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# taz.de -- Kommentar Markus Söders Missgriffe: Die Arroganz der Staatspartei
> Söder verscheucht seine eigenen Wähler. Erst schlug er sie mit dem
> Kreuz-in-den-Amtsstuben. Und jetzt schreckt er sie mit dem Polizeigesetz
> auf.
Bild: Markus Söder macht jetzt Politik – und sinkt in der Wählergunst
Es war ein kurzer Frühling für die CSU. Noch vor einem Monat hatte es eine
Umfrage gegeben, die der Partei des gerade gekürten Ministerpräsidenten
Markus Söder Hoffnung gab, die absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen im
Oktober vielleicht doch verteidigen zu können. Doch dann wurden aus den vom
Meinungsforschungsinstitut Mitte April errechneten 44,5 Prozent im Mai 42,1
Prozent.
Was ist da passiert? Ganz einfach: Markus Söder und seine Getreuen haben
angefangen, Politik zu machen.
Die im Heimatrausch beschlossene Kreuzpflicht für bayerische Behörden
sollte so etwas wie ein Befreiungsschlag sein. Der wurde versemmelt. Die
Christen, ob Katholiken oder Protestanten, waren sauer, weil für sie das
Kreuz mehr ist als ein Symbol für die kulturelle Identität Bayerns. Für
Nichtchristen war die Entscheidung eh ein Tritt in den Hintern. Es war der
hilflose Versuch, mal irgendetwas Konservatives zu entscheiden.
Am Dienstag soll nun ein neues Polizeiaufgabengesetz im Landtag
verabschiedet werden. Gegen diese massive Ausweitung der Polizeibefugnisse
in Bayern sind am Himmelfahrtstag in München 40.000 Menschen auf die Straße
gegangen. Diesen Menschen wird mit einer Arroganz begegnet, die man gut
kennt in Bayern. Es ist die Arroganz der Staatspartei gegenüber der
kritischen Bevölkerung. Wer einst gegen die atomare
Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf demonstriert hat, wird sich
erinnern, wie sie sich anfühlt.
Doch der Habitus einer Partei, die immer noch glaubt, ihr stehe das Recht
auf ewige Alleinherrschaft zu, ist einfach nur peinlich in Zeiten sinkender
Zustimmung zum Prinzip CSU in Bayern. So sagt Innenminister Joachim
Herrmann, die Argumente derer, die gegen ausufernde Polizeikompetenzen auf
die Straße gehen, seien das Produkt von Lügenpropaganda. Und
Ministerpräsident Söder will seiner Bevölkerung nach Verabschiedung des
Gesetzes das Ganze noch einmal erklären; wahrscheinlich so lange, bis
wirklich alle kapiert haben, dass die Partei immer recht hat. Wer die
Trump’sche Fake-News-Keule schwingt oder seinem Staatsvolk schlicht jeden
Intellekt abspricht, riskiert das Ende dessen, was man gemeinhin
freiheitliche Demokratie nennt.
Auf 12 Prozent kommt die AfD in der jüngsten Civey-Umfrage. Deren Fans
haben sich längst von dieser Idee der Freiheit abgewendet. Die CSU tut
nicht nur in der Flüchtlingspolitik beinahe alles, um der AfD zu folgen.
Sie riskiert den demokratischen Grundkonsens. Dass sie dafür mit dem
Verlust der absoluten Mehrheit bestraft werden könnte, ist da durchaus eine
gute Nachricht.
14 May 2018
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Bayern
Markus Söder
Polizeigesetz
Umfrage
Anti-Atom-Bewegung
Bayern
Polizei
Polizeigesetz
Alexander Dobrindt
Schwerpunkt AfD
Polizeigesetz
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