# taz.de -- Islamische Theologie in Berlin: Beim Barte des Professors | |
> Die Humboldt-Universität will islamische Theologen ausbilden – ohne | |
> liberale Muslime. Kritik kommt von Studierenden und CDU. | |
Bild: Betender in der von Ditib errichteten Sehitlik-Moschee in Berlin | |
BERLIN taz | Ob der Islam zu Deutschland gehört, steht an der | |
Humboldt-Universität zu Berlin (HU) nicht zur Debatte – wie diese | |
Zugehörigkeit ihren akademischen Ausdruck findet, jedoch schon. Nach Jahren | |
der Vorbereitung steht die HU nun kurz davor, islamischen | |
Religionsgemeinschaften ähnliche Privilegien für die Ausbildung von | |
Seelsorgern und Religionslehrern einzuräumen, wie der evangelischen Kirche. | |
Die beteiligten islamischen Verbände repräsentieren dabei vor allem das | |
Spektrum eines eher konservativen Islam. Liberalere Muslime hatten diese | |
Beschränkung wiederholt kritisiert. | |
Am Dienstag nun unterrichtete das Präsidium der HU den Akademischen Senat | |
(AS) der Universität über die Kooperationsvereinbarung zwischen mehreren | |
Islamverbänden und der Hochschule. In der Vereinbarung werden den Verbänden | |
sehr weitgehende Mitbestimmungsrechte bei der Auswahl der Lehrenden | |
eingeräumt. | |
Dazu zählt eine prinzipielle Zustimmungsklausel bei der Berufung von | |
ProfessorInnen und der Einstellung wissenschaftlicher MitarbeiterInnen. Zum | |
Vergleich: Der Evangelische Kirchenvertrag mit dem Land Berlin verlangt | |
diese zwingende Zustimmung nur bei Änderungen der Prüfungs-, Promotions- | |
und Habilitationsordnungen. In Personalangelegenheiten ist die Einholung | |
und „Beachtung“ kirchlicher Stellungnahmen vorgesehen. Änderungen am | |
Kooperationsvertrag mit den islamischen Verbänden können derweil nur bei | |
Einvernehmlichkeit aller Beteiligten erreicht werden – eine hohe Hürde für | |
Nacharbeiten. | |
João Fidalgo, studentischer Vertreter im AS, betonte gegenüber der taz, | |
dass einzelne Klauseln des Vertrages sicher kritikwürdig seien, wie auch | |
das Verfahren der beiläufigen Unterrichtung der Gremien über den Sachstand. | |
„Das alles tritt jedoch in den Hintergrund gegenüber der Tatsache, dass | |
ausgerechnet Ditib wichtigster Verhandlungspartner auf Seiten der | |
Islamverbände ist.“, so Fidalgo. | |
Er erinnert an die Solidaritätsbekundungen aus der HU für die in der Türkei | |
verfolgten UnterzeichnerInnen des Appells der „Academics for Peace“. Dass | |
nun ausgerechnet Ditib, die mehr eine politische Vorfeldorganisation der | |
türkischen Regierung als eine Religionsgemeinschaft sei, Einfluss auf | |
Berufungen an der HU haben soll, hält er vor diesem Hintergrund für | |
unverantwortlich. | |
## Gleiches Recht für alle | |
Martin Heger, Professor für Strafrecht und Mitglied des AS, hält die Kritik | |
an der Ausrichtung der beteiligten Verbände zwar für grundsätzlich | |
nachvollziehbar, warnt aber davor, ausgerechnet an dieser Stelle zweierlei | |
Maß anzulegen. Heger erklärt, dass mit der vorliegenden | |
Kooperationsvereinbarung der islamischen Theologie ein Platz, vergleichbar | |
zur evangelischen eingeräumt wird. Die gewählten Regelungen würden | |
überhaupt erst die Basis schaffen, dass ein Institut entsteht, dessen | |
Berufungen dann im üblichen Verfahren erfolgen kann. Dass | |
Religionsgemeinschaften dabei Einfluss auf die Einstellungen nehmen, sei in | |
Deutschland traditionell so gewachsen. | |
Unabhängig von Kritik an dieser Tradition gebe es keinen Grund, die | |
islamische Theologie schlechter zu stellen als ihre christlichen | |
Äquivalente. Dass die Verhandlungen vom Präsidium geführt werden, liegt | |
laut Heger in der Natur der Sache. „Praktisch gesehen, könnten wir als | |
Akademischer Senat die Verhandlungen nicht führen. Am Ende wird ja trotzdem | |
über das ganze Paket abgestimmt.“ | |
Die CDU im Abgeordnetenhaus sieht es trotzdem als „gefährlichen | |
Geburtsfehler“, dass liberale Muslime aus der Mitarbeit im Beirat des | |
Instituts langfristig ausgeschlossen würden. Weiter erklärt die | |
CDU-Fraktion: „Wie der Beirat aufgelegt wird, ist eine politische | |
Entscheidung des Regierenden Bürgermeisters. Statt Rückgrat zu zeigen, will | |
er übers Knie brechen.“. | |
„Das Modell ist wahrlich nicht perfekt“, erklärt dazu Anja Schillhaneck, | |
wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, „ganz | |
sicher aber ist es nicht übers Knie gebrochen, sondern Ergebnis eines sehr | |
langen Diskussionsprozesses. Es ist faszinierend, dass die CDU jetzt so | |
tut, als sei sie an dieser Debatte nie beteiligt gewesen.“ | |
Die Beteiligung der Ditib, die Schillhaneck als durchaus kritisch | |
einschätzt, müsse im Kontext des gesamten Prozesses gesehen werden. Die | |
Verfasstheit der islamischen Gemeinschaften sei eben komplexer als die der | |
zwei großen christlichen Kirchen. Zweck der geplanten Evaluation nach drei | |
Jahren solle auch die Diskussion über die Einbeziehung weiterer | |
Organisationen sein. | |
20 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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