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# taz.de -- Die Wahrheit: Die vier Elemente: Luft
> Wenn der Winter nicht weg geht, ist es an der Zeit, persönlich gewonnenes
> meteorologisches Fachwissen wieder auszugraben.
Ich lag erschossen auf dem Sofa, als plötzlich Schnee vom Himmel fiel.
Sollte nicht allmählich Frühling werden? Kalendarisch, moralisch,
epikurisch und vor allen Dingen meteorologisch? Und was soll dieser
Schmerz, der einen überkommt, wenn das Fenster geöffnet und die kalte
Winterluft hereingelassen wird? Ist das eine hypochondrische Reaktion auf
die laufende Dieseldebatte oder sind das einfach Atembeschwerden, weil die
Luft so kalt ist?
Mit dieser späten Kaltfront, wie sie uns jetzt Mitte März noch ereilte, war
jedenfalls nicht zu rechnen gewesen. Die Norwegerpullis waren schon alle
weggeräumt.
Zu einer Zeit, als es noch Telefonkarten gab und Enteiserspray für den
morgens zuverlässig zugefrorenen VW Käfer meiner Mutter, jobbte ich als
Student in einem Vertriebsbüro für Türluftschleier. Türluftschleier, das
sind diese lustig sausenden Geräte, die über den Eingängen großer
Kaufhäuser hängen und die Luft so regulieren, dass die Türen offen stehen
und es drinnen trotzdem nicht kalt wird. Schleier aus Luft also.
Das Betriebsbüro war klein und dennoch geräumig, in dem Kabuff, in dem ich
dafür zu sorgen hatte, dass die Kataloge richtig zusammengestellt waren,
zog es leider ziemlich. Der Betriebsleiter war werdender Vater mit viel
überschüssiger Energie, der seine Frau am Telefon wortreich dazu antrieb,
endlich was zu machen, um die Geburt einzuleiten. Vom Tisch springen oder
so.
Es war der üblich öde Studentenjob, lausig bezahlt, mit netten Kollegen und
einem angenehm absenten Chef und vielen Rauchpausen im Freien, aber
tatsächlich habe ich auch etwas gelernt. Über Luftmassen. Die fallen und
sich bewegen, die sich aufheizen und von der Erdumdrehung angefeuert werden
und dann wieder auf den Boden fallen, also von Hochs und Tiefs und so. Von
Cumuluswolken und tiefen Schichtwolken, und all den anderen, von Klimazonen
und Vorhersagen.
Das meiste habe ich leider wieder vergessen. Aber wer braucht schon
meteorologisches Fachwissen? Kurz vor Ostern hat es wärmer zu werden,
irgendwann ist auch mal gut mit Winter, die Geister sollten doch schon
Karneval alle vertrieben sein und schließlich wollen die Kinder die Eier
bald draußen suchen und nicht unter dem Gelsenkirchener Barock.
Stichwort Möbel: In einer Onlinebroschüre über Schlafsofas tauchte der Satz
auf „Dieser Stoff bietet ihnen bis zu 20.000 Scheuertouren“. Es gibt also
eine Maßeinheit für Abgewetztheit, dachte ich, während ich immer noch
erschossen auf dem Sofa lag. Das bestimmt schon bei 25.000 Scheuertouren
war.
Ich sollte mal aufmöbeln, dachte ich. Sofa, Sessel, Türluftschleier – das
ist doch alles von gestern! „Kaufte man früher eine Schrankwand fürs Leben
steht Langlebigkeit heute längst nicht mehr im Mittelpunkt. Viele Menschen
müssen berufsbedingt öfters umziehen. Deswegen geht der Trend zu flexiblen
Möbeln“, las ich.
Und die Luft hier, die sollte auch mal wieder ausgetauscht werden.
21 Mar 2018
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Wetter
Luft
Erinnerung
Flüchtlinge
Erde
Sexualität
Feuer
Deutsche Politik
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