckerberg müsse | |
| handeln. | |
| Dieser nippt während der Rede Tajanis am Konferenzwasser. Die Augen sind | |
| gerötet, das Gesicht regungslos, wie das eines Teenagers, der nicht so | |
| recht weiß, was die Schelte des ehrwürdigen Präsidenten eigentlich soll. | |
| Nach Tajani darf Zuckerberg sprechen. Sein Auftritt im EU-Parlament ist | |
| wahrlich kein Heimspiel. Während er in den USA mit der Naivität und | |
| Unwissenheit der Kongressvertreter in Sachen Internet rechnen konnte, sind | |
| die EU-Abgeordneten wohl besser gewappnet. Schließlich ist in Brüssel die | |
| Datenschutzgrundverordnung – kurz DSGVO – geboren. [2][Ein Regelwerk, das | |
| die digitalen Daten der Verbraucher*innen stärker schützen] wird als je | |
| zuvor. Ab dem 25. Mai gilt das Bürokratiemonster, das sperrig klingt und | |
| die Datenhändler doch in die Schranken weist. Selbst Zuckerberg hat die | |
| DSGVO in höchsten Tönen gelobt und betont, dass er bis Ende dieser Woche | |
| alle Vorgaben einhalten wird. Wohl nicht ganz uneigennützig. Schließlich | |
| müssen Datensünder mit empfindlichen Bußgeldern rechnen. | |
| ## Zuckerberg will mehr Macht | |
| Nach knapp acht Minuten fällt dann auch das erste „Sorry“. „Wir haben | |
| unsere Verantwortung nicht umfassend gesehen“, sagt Zuckerberg. „Das war | |
| ein Fehler. Es tut mir leid.“ Damit meint er vor allem den [3][Fall | |
| Cambridge Analytica]. Im März war bekanntgeworden, dass sich die britische | |
| Firma Zugang zu Daten von Millionen Facebook-Nutzer*innen verschafft hatte. | |
| Offenbar wurden mit Hilfe der Daten Wähler*innen im | |
| US-Präsidentschaftswahlkampf beeinflusst. Auch in der Brexit-Entscheidung | |
| soll das Geschäftsmodell von Cambridge Analytica eine Rolle gespielt haben. | |
| 87 Millionen Menschen betrifft die Datenaffäre weltweit, in Europa sind es | |
| mindestens rund 3 Millionen. | |
| Wie groß die Macht Facebooks ist, daraus macht Zuckerberg kein Geheimnis. | |
| Und auch nicht daraus, dass er noch mehr davon möchte. Er nennt das seine | |
| „soziale Vision“ von einer Welt, die Facebook zusammenbringt. | |
| Nun sind die Abgeordneten dran mit ihren Fragen. Und sie sind bestens | |
| vorbereitet, die meisten Digitalexperten. Sie kritisieren Schattenprofile, | |
| politische Werbung auf Facebook, die Marktmacht des Konzerns, die Flucht in | |
| Steueroasen, das Geschäftsmodell, das auf dem Sammeln von Daten und deren | |
| Auswertung fußt. „Sagen Sie uns die Wahrheit!“, sagt der liberale | |
| EU-Abgeordnete Guy Verhofstadt. „Am Ende müssen Sie sich die Frage stellen, | |
| wie man sich an Sie erinnern soll. Wollen Sie in einem Atemzug mit Steve | |
| Jobs oder Bill Gates genannt werden, die Technologien erfunden haben, die | |
| unser Leben veränderten oder als einen, der ein digitales Monster schuf, | |
| das unsere Gesellschaft zerstört?“ | |
| Darauf antwortet Zuckerberg nicht. Stattdessen arbeitet er den | |
| Maßnahmenkatalog ab, den Facebook in den vergangenen Wochen aufgelegt | |
| hatte. Rund 200 Apps wurden gelöscht, Tausende Mitarbeiter eingestellt, die | |
| Datenschutzbestimmungen verbessert, angepasst, die Nutzer*innen informiert. | |
