| # taz.de -- Jens Spahn besucht Hartz-IV-Kritikerin: Sie aßen Kuchen | |
| > Zu seinem Treffen mit einer Hartz-IV-Empfängerin bringt Jens Spahn | |
| > Obstkuchen mit. Selbst einen Monat lang nur von Hartz IV leben möchte er | |
| > nicht. | |
| Bild: Hat mit der Realität von Hartz-IV-Empfänger*innen nicht viel zu tun: Je… | |
| Karlsruhe dpa/taz | Am Ende reichen Sandra Schlensogs Kraft und Nerven | |
| nicht, um noch einmal vor Kameras und Mikrofone zu treten. Auch | |
| Gesundheitsminister Jens Spahn eilt fast wortlos davon. „Es war ein gutes | |
| Gespräch miteinander“, sagt der 37 Jahre alte CDU-Politiker bloß und ist | |
| schon mit seiner Limousine verschwunden. | |
| Zuvor haben das Aushängeschild der Konservativen in der Union und [1][die | |
| Karlsruher Hartz-IV-Kritikerin] gut eine Stunde lang ein vertrauliches | |
| Gespräch in privater Atmosphäre in Schlensogs Wohnung geführt. Mitgebracht | |
| hat er „sechs Stück leckeren Obstkuchen“, wie ihr Unterstützer Jörg Rupp | |
| sagt. Mitnehmen kann Spahn einen USB-Stick mit einer von der 40 Jahre alten | |
| Hartz-IV-Bezieherin initiierten Online-Petition, die bis Samstag rund | |
| 210.000 Unterstützer*innen gefunden hat. | |
| Die Unterzeichner*innen fordern Spahn auf, selbst einen Monat lang von | |
| Hartz IV zu leben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was Armut im Alltag | |
| bedeutet. Der Minister möchte das aber nicht, wie er hinterher schriftlich | |
| mitteilt. Er befürchtet, viele Bürger könnten es als „Farce“ empfinden, | |
| wenn er versuche, mit ganz schmalem Geldbeutel auszukommen. „Denn zu | |
| offenkundig käme mein beruflicher Alltag auch dann der realen Lage eines | |
| Hartz-IV-Empfängers nicht nahe.“ | |
| Schlensog bedauert, dass sie Spahn nicht überzeugen konnte. Die politischen | |
| Differenzen blieben bestehen. Auch wenn sie wisse, dass der | |
| Gesundheitsminister nicht der richtige Ansprechpartner sei, rücke sie von | |
| ihren Forderungen zum Thema Hartz IV nicht ab. | |
| Entzündet hatte sich Schlensogs Empörung [2][an einer Aussage Spahns], die | |
| einige Wochen zurückliegt. Er hatte gesagt, Hartz IV bedeute nicht Armut, | |
| sondern sei die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut. Sie trat ihm | |
| danach unter anderem in der Fernsehtalkrunde „Hart aber fair“ entgegen. | |
| ## Respektvoller Umgang mit Hartz-IV-Empfänger*innen | |
| Vor dem Treffen, zu dem auf Wunsch des Ministeriums zunächst nicht einmal | |
| Ort und Zeit bekannt gegeben wurden, gingen rund 100 Menschen in der | |
| Karlsruher Innenstadt auf die Straße und demonstrierten für mehr Geld und | |
| eine respektvollere Behandlung von Menschen, die auf Sozialleistungen | |
| angewiesen sind. | |
| Schlensog selbst rief: „Wir sind hier, weil es Zeit ist aufzustehen.“ Sie | |
| wirft Spahn vor, mit seinen Aussagen auf denen herumzutrampeln, die sich am | |
| wenigsten wehren könnten. „Herr Spahn, leugnen Sie nicht weiter die Armut, | |
| die Hartz IV verursacht. Schämen Sie sich.“ | |
| Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl forderte ein | |
| bedingungsloses Grundeinkommen. „Hartz IV hat es nicht geschafft die | |
| Menschen zu aktivieren.“ Andere Redner, darunter vom DGB, der Linken und | |
| der Landesarmutskonferenz, kritisieren den Gesundheitsminister unter | |
| anderem als Zyniker, weil Hartz IV krank mache, und loben Schlensogs Mut, | |
| gegen ihn aufzustehen. Auf Plakaten fordern Demonstranten: „Hartz IV | |
| abschaffen – sanktionsfreie Grundsicherung von 1.050 Euro monatlich“ oder | |
| „Teilhabe statt Hartz IV“. | |
| Der Hartz-IV-Regelsatz beträgt für einen Alleinstehenden 416 Euro im Monat | |
| und für einen volljährigen Partner in einer Bedarfsgemeinschaft 374 Euro. | |
| Ein Kind zwischen 7 und 14 Jahren bekommt 296 Euro. 2017 gab es | |
| durchschnittlich 6,07 Millionen Hartz-IV-Bezieher. Als Minister bekommt | |
| Jens Spahn monatlich rund 15.000 Euro vom Staat. | |
| Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, | |
| will Spahn in die Pflicht nehmen: „Noch besser als so ein demonstratives | |
| Treffen wäre es, wenn sich Jens Spahn demonstrativ hinter den | |
| Koalitionsvertrag stellen würde“, teilt die Pforzheimer | |
| Bundestagsabgeordnete mit. „Denn dort sind viele konkrete Schritte | |
| beschrieben, wie wir Armut bekämpfen können und nicht stigmatisieren, wie | |
| Spahn das getan hat.“ | |
| 29 Apr 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sönke Möhl | |
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