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# taz.de -- Die Wahrheit: Die vier Elemente: Wasser
> Der Blick streift durchs Hallenbad und erfasst sphinxhafte Frauen,
> schlaksige Japaner und andere, die das Tableau des Schwimmbads
> bereichern.
Bild: Burkini in Action: Szene aus einem Freibad in Berlin
Ich lag erschossen auf dem Sofa, als plötzlich Wasser vom Himmel fiel. Der
Regen klopfte an mein Fenster, das hintergründige Plätschern machte mich
schläfrig. Eine Wassermusik zur Unzeit. Dabei wollte ich doch schwimmen
gehen. Im endlich spaßbefreiten Hallenbad.
Das war die erste Suite. Mit einer Lustfahrt, die nicht viel mehr als ein
Gang durch den Regen war, beginnt die zweite. Ich hatte es tatsächlich vom
Sofa in die Jacke geschafft, um Wind und Wetter zu trotzen und meine
halbwöchentliche Dosis Sport abzuholen – ich gehe gewöhnlich zweimal die
Woche schwimmen.
Berichte aus Hallenbädern sind selbstverständlich etwas heikel. Dafür gibt
es mehrere Gründe: Da ist das Fotoverbot, man muss also alles aus dem
Gedächtnis schreiben. Wobei das seine Vorteile hat. Man bekommt zwar so
viel „Haut“ wie sonst nie zu sehen, aber oft sieht die gar nicht so gut
aus. Und dann sind Körper in Schwimmbädern meistens unter Wasser, also kaum
zu erkennen. Bevor Sexualität ins Spiel kommen kann, konzentriert man sich
auf andere Phänomene – zum Beispiel ziehen junge Frauen gern „sphinxhaft“
ihre Bahnen, Blickrichtung immer geradeaus, als ob sie unsichtbare
Scheuklappen trügen. Dabei verströmen sie eine Aura sowohl des Geheimnisses
als auch des Unberührtseins. Eine Sphinx, die Brust schwimmt. Ja, ach.
Und schließlich lauert noch die Soziologiefalle – im Schwimmbad lassen sich
die absonderlichsten Überlegungen zu Herkunft und Verhalten, zu Zeichen und
Bedeutung, zu Nostalgie und Teenage-Romantik anstellen. So lösen Menschen,
die nach Chlor riechen, die wildesten Assoziationen aus: schlaksige
Japaner; deutschrussische Glatzköpfe mit Bierbauch, die paschahaft im
Whirlpool hängen und einen per Blickregime aus ihrem Revier vertreiben
wollen, dann aber unvermittelt und schulterschließend lächeln, wenn man
sich zum dritten Mal nicht hat vertreiben lassen; ein Gewimmel von
hinterasiatisch und indisch aussehenden Menschen, die sich zu vierzehnt in
das Rundbecken zwängen; unsichere, aber empfangsbereite junge Frauen mit
Gewichtsproblemen; ein junges Mädchen im Burkini, das sich kaum auf den
Fünfmeterturm traut, dann aber doch springt und beim nächsten, bestimmt
schon zehnten Mal wieder genauso unsicher auftritt.
Das Wasser selbst ist mal kristallklar, mal chlorblau. Es ist mal warm,
weil die Betreiber der städtischen Bäder einen Wärmezuschlag toll finden,
mal ist es kühl. Mal muss man sich hetzen, weil das Hallenbad sich als
„Spaßbad“ versteht und eine Rutsche sowie ein Kinderbecken vorweisen kann
und man für mehr Geld weniger Zeit zur Verfügung hat. Mal ist es zu voll,
weil das Bad zwei Hallen hat, die aber aus Personalmangel immer nur im
Wechsel öffnen. Und erst das Personal! Ein Erlebnis ist das Tableau immer.
Schlusssatz der dritten Suite: Wie gut, dass ich es noch geschafft hatte!
Glücklich rubbelte ich mich in mein Handtuch.
6 Mar 2018
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Sexualität
Burkini
Erde
Wetter
Feuer
Deutsche Politik
Schwerpunkt Frankreich
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