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# taz.de -- Parlamentswahl in Ungarn: Orbán siegt zum dritten Mal in Folge
> Orbáns Fidesz-Partei gelang mit 48,8 Prozent ein klarer Sieg. Verlierer
> sind die Sozialdemokraten und die rechtsextreme Jobbik.
Bild: Orban kann nach einem klaren Sieg seine vierte Amtszeit und die dritte in…
Viktor Orbán hat einen großen Wahlsieg davongetragen. Nach Auszählung fast
aller Stimmen steht fest, dass die Parlamentswahl vom Sonntag der
regierenden Fidesz-KDNP-Koalition von Premier Orbán eine deutliche Mehrheit
beschert hat. Zum dritten Mal hintereinander. Wahrscheinlich reichen die
48,5 Prozent der Stimmen sogar für eine Zweidrittelmehrheit an Mandaten.
Der Stimmenanteil liegt 3,6 Punkte über dem Ergebnis von 2014.
Verlierer sind die Sozialdemokraten, die von 25,6 auf 12,4 Prozent halbiert
wurden, und die rechtsextreme Jobbik, die zwar mit 19,5 Prozent stärkste
Oppositionskraft wurde aber – entgegen allen Prognosen – nicht zulegte,
sondern 0,7 Prozentpunkte verlor. Leichte Zugewinne gab es für die
konservativ-grüne LMP (6,9 Prozent). Die erstmals antretende Demokratische
Koalition von Ex-Premier Ferenc Guyrcsány erreichte 5,4 Prozent und damit
den Einzug ins Parlament. Sie hat sich von der sozialdemokratischen MSZP
abgespalten.
Erste brauchbare Ergebnisse wurde erst kurz vor Mitternacht bekannt
gegeben, da sich die Schließung der Wahllokale um Stunden verzögerte. Um
19:00 standen vor einigen Lokalen in Budapest noch hunderte Menschen an.
Sie durften alle noch ihre Stimme abgeben. Die hohe Wahlbeteiligung von
über 68 Prozent (ein Plus von sechs Prozentpunkten) gab der Opposition
zunächst Hoffnung. Meinungsforscher waren davon ausgegangen, dass eine
niedrige Stimmenthaltung Orbán schadet, da seine Kampfrhetorik über die
Stammklientel von zwei bis 2,5 Millionen Anhängern kaum mobilisieren könne.
Das erwies sich als falsch. Bisherige Nichtwähler schritten vor allem in
Wahlkreisen, wo die Rechtsparteien Fidesz und Jobbik stark sind, zu den
Urnen.
Während sich Orbán noch in der Nacht von begeisterten Anhängern in Budapest
feiern ließ, trat Jobbik-Chef Gábor Vona zurück. Sein Versuch, die Partei
vom martialisch-faschistischen Auftreten zur gemäßigt-konservativen Mitte
zu führen, war nicht aufgegangen. Ein Teil seiner Fans lief zu Orbán über,
der die Blut-und-Boden-Ideologie mit seiner Angstmache vor
Massenzuwanderung am besten bediente. Der Premier hatte weder ein
Wahlprogramm präsentiert, noch an Debatten mit den Oppositionskandidaten
teilgenommen. Allerdings verstand er es, das maßgeschneiderte Wahlsystem
und die fast völlige Kontrolle über die Medien zu nützen.
## Furchterregende Bilder der „Flüchtlingswelle“
Neben der nationalen Liste, die 93 Mandate proportional verteilt, gibt es
106 Parlamentssitze aus Einerwahlkreisen. Im staatlichen Fernsehen liefen
am Wahlsonntag in Endlosschleife furchterregende Bilder von der
Flüchtlingswelle 2015 und Interviews mit jungen Frauen, die über sexuelle
Belästigung durch Migranten klagten. Aus der Stadt Eger berichteten Medien
über „arabisch gekleidete Männer“ in der Nähe von Wahllokalen, die offen…
die Ängste noch anheizen sollten. Die Opposition, so Orbáns bis zum
Erbrechen getrommelte Botschaft, wolle das Land mit kulturfremden
Ausländern überschwemmen. Der einzige Garant für den Bestand des
christlichen Abendlandes sei er.
Der Opposition ist es nicht gelungen, der grotesken national-konservativen
Rhetorik etwas entgegenzusetzen. Weder die zahllosen Korruptionsskandale
der Regierung, die ihre Günstlinge mit öffentlichen Aufträgen und
EU-Fördergeldern belohnt, noch die Warnung vor einer zunehmend autoritären
Umgestaltung des Staates vermochten die Ungarn zu überzeugen. Die Versuche,
Fidesz in manchen Einerwahlkreisen durch taktische Allianzen zu schlagen,
blieben unbelohnt, weil zu wenige der Kandiaten zu einem Rücktritt
zugunsten eines Aussichtsreicheren bereit waren.
Um in den 106 Wahlkreisen das Mandat zu erreichen, genügt eine einfache
Mehrheit. Dank zersplitterter Opposition hat Fidesz diese Mehrheit mit
Ausnahme einiger Bezirke in Budapest und vereinzelter Wahlkreise im Süden
und Norden, überall erreicht. So kann die Regierungsallianz mit 133 bis 134
der 199 Mandate im Einkammernparlament rechnen. 134 wäre die
Zweidrittelmehrheit, die auch neue Verfassungsänderungen im Alleingang
erlauben würde.
Orbán profitierte auch von der Einbürgerung von ethnischen Magyaren in den
Nachbarländern, die für die nationale Liste stimmberechtigt waren. 2014
hatten diese zu über 90 Prozent für Fidesz gestimmt. Im Budapester
Wahlbezirk Teréváros wurden Fälle von Wahlbetrug bei der Polizei angezeigt.
Wahlberechtigten sei Geld geboten worden, wenn sie per Handyfoto das
Kreuzchen für Fidesz nachweisen konnten. Die endgültige Mandatsverteilung
wird erst gegen Ende der Woche feststehen, wenn die mehr als 200.000
Stimmen von Bürgern ausgezählt sind, die nicht im heimatlichen Wahlkreis
gewählt haben.
9 Apr 2018
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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