# taz.de -- Kommentar Rücktritt in Armenien: Hut ab! | |
> In nur zwei Wochen hat die armenische Protestbewegung den korrupten | |
> Regierungschef aus dem Amt gekippt. Doch Sargsjan allein ist nicht das | |
> Problem. | |
Bild: Jubel mit Sektflasche: Nikol Paschinjan (M), Anführer der Proteste, nach… | |
Da kann man nur sagen: Hut ab! Gerade einmal zwei Wochen haben die | |
ArmenierInnen gebraucht, um ihren zum Regierungschef mutierten früheren | |
Präsidenten Sersch Sargsjan mit Massenprotesten aus dem Amt zu kippen. Der | |
Unmut der Menschen richtete sich dabei vor allem gegen Sargsjans dreisten | |
und durchsichtigen Versuch, durch einen Ämtertausch an der Macht zu bleiben | |
– und das auch noch mit mehr Vollmachten ausgestattet als zuvor. | |
Doch der Zorn über dieses Manöver, das 2008 mit einer Rochade zwischen | |
Wladimir Putin und Dmitri Medwedjew beim Nachbarn Russland so reibungslos | |
über die Bühne ging, ist längst nicht alles. Es geht um mehr. Sargsjan war | |
und ist für die meisten Armenier eine Hassfigur. Er steht stellvertretend | |
für einen korrupten scheindemokratischen Klan von Politikern, die das Volk | |
ausplündern und sich schamlos selbst bereichern. | |
Viele nehmen es Sargsjan übel, dass er 2013 quasi im Alleingang ein | |
unterschriftsreifes Abkommen mit der Europäischen Union über den Haufen | |
warf und Armenien stattdessen der von Russland dominierten Eurasischen | |
Wirtschaftsunion beitrat. Auf die versprochenen Wohltaten dieser | |
Mitgliedschaft warten die Armenier, von denen ein Großteil an | |
beziehungsweise unter der Armutsgrenze lebt, bis heute. | |
Ihr Jubel darüber, sich Sargsjan jetzt entledigt zu haben, ist | |
verständlich. Doch die Frage lautet: Wie geht es weiter? Viel wird davon | |
abhängen, ob es den oppositionellen Kräften, jenseits der Umsetzung des | |
Vorhabens eine Regierung zu stürzen, gelingt, ihre Kräfte zu bündeln und | |
eine gemeinsame tragfähige Strategie zu entwickeln. Dafür ist es jedoch | |
unumgänglich, mit den regierenden Kräften in einen Dialog einzutreten. | |
Zumindest Sargsjans Republikanische Partei dürfte nach den Ereignissen der | |
letzten Tage gewarnt sein. Das ist bereits ein erster Schritt. | |
24 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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