| Nach rund 70 Minuten ist die Anhörung vorbei. Mehr Zeit konnten und wollten | |
| die Abgeordneten Zuckerberg wohl nicht einräumen. | |
| Zum Schluss lieber noch ein paar Selfies. Schließlich kommt der Herr über | |
| die Daten im Netz nicht alle Tage nach Brüssel. Aber was ist nun mit der | |
| DSGVO? Was ist mit den privaten Daten derjenigen, die zwar Facebook nicht | |
| nutzen, aber deren digitale Spuren dennoch im Visier der IT-Giganten | |
| stehen? Und überhaupt, ändert sich jetzt irgendetwas am Geschäftsmodell | |
| Facebook? | |
| Die Abgeordneten haben die richtigen Fragen gestellt. Antworten bekamen sie | |
| in Brüssel nur wenige. Zuckerberg will nun schriftlich reagieren. Das hat | |
| er versprochen. Ob der Antwortkatalog Guy Verhofstadt, die Angst „vor der | |
| schönen neuen Welt“ – wie er sie nennt – nehmen wird? Hoffnung schöpft | |
| zumindest EU-Kommissarin Vera Jourová – eine scharfe Kritikerin Facebooks. | |
| Für sie war der Auftritt Zuckerbergs ein erster Schritt, um wieder | |
| Vertrauen zu schaffen. | |
| 23 May 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Konsequenzen-aus-dem-Facebook-Skandal/!5498095 | |
| [2] /taz-Serie-Datenschutz-in-der-EU/!5506516 | |
| [3] /Nach-dem-Facebook-Datenskandal/!5503126 | |
| ## AUTOREN | |
| Tanja Tricarico | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Meta | |
| Schwerpunkt Meta | |
| Mark Zuckerberg | |
| EU-Parlament | |
| Datenschutz | |
| Schwerpunkt Meta | |
| Datenschutzgrundverordnung | |
| Schwerpunkt Meta | |
| Schwerpunkt Meta | |
| DSGVO | |
| Schwerpunkt Meta | |
| Schwerpunkt Meta | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Skandal um Datenhandel: Höchststrafe für Facebook | |
| Britische Datenschützer lassen Mark Zuckerberg nicht ungeschoren davon | |
| kommen. 500.000 Pfund soll er als Strafe für sein Geschäftsmodell zahlen. | |
| Kommentar Datenschutz und DSGVO: Ein Schwert zur rechten Zeit | |
| Schluss mit Hetze und Manipulation: Mit der Verordnung hat Europa ein | |
| Mittel gegen die Machtposition der Techkonzerne gefunden. | |
| Facebook-Datenskandal: Nun doch keine Europäer betroffen? | |
| Facebook verwirrt mit der Nachricht, dass im Cambridge-Analytica-Fall | |
| womöglich doch keine Daten von europäischen Nutzern geteilt wurden. | |
| Medienstrategie von Facebook: Viel Sorry, wenig Dialog | |
| Facebook-Chef Zuckerberg übt sich in Entschuldigungen. Derweil baut der | |
| Konzern sein Mediennetzwerk aus und arbeitet an seiner Außendarstellung. | |
| taz-Serie Datenschutz in der EU: Digitale Zeitenwende | |
| Die Datenschutzgrundverordnung ist ein Meilenstein. Sie ist so | |
| bürokratisch, dass viele User darüber stöhnen. Doch sie sichert ein | |
| Grundrecht. | |
| Zuckerberg auf Entwicklerkonferenz F8: Neue Töne vom alten Facebook | |
| Mark Zuckerberg kündigt Konkurrenz für Dating-Apps an – und versucht nach | |
| dem jüngsten Datenskandal die Wogen zu glätten. | |
| Konsequenzen aus dem Facebook-Skandal: Die große Zuckerberg-Show | |
| Weder ein Straftermin vor US-Senatoren noch Klagen zwingen Zuckerberg in | |
| die Knie. Dafür ist sein Datenschatz viel zu wertvoll. |