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# taz.de -- Die Wahrheit: Von Genesis bis Exodus
> Warum man bei manch biblischen Namen weniger an Flüchtlinge und
> Rettungsschiffe denken muss als an popkulturelle Töne.
Im Anfang war der Ton und ein Rotlicht, das sagte: Achtung Aufnahme. Im
Anfang war „Where the Sour Turns to Sweet“ von der Platte „From Genesis to
Revelation“. Irgendwann endete es mit Adam, gespielt von Phil Collins, an
dem das einzig Besondere sein Gang war. Aber dieses irgendwie traurige Ende
war damals, also am Anfang der ganzen Chose, noch gar nicht abzusehen.
Es tut mir leid, ich bin popkulturell versaut. Wenn ich das Wort „Genesis“
höre oder lese, dann denke ich nicht zuerst: Bibel, Garten Eden, Apfel,
Schlange, Sündenfall – ich denke: Peter Gabriel, Phil Collins, Mike
Rutherford und der eine, den man immer vergisst.
So geht es mir mit vielen Dingen: Als die Rede von dem Schiff war, das von
Libyen aus eine Odyssee durchs Mittelmeer hinlegen musste, weil der
italienische Innenminister die Häfen wegen der Geflüchteten schließen ließ,
dachte ich: wie toll, ein Schiff namens „Aquarius“! Wie dieser Song aus
„Hair“! „This is the dawning of the age of Aquarius“! Das Zeitalter des
Wassermanns ist angebrochen! Und, ist es das nicht irgendwie auch?
Kann ja kein Zufall sein, dass so ein von einer NGO betriebenes Schiff
ausgerechnet „Aquarius“ heißt. Will aber niemand so recht wahrhaben. Namen
sind Zufall und bedeuten nichts, denken die meisten, aber dass das nicht
stimmt, ganz im Gegenteil, das wissen nicht nur Lacanianer und ich.
Unter der „Aquarius“ stelle ich mir also ein behaartes oder besser:
langhaariges Schiff vor. Ein Schiff, das meterlange Haare submarin hinter
sich herzieht. Das Haar des Wassermanns. Die Haare von Meerjungfrauen.
Seehaare, Tang und Algen, die sich am Kiel, an den Schiffsschrauben oder
sonst wo verfangen haben und über das gesamte Mittelmeer gezogen werden,
dass die Fische sich wundern.
Das Schiff hat einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Es hieß vorher „Meerkatze“,
lernt man da, und fuhr unter deutscher Flagge. Zitat: „Das vom Germanischen
Lloyd klassifizierte Schiff verfügte über die Eisklasse E2.“ Wenn das mal
nichts ist! Die Eisklasse E2, in der sich ansonsten bestimmt nur Politiker
und Funktionäre tummeln!
Nachdem die „Aquarius“„ lange als Vermessungsschiff unterwegs war, fährt
sie mittlerweile für die Seenotrettungsorganisation SOS Mediterranée unter
der Fahne Gibraltars. Zugelassene Passagierzahl: „500 Schiffbrüchige“.
Steht so da.
Die Geflüchteten auf der „Aquarius“ haben selbstverständlich ihre eigenen
Lieder. Von Genesis oder dem Hippie-Musical „Hair“ werden die weit entfernt
sein. Wenn die Geschichte gut verläuft, also die Geschichte mit großem G,
werden wir diese Lieder dereinst einmal hören. Vielleicht sogar als
Musical, das von einer großen Überfahrt erzählt. Mit Happy End und allem.
Das Buch, das auf die Genesis folgt, heißt Exodus und hat ein ähnlich
glückliches Ende. Da schafft es auch ein Volk ins gelobte Land. Gibt Leute,
die das mal wieder lesen sollten.
26 Jun 2018
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Flüchtlinge
Popkultur
Georgien
Bibel
Queen Elizabeth II.
Erde
Wetter
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