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# taz.de -- Ärztekammer-Chef zum Paragraf 219a: Kritik an Montgomerys Vorschlag
> Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery schlägt einen Kompromiss zum
> Abtreibungsgesetz vor – SPD, Grünen und Linken geht das nicht weit genug.
Bild: Die Not vieler Frauen räumt Ärztekammerpräsident Montgomery zwar ein �…
Als eine „pragmatische Lösung“ hatte Ärztekammerpräsident Frank Ulrich
Montgomery seinen Vorschlag [1][zum Paragrafen 219a] auf dem Ärztetag am
Dienstag in Erfurt bezeichnet. Indes warnte er vor einer neuen
Grundsatzdebatte über Abtreibungen. [2][Die Not] „vieler Frauen und einiger
Ärzte“ dürfe nicht dazu missbraucht werden, erneut grundsätzlich über den
vor mehr als 20 Jahren erzielten Kompromiss bei Schwangerschaftsabbrüchen
zu diskutieren.
Paragraf 219a StGB verbietet „Werbung“ für Abtreibungen, stellt jedoch auch
die seriöse Information von Ärzt*innen unter Strafe, dass sie
Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Montgomery schlug jetzt die
Einrichtung eines unabhängigen Internetportals vor, das über den Eingriff,
die gesetzlichen Rahmenbedingungen, Beratungsmöglichkeiten und die
Ärzt*innen selbst informiert.
Kritik am Vorstoß des Ärztepräsidenten kommt unterdessen aus den
Fraktionen, die für eine Streichung des Paragrafen plädieren. So sagte die
SPD-Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb der taz: „Der
Kompromissvorschlag löst meiner Meinung nach nicht das Grundproblem, das
Ärztinnen und Ärzte weiterhin kriminalisiert würden, wenn sie ihre
individuelle ärztliche Beratung, ihre favorisierten ärztlichen
Behandlungsmethoden und ihre Erfahrungen über ihre eigenen Kanäle frei und
neutral kommunizieren. Denn wir brauchen Informationen, die den betroffenen
Frauen die Möglichkeit eines ersten Vertrauensaufbaus ermöglichen können.
Eine starre Internetplattform erfüllt diese verschiedenen Punkte nur
schwerlich.“ Ortleb fügte hinzu, sie favorisiere weiterhin eine Streichung
des Paragrafen 219a.
Ursprünglich hatte die SPD sich für eine Abschaffung des Paragrafen
ausgesprochen. Einen Gesetzentwurf, der diese vorsah, hatte die SPD zwar in
den Bundestag eingebracht – darüber abstimmen lässt sie aus Rücksicht auf
die Union aber nicht. Stattdessen wurde Justizministerin Katarina Barley
mit der Ausarbeitung eines Kompromissvorschlags beauftragt. Die Union will
den Paragrafen nach wie vor gänzlich unberührt lassen.
Auch Grünen, Linkspartei und FDP, die derzeit im Bundestag für eine
Streichung oder Reform des Paragrafen streiten, geht Montgomerys Vorschlag
nicht weit genug: „Das ist kein Kompromiss, weil damit nicht die zentralen
Probleme gelöst würden“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der
Linksfraktion, Cornelia Möhring, der taz. „Die fachliche Information über
das jeweilige medizinische Leistungsspektrum wäre den Ärztinnen und Ärzten
immer noch verboten. Herr Montgomery hat anscheinend nicht verstanden,
worum es eigentlich geht.“
## Der Paragraf bliebe unangetastet
Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, sieht in dem
Vorschlag Montgomerys sogar einen Rückschritt: „Die von Montgomery ins
Spiel gebrachte „pragmatische Lösung“ ist ein Rückschritt vom bisherigen
Kurs des Ärztekammerpräsidenten, der im April noch die Aufhebung von § 219a
gefordert hatte. Eine Unterstützung für die Kolleginnen und Kollegen ist
dieser Vorschlag bedauerlicherweise nicht, denn das individuelle Recht auf
Informationsfreiheit von Ärztinnen und Ärzten für Frauen in Not bleibt so
weiterhin verwehrt.“
Dem schließt sich auch der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae an: „Der
Vorschlag ändert nichts an der Situation der Ärzte. Der Eingriff in die
Berufsfreiheit bleibt. Ärzte sollen gerade selbst entscheiden dürfen, ob
sie auf ihrer Webseite sachlich informieren möchten.“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte sich indes offen für eine
Bündelung von Informationen im Netz. Er betonte aber, die Gespräche
innerhalb der Bundesregierung zu dem Thema liefen noch. Ziel sei, dass
Frauen in einer schwierigen persönlichen Lage wissen können sollten, bei
welchen Ärzt*innen eine Abtreibung vorgenommen wird. „Die Frage ist, wie –
und darüber reden und ringen wir noch“, sagte Spahn dem Deutschlandfunk.
Was der Minister und der Union an Montgomerys Vorschlag besonders zusagen
dürfte: Der Paragraf 219a müsste für eine objektive Bereitstellung von
Adressen für ungewollt Schwangere nicht angetastet werden. Ärzt*innen
dagegen dürften weiterhin nicht über ihr Leistungsspektrum informieren und
könnten angezeigt werden.
9 May 2018
## LINKS
[1] /Juristischer-Umgang-mit-Abtreibung/!5500512
[2] /Angezeigte-Aerztinnen-ueber-Paragraf-219a/!5498955
## AUTOREN
Hanna Voß
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