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# taz.de -- Die Wahrheit: Horst Kawamba-Pukkapäki y Gutiérrez
> Mann und Frau springen in den Genpool: Doch auch schöne Eltern haben
> hässliche Kinder. Oder wie war das mit der Kunst?
Bild: Köstlicher Brottag im Bett: Mit diesen 100 Tipps wird's nett!
Hotte war unschwer als Spross einer finnischen Mutter und eines Vaters aus
Kinshasa zu erkennen. Sein linkes Auge war blau wie ein eisiger Morgen über
den Permafrostböden Lapplands, sein rechtes so unergründlich braun wie die
Wasser des Kongo. Seine Haut hatte im Gegenlicht die Farbe von
durchscheinendem Porzellan, nachts hingegen war sie so schwarz, dass er mit
der Umwelt verschmolz und nur das Polarauge in der Dunkelheit strahlte.
Daneben hatte er die zackige Nase seines andalusischen Opas, sein rechtes
Ohr besaß die Blumenkohlform des friesischen Torfstecherclans, dem seine
Oma Aaltje entstammte, und sein linkes Ohr lief spitz zu, dass man in
Kenntnis der damals neuen Scifi-Serie „Raumschiff Enterprise“ bizarre
Vermutungen anstellen konnte.
Doch weder die Lehrer noch wir machten viel Gewese um Hottes Aussehen und
den umwerfenden Mix in seinem Genpool. Das änderte sich erst, als ein neuer
Kunstlehrer an die Schule kam. Der Mann hatte zehn Jahre lang als Famulus
in Joseph Beuys’ Atelier für Fettnachschub gesorgt und war außer sich, als
er Hotte erblickte: „Du verkörperst die Zukunft der Menschheit, du bist
reine Kunst“, rief er: „Du wirst berühmt sein und reich, lass mich nur
machen!“
Hotte fand die Idee verlockend, große Leinwände mit Krakelmännchen
vollzumalen und damit Reichtum und Ruhm einzuheimsen. Zwar wurde nichts aus
der Krakelei, da der Beuys-Schüler auf Installationen spezialisiert war und
seinem Partner eine eher passive Rolle zugedacht hatte. Und doch war Hotte
gerne bereit, die Sommerferien als Bestandteil einer Skulptur aus alten
Autoreifen und leeren Sauerkrautbüchsen in der städtischen Kunsthalle zu
verbringen. Es war daher hart für ihn, als er nach den Ferien feststellen
musste, dass der Künstler sich mit dem Honorar nach Ibiza abgesetzt hatte
und der Ruhm sich auf einen hämischen Zeitungsartikel beschränkte, in dem
man ihn als vertrauensseligen Erzdussel porträtierte.
## Und dann kam Naila
Immerhin lernte er so Naila kennen. Sie war wie er ein Puzzle ihres
Stammbaums, sah gleichzeitig aus wie Nofretete, Pippi Langstrumpf und eine
Zwillingsschwester von Prinz Charles und war von einem Fotografen um ihren
Anteil an einer Kampagne für ein megahippes New Yorker Modelabel behumst
worden. „Ab jetzt“, beschloss Hotte, „machen wir selber Kunst: Living Art!
Wir werden Kinder zeugen, die noch verrückter aussehen als wir –
Krakelmännchen mit karierten Augen!“
Aber auch das ging schief, denn die Gene von Oma Aaltje erwiesen sich als
so dominant, dass die Sprösslinge von Naila und Hotte samt und sonders wie
blumenkohlohrige Torfstecher aussahen. „Mann, wir wollen doch keine
friesische Version der Kelly Family erschaffen“, schnaubte Hotte, ließ
seine Pläne endlich fahren und wurde Steuerprüfer beim Finanzamt. Wie ich
hörte, mit einem besonderen Faible für die Verfolgung von Künstlern und
anderen windigen Existenzen.
22 May 2018
## AUTOREN
Joachim Schulz
## TAGS
Bildende Künstler
Finanzamt
Geister
Reiseland Spanien
Brot
Karl Marx
Senioren
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