# taz.de -- Förderung von Lastenfahrrädern: JedeR nur ein Rad! | |
> Die Verkehrsverwaltung verteilt üppige Zuschüsse zur Anschaffung von | |
> Lastenrädern. Wenn Anfang Juni der Startschuss fällt, dürfte der Andrang | |
> groß sein. | |
Bild: Nicht nur für ein paar Gurken gut: Lastenräder | |
Vor wenigen Jahren waren sie noch richtige Exoten in Berlin: Lastenräder. | |
Heute sieht man schon eine ganze Menge herumfahren, vom eher klobigen | |
„Christiania“-Klassiker auf drei Rädern bis zum schnittigen „Bullitt“,… | |
und ohne elektrische Unterstützung. Im Zeichen der Verkehrswende könnten es | |
allerdings noch viel, viel mehr sein – finden nicht nur velophile | |
AktivistInnen, sondern auch die Senatsverkehrsverwaltung. Darum beglückt | |
sie die Stadt jetzt mit Fördermitteln zur Anschaffung von Lastenrädern. Das | |
Interesse ist so groß, dass viele dabei leer ausgehen könnten. | |
Noch hält der für Finanzen zuständige Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses | |
die Hand aufs Lastenrad-Füllhorn. Anfang Juni dürfte aber der Startschuss | |
endlich fallen: Private und gewerbliche Interessenten können dann zu einem | |
– noch anzukündigenden – Stichtag bei der Senatsverwaltung einen Zuschuss | |
von einem Drittel des Preises beantragen, maximal jedoch 500 Euro für ein | |
„normales“ und 1.000 Euro für ein elektrisch unterstütztes Rad. | |
Ausgeschüttet werden insgesamt 200.000 Euro, der größere Teil davon | |
(130.000 Euro) an private, der Rest an gewerbliche AntragstellerInnen. In | |
2019 wird der Jackpot mit 500.000 Euro noch einmal mehr als verdoppelt, | |
dann ist nach jetzigem Planungsstand Schluss mit der Spendierlaune. | |
Wie viele Lastenräder am Ende dabei herausspringen, kann man grob | |
überschlagen: Nicht-elektrische Modelle unter 1.500 Euro sind rar, die | |
meisten KäuferInnen dürften also das Maximum von 500 Euro in Anspruch | |
nehmen. Macht – rein theoretisch – 400 Stück. Würden dagegen ausschließl… | |
E-Bikes zu Preisen von 3.000 Euro aufwärts geordert (ein durchaus | |
realistischer Preis), reichte das Geld für 200 Räder. Die tatsächliche | |
Anzahl wird irgendwo dazwischen liegen. Mit der zweieinhalbfachen | |
Fördersumme im kommenden Jahr wird am Ende eine höhere dreistellige Zahl | |
von Lastenfahrrädern zusätzlich durch Berlin rollen. Ein durchaus | |
wahrnehmbarer Effekt – oder? | |
Peter Stage vom Fahrradladen Mehringhof in Kreuzberg können 200.000 Euro | |
nicht beeindrucken. „Ja, das klingt für die meisten Leute nach viel Geld.“ | |
Angesichts der Größe Berlins sei es aber „nichts weiter als ein Pups“ –… | |
der erhöhte Nachschlag allenfalls ein „Doppel-Pups“. Stage kennt sich mit | |
Lastenrädern aus. Der Laden, den er vor fast 40 Jahren mitgegründet hat, | |
führt sie seit eh und je, und das Team legt Wert auf Qualität, gerade | |
jetzt, wo der Markt, so Stage, „ein bisschen verdirbt. Es drängen Marken | |
nach, deren Hersteller für einen günstigeren Preis viele Abstriche bei der | |
Verarbeitung machen. | |
Im Mehringhof zählten sie schon Wochen vor dem Startschuss der Förderung | |
„60, 70“ Interessierte, ähnliche Zahlen nennen andere Händler. Auch in dem | |
auf E-Bikes oder eben E-Lastenräder spezialisierten „E-Motion“ in der | |
Brunnenstraße haben schon mehrere Dutzend Menschen mit Blick auf das | |
Senatsgeld Probefahrten absolviert. In der Verkehrsverwaltung selbst | |
rechnet man laut Sprecher Matthias Tang mit „vielen“ Anträgen. Sehr gut | |
möglich also, dass zumindest das Geld der ersten Tranche nicht reicht. | |
## Es gilt das „Windhundprinzip“ | |
Wer geht in diesem Fall leer aus? Voraussichtlich alle, die den Antrag | |
nicht gleich am ersten Tag per Mail einsenden. Laut Matthias Tang werden | |
die Förderzusagen (ein Code, mit dem man später die Rechnung zur | |
Teilerstattung einreicht) „nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs“ | |
vergeben – „Windhundprinzip“ nennt das die Senatsverwaltung. Allerdings | |
wird nicht auf Stunden, Minuten oder gar Sekunden geschaut, es zählt das | |
Datum. Liegen dann mehr Anträge vor, als Mittel zur Verfügung stehen, wird | |
gelost. | |
Für alle, die dann in die Röhre blicken, heißt es Trübsal blasen und auf | |
2019 hoffen Es gibt aber noch mehr Gründe, nicht ganz glücklich mit der | |
Förderpolitik des Senats zu sein. „Wir hätten es besser gefunden, wenn | |
Bike-Sharing subventioniert würde anstatt privater Lastenräder, die dann | |
wie Autos 23 Stunden am Tag den Hinterhof verstopfen“, findet Thomas | |
Büermann von der Initiative „fLotte“, die seit diesem Frühjahr kostenlos | |
Lastenräder verleiht. Was sich die AktivistInnen wünschen würden: dass | |
möglichst viele Privatmenschen mit der Förderung ein Lastenrad kaufen – und | |
dieses dann zeitweise der fLotte zur Verfügung stellen. | |
16 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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